Ein Sommernachtsalbtraum - 1

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Eine laute Rückkopplung schallt über das Gelände am Fuß des Weberhügels und wird von nicht weniger lauten Protestrufen quittiert.

„Was macht er denn da?", ächzt Dimitri mit Blick zum Mischpult, wo einer unserer ehemaligen Klassenkameraden über die Knöpfe und Hebel gebeugt steht und ratlos den Kopf schüttelt. Anscheinend gibt es Probleme mit der Technik. Das würde auch erklären, weshalb es derzeit nicht weitergeht.

„Typisch Schlucker", ergänzt Dimitri augenrollend. „Der hat noch nie was auf die Kette gekriegt."

„Lass ihn machen", erwidert Lena, während sie ihre dunkelbraunen Stirnfransen zurechtzupft.

Ich krame im Seitenfach meines Rucksacks und ziehe den Festival-Flyer heraus. Es ist bereits später Abend. Die meisten älteren Festivalbesucher sind schon nach Hause gegangen. Nur noch eine komische Indie-Folk-Band, dann wird richtige Musik aufgelegt. Im Schein der Lampions, die sich an langen Schnüren von der Bühne bis zum Rand des Festivalgeländes spannen, versuche ich, das Programm zu entziffern.

„Was suchst du, Mimi?", fragt Dimitri und lehnt sich über eine der Metallabsperrungen. Er hat das gleiche hellblonde Haar wie ich. Tatsächlich sind wir als Kinder oft für Geschwister gehalten worden. Manchmal sogar für zweieiige Zwillinge. Inzwischen denkt das niemand mehr. Dimi sieht aus wie der Protagonist in einem Film mit Matthias Schweighöfer, in dem sich ein junger Jura-Student als Gangsta-Rapper ausgeben muss, um irgendwie bei Aggro Berlin unter Vertrag genommen zu werden. Das netteste Kompliment, das ich je über mein Aussehen gehört habe, ist, dass ich mal in die Sonne gehen solle, weil ich aussähe wie Dakota Fanning in Twilight.

„Ich will nur wissen, wie die nächste Band heißt."

„Robin and the Good Fellows", antwortet Lena wie aus der Pistole geschossen. Inzwischen hat sie von ihrem Pony abgelassen und zupft an ihrer Nagelhaut herum. Dimi und ich sagen ihr immer, dass sie das lassen solle, aber sie hört nicht auf uns.

„Ah ja, der Stargast aus England", brummt Dimitri, rückt seine Kappe zurecht und lässt seinen Blick über die versammelten Festivalgäste wandern. Vorne, direkt an der hell erleuchteten Bühne, tummeln sich die jüngeren Besucher, die sich von den Technikproblemen nicht unterkriegen lassen und auch ohne Musik tanzen. Weiter hinten, bei den Zelten, warten die älteren Gäste, die ungestört ein Ale trinken wollen. Wir befinden uns irgendwo dazwischen. Als Anwohner des Festivalgeländes macht es für uns keinen Sinn, früh nach Hause zu gehen. Der Lärm würde uns ohnehin bis in die Schafzimmer verfolgen.

„Robin and the Good Fellows", wiederhole ich. Unwillkürlich läuft mir ein Schauer über den Rücken. Ich habe die Band heute Morgen beim Ausladen beobachtet. Komische Gestalten. Hochgewachsen und blass, mit scharf geschnittenen, irgendwie aristokratisch wirkenden Gesichtern. Bis auf einen von ihnen. Den Sänger, glaube ich. Der war kleiner und wirkte weniger abgehoben. Trotzdem kann ich das ungute Gefühl, das mich seit meiner morgendlichen Beobachtung verfolgt, nicht abschütteln. Dabei sind finstere Befürchtungen, Visionen und Prophezeiungen normalerweise Lenas Job. Es gibt keine noch so haarsträubende Verschwörungstheorie, die meine beste Freundin nicht schon mindestens einmal geglaubt hat.

Plötzlich wird Musik eingespielt. Ironischerweise Please don't stop the music von Rihanna. Dimi, Lena und ich werfen uns spöttische Blicke zu.

Kurz darauf stolpert ein Mann auf die Bühne. Mit rudernden Armen fängt er sich ab, doch als er sich wieder aufrichtet, liegt ein breites, koboldhaftes Grinsen auf seinen Lippen. Sieh an, ein Komiker, denke ich mit der gleichen Verachtung, die ich auch für Lehrer übrig habe, die Gruppenarbeiten für das pädagogische Nirwana halten.

Nach einer theatralischen Verbeugung geht der Mann zum Mikro. Er ist klein, nicht kleinwüchsig, aber ausgesprochen kurz geraten. Mit einem rundlichen Gesicht und einem dichten Bart. Auf seinem Kopf sitzt ein zylinderartiger Hut mit einem breiten Band. Irgendwie erinnert er mich an einen Leprechaun. Nur dass er dunkelhaarig ist und einen purpurroten Frack trägt. Vielleicht ist er der seriöse, südenglische Bruder des Leprechauns.

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