Operation Troy - 2

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Nachdem ich mich mit meinen Gefühlen arrangiert habe, hasten TROY und ich durch die Straßen Pleromas, mal mit und mal gegen den Strom. Da TROY nur eine Projektion ist, laufen die Passanten einfach durch ihn hindurch. Mit der Zeit wird der Regen stärker. Die Reifen der vorbeifahrenden Autos verursachen ein an- und abschwellendes Rauschen auf dem nassen Asphalt. Neonschriftzüge flimmern, tanzen und zucken. Aus den Hauseingängen dringen Musik und der leicht süßliche Geruch von Schugg, einem billigen Rauschmittel, das von den meisten Behörden widerstrebend geduldet wird. Falls sich die Behörden überhaupt in diese Gegend vorwagen.

Plötzlich bleibt TROY ruckartig stehen. »Riechst du das?«

Ich verlangsame meine Schritte. »Schugg?«

TROY verneint. »Warte, ich erhöhe meine Rezeptorleistung.«

»Nein, nein, Mo-«

Die geballte Geruchsintensität von Schugg, Urin, Regen, Alkohol, Parfüm und Fett trifft mich mit der Wucht eines Aufwärtshakens in die Magengrube.

Ich krümme mich und kneife mir die Nase zu, aber das hat kaum einen Effekt. »TROY ...«

»Oh ...«, stammelt TROY mit einem verwirrten Gesichtsausdruck. »Ich mache das wohl besser wieder rückgängig.«

»Ja«, keuche ich.

Die Passanten werfen mir beunruhigte Blicke zu. Nicht-auffallen geht definitiv anders. Ein fast zwei Meter großer humanoid-wirkender Kleiderschrank, der lautstark mit sich selbst redet, zieht zwangsläufig alle Aufmerksamkeit auf sich.

›Was war denn los?‹, denke ich, sobald TROY den Systemstandard wiederhergestellt hat. Das Programm zur Interpretation von Gehirnmustern zwecks Spracherkennung ist noch im Beta-Stadium, aber vielleicht klappt es ja diesmal besser als bei unserem letzten Versuch.

»Da vorne.« TROY zeigt mit ausgestrecktem Arm zur anderen Straßenseite hinüber. »Da ist ein Quallie-Stand.«

Quallies sind in Teig eingebackene oder frittierte Quallen, die es in Form von Kugeln oder Röllchen überall in der Galaxie zu kaufen gibt. Ich hasse Quallies, aber Troy ist ganz verrückt danach. Vermutlich stammt dieser Teil seiner Persönlichkeit von Ingrid, die es nicht lassen kann, unserem Supersoldaten mehr oder weniger liebenswerte Macken zu verpassen.

Kaum habe ich den Quallie-Stand entdeckt, melden sich auch schon Troys Eingeweide zu Wort und das Wasser läuft ihm im Mund zusammen. Gleichzeitig wird mir bereits beim Gedanken an glibberige, gebackene Quallen schrecklich übel.

›Troy ...‹, zische ich in Gedanken.

TROY schürzt misstrauisch die Lippen. »Was?«

›Appetit und Hungergefühle abschalten. Sofort.‹

»Wirklich?«

›Sobald wir hier fertig sind und ich wieder in meinem eigenen Körper stecke, kannst du so viele Quallies futtern wie du willst, aber ich würge die Dinger nicht herunter, nur, um eine Zeile in deinem Programmcode zu befriedigen.‹

»Na gut«, seufzt TROY.

›Du bist ein Android. Du musst gar nichts essen‹, denke ich, während ich mich einem Gebäude mit einer verspiegelten Fassade nähere. In etwa drei Metern Höhe ist der Bau von einem stählernen Gerüst umgeben, an dem kleine Projektoren befestigt sind. Im Dunkeln erinnern sie an einäugige Saatkrähen, die sich vor dem Wetter auf einen kahlen Baum geflüchtet haben.

»Dann hättet ihr mir vielleicht kein Genussempfinden einprogrammieren sollen«, schlägt TROY vor.

›Stimmt. Carl war auch dagegen‹, erwidere ich.

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