Chaos dein Name ist Krankenhaus: Station zieht um und unerhoffte Party

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So, nach einigen durch Corona sehr chaotischen Wochen in der Klinik sowie persönlichem, sozialem Nachholbedarf (Party, Party) gibt es endlich wieder einen neuen Teil meines PJ-Tagebuchs!

Mit Arztzimmer und Patient: Die Kardio quartiert sich bei den Neurologen ein!

Nachdem ich selbst aufgrund einer Infektion eine Woche lang in Quarantäne war, bei der mir beinahe die Decke auf den Kopf fiel (kleines Einzimmerappartment ohne Balkon oder Garten!), fand ich mich in der Klinik erstmal nicht mehr zurecht, denn meine Station war geschlossen worden! Am gleichen Tag wie ich war nämlich die letzte examinierte Krankenschwester der Kardio/Pulmo positiv getestet worden. Folglich wurden die pulmologischen Patienten auf der onkologischen Station und die kardiologischen Patienten teils auf der neurologischen, teils auf der gynäkologischen und teils auf der angiologischen Station einquartiert. Ihr seht also, es war Chaos pur. Die Kardio hatte also Patienten auf drei verschiedenen Stationen und zum Überfluss waren jetzt auch noch ALLE Oberärzte in Quarantäne.

Von der Famulantin, die nun auch in Quarantäne war, erfuhr ich, dass wir uns wohl alle bei einer Patientin angesteckt hatten, die erst recht spät positiv getestet wurde und einen Ct-Wert von 4 hatte, da sie nicht geimpft war. Der Ct-Wert beschreibt, nach wie vielen Zyklen in der PCR (Polymerase-Kettenreaktion, bei der die Erbsubstanz des Virus vervielfältigt wird) das Virus nachgewiesen wird. Ein Wert von 4 ist unglaublich hoch, ich zum Vergleich hatte bei meinem PCR-Test einen Wert von 18.5. Auch wenn eine Impfung also nicht komplett vor einer Ansteckung schützt, reduziert sie doch meist die Viruslast und damit das Risiko, andere anzustecken.

Nun war die Kardiologie also zu Gast auf anderen Stationen, wobei die meisten unserer Patienten auf der Neurologie lagen. Dort war ein Patientenzimmer zum behelfsmäßigen Arzt- und Schwesternzimmer umgebaut worden (soll heißen: Patientenbetten raus, zwei Tische mit Computern und ein Kühlschrank rein). Dort drängten sich also ungefähr drei Ärzte und zwei kardiologische Schwestern, die die Quarantäne zuvor verlassen hatten, um die Computer und Stühle. Wir müssten sogar Stühle aus anderen Patientenzimmern „ausleihen" bzw. den neurologischen Schwestern die Sitzwaage mopsen, damit jeder einen Stuhl hatte.

Wenig überraschend geriet die eigentliche Stationsroutine durcheinander. So nahm ich um 7 Uhr eigentlich auf der Station Blut ab, wobei die entsprechenden Röhrchen und Aufkleber mit den Patientennamen schon bereit lagen. Auf der Neuro hatte aber keiner die Übersicht darüber, bei welchem Patienten welcher Laborwert abgenommen werden sollte und dementsprechend waren die Blutabnahmen morgens nicht vorbereitet. Während der Visite entschied dann der Facharzt, was an Laborwerten gebraucht wird, was dazu führte, dass man viel zu spät über den Tag verteilt nach der Visite noch Blut abnahm. So wurde jede Menge Zeit verplempert, die bei besserer Organisation für die Patienten hätte verwendet werden können. Immerhin gab es im Gegensatz zur normalen Station einen Übersichtsplan, auf dem neben den Patientennamen die Hauptdiagnosen und die Befunde bzw. die noch durchzuführenden Untersuchungen standen. Der diente dazu, dass sich die nach einer Woche Quarantäne nun wieder frei herumlaufenden Oberärzte, die nun zu ihrem Leidwesen (man wird schließlich nicht Oberarzt, um die langweilige Stationsarbeit zu machen;-) )häufiger bei der Stationsarbeit helfen mussten, leichter einarbeiten konnten. Allerdings wurde die Arbeit dadurch erschwert, dass die Schwestern der Neuro sehr unkooperativ waren und man auch bei einfachen Anliegen mit den Worten „Das ist nicht meine Aufgabe, such eine kardiologische Schwester" angeschnauzt wurde, auch wenn eine solche weit und breit nicht zu sehen war... Es hat sich also definitiv nicht jede/r auf der Neurologie gefreut, seine Station jetzt mit den Kardiologen teilen zu müssen. Territorialkampf um die Kaffeemaschine und so weiter, ihr könnt es euch vorstellen :D

"Hands on" in der Funktion: Mit Schirm, Charme und Schallkopf

Immerhin hatte ich durch den Patientenaufnahmestopp (auf der Neuro war schließlich nicht unendlich viel Platz) mehr Freiraum und nutzte die Gelegenheit, um in die Funktionsabteilung hineinzuschnuppern. In der Funktionsabteilung finden Untersuchungen wie Sonographie Abdomen (Ultraschall des Bauches), Echokardiographie (Herzultraschall) und Gastroskopie (Magenspiegelung) statt. Netterweise durfte ich auch selbst ein wenig schallen und sah mir bei den Patienten eifrig Leber, Nieren, Milz und das Pankreas (Bauchspeicheldrüse) sowie natürlich das Herz an.

Im Sono Abdomen schaute ich außerdem bei einer Onkologin zu, die ihre Patienten untersuchte (Merkt euch: Wenn ihr im Sono etwas seht, das nach Lebermetastasen aussieht, sagt das auf keinen Fall laut zum Patienten (Metastasen bedeuten, dass der Krebs gestreut hat)! Sowas gehört in einem ruhigen Gespräch erklärt und nicht holter die Polter zwischendurch). In der Echokardiographie erklärten mit die Kardiologen sehr viel und ich sah unter anderem ein offenes Foramen ovale (Verbindung zwischen rechtem und linkem Vorhof, das sich nach der Embryonalzeit eigentlich schließt, wenn es offen bleibt, kann ein Thrombus aus den Beinvenen ins Gehirn verschleppt werden und dort einen Schlaganfall auslösen). Auch erlebte ich, dass es nicht einfach ist, das Herz selbst so zu schallen, dass man die Vorhöfe und Kammern ordentlich sieht-Übung macht die Meisterin! Manchmal muss neben dem normalen Herzultraschall (dem TTE) auch ein transösophagealer Herzultraschall (kurz TEE) gemacht werden. Hierbei wird der Patient sediert und die Sonde wird durch die Speiseröhre bis an den Mageneingang vorgeschoben, der in der Nähe des Herzens liegt. So kann man durch die Speiseöhre schallen und sich das Herz genauer ansehen als im TTE, zum Beispiel sieht man die Herzklappen und die Herzohren, aus denen gerne Thromben kommen, besser.

Auch die Gastroskopien (Magenspiegelungen) und Koloskopien (Darmspiegelungen) waren interessant, auch wenn ich mich hier nicht selbst betätigen, sondern nur zuschauen konnte. Hierbei wird ebenfalls eine Sonde durch die Speiseröhre in den Magen bzw. den Darm eingeführt. Sie werden oft bei Verdacht auf Blutungen durchgeführt und wenn man die Blutung entdeckt, kann man sie mit Hilfe von Clips „zutackern". Auch Polypen kann man während solcher Spiegelungen entfernen. Außerdem werden in der Funktionsabteilung EEGs (Hirnstromableitungen), Beinvenen Duplex-Sonos und Lungenfunktionstests durchgeführt, die ich in den kommenden Wochen hoffentlich noch sehen wurde.

In der Kardiologie selbst war es wie schon erwähnt während unserer Gastphase auf den anderen Stationen aufgrund der geringeren Patientenzahl eher ruhiger. Mein Highlight war hier bei einem Bedside-Test zuzuschauen, der vor einer Bluttransfusion durchgeführt wird. Hierbei wird das Patientenblut in zwei Felder für „Anti-A-Antikörper" und „Anti-B-Antikörper" . Das Blut in Feld A verklebt bei Blutgruppe A und AB, da beide Antigene für A besitzen und in Feld B bei Blutgruppe B und AB. Bei Blutgruppe 0 verklumpt keins der Felder, da diese Blutgruppe keine Antigene besitzt. Die Patienten-Blutgruppe muss vor dem Anhängen der Blutkonserve unbedingt überprüft werden, um eine Transfusionsreaktion zu vermeiden. Ansonsten fand ich es nett, eine auf der Gynäkologie einquartierte Patientin zu visitieren (alles auf der Gyn ist so bunt und es hängen überall Babybilder :D).

Hallo Sozialleben:  Erste Studentenparty seit zwei Jahren! (getestet und geimpft)

Während in der Klinik aufgrund von durch Corona geschlossene Stationen also nicht so viel Spannendes passierte, verbesserte mein Sozialleben sich endlich enorm. So war ich mit ein paar der anderen Studenten zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder auf einer Party (Semesteranfangsparty) der Mediziner in der nächstgrößeren Stadt. Vor einem Jahr noch undenkbar, quetschten sich ungefähr 150 StudentenInnen auf einmal in den kleinen Studentenclub, natürlich alle ohne Maske (allerdings mit negativem Schnelltest und Impfnachweis). Und die Party ging richtig ab! Vor meinen Füßen wurden zwei Flaschen Bier zu Boden fallen gelassen, wobei ich glücklicherweise keine Glassplitter ab bekam, die Famulantin, in deren Wohnheimzimmer wir übernachteten, küsste den mexikanischen Hospitanten, und überall sah man springende und singende Studenten. Von der Pandemie bekam man auf der Party wirklich gar nichts mit. Ich fand es toll, nach zwei Jahren Lockdown und Vorsicht loslassen und mich mit Freunden amüsieren zu können. Da ich die Woche zuvor Corona hatte, war ich um Einiges entspannter, als ich es ohne die Infektion gewesen wäre. Im Nachhinein haben sich auf der Party wohl jede Menge Leute angesteckt, aber der Zurückgewinn an normalem Leben war dieses Risiko wert.

Zudem war ich in den letzten Wochen zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder im Kino, hatte Freundinnen zu Besuch und feierte mit den anderen Studenten einen Geburtstag. Es tut so gut, den Stress des Klinikalltags abschütteln und endlich wieder etwas unternehmen zu können. Auch auf meine Rotationen in die Notaufnahme und auf die Intensivstation, von denen ihr in den beiden nächsten Wochen lesen könnt, habe ich mich gefreut (wir haben uns die Rotationen von der strengen PJ-Koordinatorin hart erkämpft!).

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