Spritze, Fertig, Los: Meine erste Woche in der...

220 17 15
                                    

Unfallchirurgie! So, jetzt wisst ihr endlich, auf welcher Station ich in mein PJ gestartet bin.

Warum Unfallchirurgie? Bohre und hämmere ich so gerne oder bin ich ein Adrenalinjunkie, der sich mit Feuereifer auf kompliziert gebrochene Knochen stürzt?

Die Antwort ist recht unspektakulär: Ich hatte keine Wahl :D Jeder Medizinstudent im Praktischen Jahr muss sich durch 4 Monate Chirurgie durchboxen (da hilft kein Heulen und Schreien). Ehrlich gesagt wollte ich mit Chirurgie anfangen, damit ich es so schnell wie möglich hinter mir habe. An der Uni mochte ich das Fach nicht wirklich, weil man sich nicht nur hundert verschiedene Knochen, Muskeln, Arterien, Venen und Nerven merken muss, sondern auch studenlang im OP Haken hält und dort den Launen der Ärzte ausgeliefert ist. Außerdem ist Chirurgie das körperlich wohl anstrengendste PJ-Fach und eignet sich nicht so gut für den dritten PJ-Abschnitt, weil man da schon fürs mündliche Examen lernen muss. Viele Studenten machen Chirurgie trotzdem zum Schluss, weil sie am Ende des PJ Urlaub nehmen und dann nur noch 3 statt 4 Monate lang dort geknechtet werden ;-) Ich bin allerdings froh, im Winter in der Chirurgie zu sein, denn im Sommer brauche ich meine Energie für einen netten Abend am Baggersee.

Chirurgen? Sind das nicht die schlimmsten Machos? Wurde ich schon angeschrien oder mit einem Skalpell beworfen?

Das hatte ich vor  PJ-Start tatsächlich befürchtet... Nicht immer schöne Erinnerungen an mein Chirurgie-Blockpraktikum an der Uniklinik kamen hoch, wie zum Beispiel vom Oberarzt während der OP ausgefragt zu werden ohne weglaufen zu können und dumme Kommentare zu ernten, wenn man nicht alles weiß. Auch frauenfeindliche Bemerkungen (die der Chirurg natürlich nur für einen harmlosen Scherz hielt) oder einfach schlechte Laune, die man als Chef mit den goldenen Händen an seinen Untertanen auslässt, kamen vor. Und vor allem Unfallchirurgen haben den Ruf, in der Machoskala (Stichwort: reiner Männerverein) ganz weit oben zu stehen.

Ein wenig schlotterten mir also die Knie, als ich von einer netten Schwester bei einem der Assistenzärzte abgeliefert wurde. Und Überraschung: Er war total nett! So gar nicht hochnäsig oder unfreundlich, sondern ein gechillter Typ, der auch nicht meckerte, als ich erst zwanzig Minuten später wieder kam, weil ich die Umkleide nicht gleich fand. Auch die anderen Assistenten, darunter gleich zwei Frauen (was der Stimmung im Team unglaublich gut tut), waren keine menschenfeindlichen, Befehle brüllenden Alphamännchen. Fazit: Glück gehabt! Nicht an der Uniklinik zu bleiben, sondern an ein kleines, ländlicheres Krankenhaus zu gehen hat sich für mich voll gelohnt. Hier arbeiten nicht die Karrieremenschen, sondern Teamplayer.

Was mache ich so in der Unfallchirurgie? Durfte ich schon einen Patienten aufschneiden?

Glücklicherweise nicht, ich wüsste ehrlich gesagt nicht so genau, wo genau ich da schneiden sollte :D Bisher habe ich vor allem zugeschaut, mir während der Visite fleißig Notizen gemacht (wer muss wann zum Röntgen, wer braucht mehr Schmerzmedikamente), ab und an Verbände mitgewechselt und beim Ultraschall zugeschaut, wenn sich nach der OP zu viel Flüssigkeit/Blut angesammelt hat. Auch im OP war ich schon, natürlich zum Hakenhalten (in jedem Klischee steckt schließlich ein Körnchen Wahrheit- Haken halten und Klappe halten als Student), aber auch zum Blut absaugen, damit der Operateur genügend sieht (das macht so ein schmatzendes Geräusch) und Klammern (mit einem Tacker verschließt man oberflächlich die Schnittstelle, das ist echt cool ;-) ). Mehr zu meinen ersten Schritten im OP erfahrt ihr nächste Woche, ich will ja nicht gleich alles auf einmal verraten :D

Was ist denn jetzt mit Corona? Wurden die OPs deswegen nicht abgesagt?

Hier hatte ich wahnsinniges Glück, denn in meiner kleinen Klinik im hohen Norden bekommt man von Corona ehrlich gesagt nicht so viel mit. Die Inzidenz ist niedrig, weswegen das OP-Programm komplett normal läuft (es werden auch noch künstliche Hüft- und Kniegelenke eingebaut). Auch die Corona-Station ist leer und auf der Intensivstation sind ebenfalls kaum Corona-Patienten. Schon krass, wie sehr sich die Lage innerhalb eines Landes unterscheiden kann. Von Zuständen wie im Süden und Osten ist man hier glücklicherweise noch weit entfernt, auch dank der hohen Impfquote. Tatsächlich hatte man hier als Student Probleme, sich einen Termin für die Booster-Impfung zu angeln, weil a) Studenten im Krankenhaus gerne mal vergessen werden, wenn's um den Besuch des mobilen Impfteams geht und b) so gut wie jeder MitarbeiterIn die Impfung wollte, bevor Omikron (klingt wie ein Planet aus Star Wars, oder?) hereinschneit. FFP2-Masken sind natürlich trotzdem Pflicht (auch wenn beim Kaffetrinken in der Stationsküche die Masken gerne mal in der Ecke landen) und desinfiziert wird im Krankenhaus ohnehin alles und jeder, am besten dreifach. 

Habe ich noch ein Sozialleben? Oder social distancen wir uns im Wohnheim immer brav allein in unsere Zimmer?

Auf diese Antwort müsst ihr ebenfalls bis nächste Woche warten, ich hab heute Nachmittag noch was vor (als Eremit alleine Chips futtern und Netflix schauen? Oder doch mit anderen die Stadt unsicher machen? Ihr werdet es erfahren...).

Medic to beWo Geschichten leben. Entdecke jetzt