Alles ok im OP? und Social Distancing im Wohnheim

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So, in diesem Kapitel nehme ich euch endlich mit zu den grünen Männchen im OP. 

Grüne Männchen? Arbeiten im OP Aliens?

So ungefähr. Schon allein, um in den OP reinzukommen, muss man im Raumschiff Krankenhaus erstmal die richtige Umlaufbahn finden. Das heißt, man braucht einen Code, damit sich- "Simsalabim"- die automatische Tür öffnet, eine gute Spürnase, damit man um die richtigen drei Ecken hinter der Tür biegt und einen Schlüssel, damit man in die Umkleide kommt. In der Umkleide heißt es dann "weg mit der Stationskleidung" (in meinem Fall im hübschen ozeanblau) und "rein in die froschgrüne OP-Kleidung". Ein knalliges giftgrün, wie es die Aliens in den Filmen tragen, hätte mir persönlich besser gefallen, aber im OP schlafen die Patienten sowieso, insofern egal. Dazu kommen noch eine OP-Haube (es dürfen bloß keine Haare mehr rausschauen), ein Mundschutz (den hat man schon vor Corona gebraucht, damit keine Keime im OP-Gebiet landen) und Crocs. Da ich keine eigenen Crocs (OP-Schuhe) besitze, leihe ich mir immer welche von irgendwem, der zwei Paar besitzt (natürlich ohne zu fragen, ich hab's schließlich eilig :D). Noch schnell sämtliche Wertsachen in die Taschen des Kasacks (Oberteil) gestopft, da in der OP-Umkleide manchmal Langfinger zu Besuch kommen und ab die Post. 

Wie sieht so ein OP-Saal aus? Und wer arbeitet da?

Ziemlich vollgestopft. Neben dem Operationstisch, auf dem der Patient liegt, steht da noch die Ausrüstung der Anästhesisten (jede Menge piepende und blinkende Geräte, die Sauerstoffgehalt und EKG anzeigen, ein Wagen mit Narkosemitteln...), ein Tisch auf dem die operationstechnischen Assistenten (kurz OTAs) die Werkzeuge für die OP vorbereiten und in der Unfallchirurgie auch noch ein CT-Gerät... Neben den Chirurgen, dem Anästhesisten, den OTAs und einem OP-Pfleger quetschen sich oft Studenten/Leute, die ein Praktikum für ihre Ausbildung bei der Feuerwehr machen, mit in den Saal, es wird also kuschlig.

Hier kommt auch schon das erste Problem, wenn man "mit an den Tisch darf" (sprich: "mit am Patienten herumschnippeln darf"): Vor der OP wäscht man sich nämlich erst im Vorraum ein, das bedeutet, man desinifiziert drei Minuten lang Unterarme und Hände, ohne irgendwas zu berühren, um keine Keime in den Patientkörper einzubringen. Dabei darf das Desinfektionsmittel auch ruhig durch den Vorraum spritzen, wer zu spät kommt, droht dann auf dem glitschigen Boden auszurutschen... Jaja, Chirurgen können egoistisch sein :D

Hat man sich eingewaschen, hält man die sorgsam desinfizierten Arme vom Körper weg und quetscht sich zurück in den Saal- nun darf man weder andere Leute noch Gegenstände berühren, was aufgrund des Gewimmels im Saal nicht einfach ist. Als Student wartet man brav in der Ecke, bis die OTA einem in den sterilen Kittel und die sterilen Handschuhe hilft und man muss höllisch aufpassen, was man anfassen darf und was nicht (Hinterseite des Kittels ist unsteril, mit den Händen nur den abgedeckten Patienten oder andere sterile Dinge berühren, bloß nirgendwo anstoßen). Inzwischen hat der Chirurg bereits das zu operierende Bein/Arm mit einem orangenen Desinfektionsmittel bepinselt und wartet ungeduldig auf den langsamen Studenten, der wie auf Eierschalen zum Tisch tanzt. 

Schneiden, Absaugen, Hämmern, Nähen

Während der OP staunt man darüber, dass alles so anders aussieht als im Anatomiebuch, weil überall Muskel und Blut im Weg ist. Hier kommt auch schon die erste Studentenaufgabe: Absaugen. Wann immer sich zu viel Blut im OP-Gebiet sammelt, saugt man es ab, sonst sieht der Chirurg nichts und wird mit der Zeit immer grummeliger. Auch ums Haken halten kommt man nicht herum, was gerne zu krampfenden Händen führt, die man aber überspielt, weil der Chirurg gerade größere Probleme als einen jammernden Studenten hat. Der Haken hakt sich tatsächlich am Rand der Wunde ein, damit man das OP-Gebiet auseinanderziehen und der Chirurg gut arbeiten kann.

So hat man als Student eine hervorragende Sicht auf die Handwerkskunst, mit der das künstliche Hüft-/Kniegelenk eingebaut wird. In der Unfallchirurgie sieht das tatsächlich ein wenig aus wie auf dem Bau-der gebrochene Knochen wird aneinandergelegt, dann eine Platte mit Löchern drüber gelegt, die entsprechenden Löcher in den Knochen gebohrt und mit Schrauben festgeschraubt. Manchmal wird auch gehämmert, Blutungen mit einer Art elektrischem Lötstab gestoppt (auch eine klassische Studentenaufgabe) und zum Schluss entweder zugenäht (die Oma wäre bestimmt stolz, wie toll ihr Chirurgen-Enkel endlich nähen gelernt hat, obwohl er während der Handarbeitsstunde in der Schule früher drüber gelästert hat) oder getackert. Wer also Freude am Basteln und Werkeln hat, sollte mal über eine Karriere in der Unfallchirurgie nachdenken ;-) Tackern durfte ich schon, Nähen leider noch nicht, aber vielleicht wird das noch, wenn ich vorher brav an einer Tierhaut übe.    

Medic to beWo Geschichten leben. Entdecke jetzt