Crews in Burgundrot: Emergency Room und Intensivstation reloaded (Teil 1)

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Da es also auf der Kardiologie mit dem zeitweisen Umzug der Station und meiner Quarantäne ein wenig chaotisch war, freute ich mich sehr auf meine Rotationen. Zwei Wochen Notaufnahme und eine Woche Intensiv genehmigt zu bekommen, war leider nicht ganz einfach, da die PJ-Koordinatorin es nicht gerne hat, wenn Studenten die Station verlassen. Ich kann zwar verstehen, dass man aufgrund von sowieso schon bestehendem Personalmangel, der sich duch Corona noch verstärkt, gerne Studenten als zusätzliche Arbeitskräfte einplant, aber wir sind in erster Linie zum Lernen im Krankenhaus und nicht um den ganzen Tag Hilfsarbeiten zu erledigen. Zwar war ich in der Chirurgie schon in der Notaufnahme, aber habe dort chirurgische Patienten statt internistische aufgenommen, wobei sich der Schwerpunkt der körperlichen Untersuchung unterscheidet.

Glücklicherweise sahen der Oberarzt der Kardio und die Chefärztin der Notaufnahme sowie der Oberarzt der Intensivstation das genauso und erlaubten mir die Rotation. Wobei man sagen muss, dass ich zwei Wochen Notaufnahme zu wenig finde, da man dort als Student am meisten praktisch machen darf und auch am meisten lernt, da sich viele Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern vorstellen. Ich hoffe, dass ich zurück auf der Normalstation dann auch nachmittags immer mal wieder in der Notaufnahme vorbeischauen kann, wenn auf der Station wenig zu tun ist. Die Rotation auf die Intensivstation war noch schwerer durchzusetzen, da man laut PJ-Koordinatorin dort als Student "nichts lernt", da Intensivmedizin sehr speziell ist, aber ich persönlich fand eine Woche Rotation wichtig, um einen Einblick zu gewinnen, auch wenn ich nicht erwartet habe, die komplexen Therapien komplett zu verstehen. Lest hier im 1. Teil von meinen Erfahrungen aus der Notaufnahme und im 2. Teil nächste Woche von meiner Rotation auf die Intensivstation.

Zurück in der Notaufnahme: Das coolste Team im Krankenhaus

Der erste Vorteil, in der Notaufnahme zu arbeiten, wird schon beim Umziehen deutlich: Statt des unpraktischen, weißen T-Shirts mit nur einer kleinen Brusttasche trägt man dort burgunderrote Bereichskleidung (Hose mit Gummibund statt rutschendem Reißverschluss und weitem Kasack mit vielen praktischen Taschen für Stethoskop und Handy). Die trägt in der Notaufnahme von der Chefärztin bis zur Schwester und dem Studenten jeder, sodass man sich als Team fühlen kann. Allgemein ist der Zusammenhalt in der Notaufnahme sehr gut, sogar die Chefärztin möchte mit dem Vornamen angesprochen werden! Der Umgang miteinander hier ist wirklich klasse und es ist kein Problem, sich bei Schwierigkeiten an die Ärzte oder Schwestern zu wenden, dumme Kommentare bei erfolglosem Flexülen legen oder Fragen zu Untersuchungsbefunden gab es überhaupt nicht. Jeder hat sich Zeit fürs Erklären genommen und der Hospitant und ich wurden auch benachrichtigt, wenn es etwas Interessantes zu sehen gab (zum Beispiel das Einrenken von Wirbeln ;-) ). 

Ich war positiv überrascht, wie schnell ich selbstständig arbeiten durfte. Zunächst sah ich mir die Patienten mit dem mexikanischen Hospitanten gemeinsam an, wobei ich viel gelernt habe, da er mich auf auffällige Befunde (wie zum Beispiel leise Rasselgeräusche in der Lunge) hingewiesen und mich ab und an abgefragt hat. Wie in der Chirurgie werden die Patienten nach einer Farbkodierung eingeteilt, grün bedeutet "Patient kann länger warten", gelb bedeutet "sollte in den nächsten 20 Minuten gesehen werden" und rot "muss sofort behandelt werden, Schockraum vorbereiten". An der Klinik hier gibt es dafür extra Triage-Schwestern, die die Patienten in die jeweiligen Kategorien einteilen. So soll verhindert werden, dass ein wirklicher Notfall übersehen wird, wenn das Wartezimmer überquellt.

Nach einer Weile war in der Notaufnahme so viel los, dass ich Patienten alleine aufnehmen durfte, denn neben der Chefärztin und einem Oberarzt arbeiteten in der Notaufnahme neben den Schwestern, einer Schwesternschülerin und einem Notfallsanitäter-Praktikanten nur noch der Hospitant und ich. Mit dem Notaufnahme-Protokollprogramm am Computer kam ich schnell kar, denn es ist im Gegensatz zur Software für die Normalstationen übersichtlich. Dort gibt man zuerst die Anamnese ein, wofür bereits Textbausteine vorhanden sind. Zum Beispiel kann man einfach auf "Abdomen o.B. (ohne Befund)" klicken und es wird automatisch ein Normalbefund für die Abdomenuntersuchung eingefügt, zum Beispiel "Bauchdecken weich, keine Abwehrspannung, Darmgeräusche unauffällig". Das spart Zeit, die man an stressigen Tagen in der Notaufnahme dringend braucht. Interessanterweise gab es wirklich Tage, an denen der Rettungsdienst einen Patient nach dem anderen brachte und die Patienten auf dem Gang warteten und solche, an denen an einem Morgen nur drei internistische Patienten auftauchten. Die Chirurgen und Neurologen betreuten ihre eigenen Patienten, wobei es oft vorkam, dass ein neurologisch angemeldeter Patient plötzlich doch internistisch war und umgekehrt. 

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