Faulig - 3

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Ich erwache mit einem säuerlichen Geschmack im Mund und starken Bauchkrämpfen - genau dort, wo mich der Fangarm getroffen hat. Irgendwie schaffe ich es, mich aufzurichten und ins angrenzende Badezimmer zu stolpern. Dort klappe ich den Klodeckel hoch und würge einen Schwall braunes Brackwasser hervor. Die schleimige Flüssigkeit brennt mir im Hals. Lichtblitze zucken vor meinen Augen.

Das obsidianschwarze Moor.

Emily.

Der grinsende Kuhschädel.

Emily.

Kommen Sie ins Heilbad Audela - Sanfte Sanierung für Körper und Seele.

Emily.

Komm', spiel mit uns.

Emily.

Du bist so lahm.

Emily.

Das Monster unter der Stadt.

Emily!

Mit einem Ächzen sinke ich neben der Kloschüssel auf den cremefarbenen Fliesen zusammen. Mir steht der Schweiß auf der Stirn, gleichzeitig ist mir eiskalt. Mein Kopf pulsiert und meine Knie sind so weich wie Wackelpudding. Durch das kleine Fenster neben der Dusche fällt Tageslicht herein und malt ein matt schimmerndes Rechteck auf den Boden. Irgendwo in der Ferne kann ich einen Kuckuck hören.

Ich ziehe die Knie an und verschränke die Arme vor der Brust. In dieser Fötushaltung verharre ich einige Minuten, bis sich mein Puls und mein Magen wieder beruhigt haben.

Anschließend setze ich mich auf, wische mir mit dem Handrücken über den Mund und versuche, meine Gedanken zu sortieren. Schnell wird mir klar, dass ich mir den Magen verdorben haben muss. Irgendetwas ist mit dem Wasser nicht in Ordnung. Vermutlich ist das auch der Grund für Emilys Magenbeschwerden. Emily. Ich kann noch immer ihre Stimme hören. Als würde sie aus meinem Traum zu mir sprechen. Der Nebel, der meine Gedanken verklärt, lichtet sich nur langsam. Erst nach einigen Sekunden wird mir bewusst, dass es nicht Emilys Stimme ist, die ich höre, sondern das Geschrei von Baby Lucas.

Sofort bin ich auf den Beinen, verlasse das Bad und springe die Treppe ins Wohnzimmer hinunter. Dort erwartet mich ein kurioser Anblick. Überall - auf dem Couchtisch, den Regalen und Kommoden, sogar auf dem Boden - stehen volle und halbvolle Wassergläser, sodass ich auf meinem Weg zur Sofaecke aufpassen muss, wohin ich trete.

Als ich Baby Lucas erreicht habe, nehme ich ihn auf den Arm, rede liebevoll auf ihn ein und wiege ihn sanft, doch er lässt sich nicht so leicht beruhigen. Mein Blick fällt auf Rocco, der vor der Terrassentür liegt, durch die Glasscheibe in den Garten hinausstarrt und leise winselt. Vielleicht hat er dort irgendwo ein Eichhörnchen oder eine Katze entdeckt.

Ich wippe leicht in den Knien, um Baby Lucas zu besänftigen. Dabei drehe ich mich im Kreis und halte Ausschau nach Emily. Von meiner Tochter fehlt jede Spur. Offenbar hat sie die verstrichene Zeit genutzt, um alle verfügbaren Gläser mit Leitungswasser zu füllen, und hat sich anschließend aus dem Staub gemacht. Auf der Couch liegen das Buch vom kleinen Keinhorn und das Tablet meines Mannes, das inzwischen in den Standby-Modus übergegangen ist. Kater Carlo ist mit meiner Tochter verschwunden.

Vorsichtig nähere ich mich dem Couchtisch, verlagere das Gewicht von Baby Lucas und fasse nach einem der Gläser. Ein Schauer überkommt mich, wenn ich daran denke, was diese Flüssigkeit mir und vermutlich auch Emily angetan hat. Ich muss dringend dagegen vorgehen. Die Stadtwerke informieren. Vielleicht sogar die Polizei. Immerhin grenzt der Vorfall an Körperverletzung. Das muss Konsequenzen haben.

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