Zwei Tage nachdem Ray und ich zusammen nachhause gelaufen waren, machte ich mich auf den Weg zu ihm, seinem Heim.
Wir hatten unsere Nummern ausgetauscht, jedoch hatte ich mich aus irgendeinem Grund nicht getraut ihn anzuschreiben. Dabei sah ich ihn als sehr guten Freund an, selbst wenn wir uns gerade mal seit vielleicht ein paar Tagen kannten.
Das Gebäude war ziemlich groß, eine Art Hochhaus mit vielen kleinen Balkons. Wahrscheinlich die einzelnen Wohnungen von denen Ray gesprochen hatte.
Ich klingelte und die Tür wurde von einem Jungen von vielleicht zwölf Jahren aufgerissen. Er musterte mich, bis er in das Innere des Gebäudes rief: "Ray, deine Freundin steht vor der Tür!"
"Eh, ja, hi."
"Hallo", antwortete der Junge knapp.
Keine Minute später stand Ray auch schon vor der Tür. "Hallo, D/N, würdest du kurz noch rein kommen? Es gab oben einen kleinen Notfall."
"Klar, soll ich mit nach oben kommen?"
Doch Ray rannte schon wieder los, den Flur entlang auf die Treppen zu. Ohne weiter drüber nachzudenken folgte ich ihm.
Wir liefen gut drei Stockwerke höher, immer wieder rannte ich beinahe in Kinder rein.
"Problem gelöst!", hörte ich am Ende des Flures eine helle Stimme rufen.
Mehrere Kinder scharrten sich um eine Stelle herum. Sie alle waren ganz verschiedenen Alters, die einen waren vielleicht gerade mal vier, die anderen vierzehn. Dennoch schienen ich und Ray mit Fünfzehn die Ältesten zu sein.
Dann entdeckte ich, um was sich die Kinder eigentlich scharrten. Am Boden lag zerbrochenes Glas, das Fenster war zerschmettert.
"In wie fern empfindest du das als 'Problem gelöst', Gillian?", wollte Ray wissen.
"Der Hausmeister hat gesagt, er kümmert sich darum, ohne den Aufsehern etwas zu erzählen!"
Die Kinder seufzten erleichtert.
"Okay... Gut, D/N, lass uns gehen."
"Ray." Ein kleines Mädchen mit dunklen dichten Haar und großen braunen Augen von vielleicht acht Jahren zupfte an Ray's Shirt.
"Was ist denn, Jemima?"
"Kannst du mir helfen, den Schuh zu zubinden?"
"Natürlich." Ray beugte sich zu ihr hinunter.
Während er sich um seine Schwester kümmerte, betrachtete ich ihn genau. Mir fiel auf, dass er ein sehr hübsches Gesicht hatte. Und wie sanft er lächelte, als Jemima sich strahlend bei ihm bedankte. Er schien doch kein so kalter Typ zu sein.
Im Stadtcafé war es heiß. "Vielleicht fallen die Prüfungen wegen der Hitze ja aus", hoffte ich.
"Die Prüfungen fallen wegen der Hitze aus."
"Hä, was?"
Ray sah von seinem Handy auf. "Wurde gerade bekannt gegeben."
"Wie jetzt? Wirklich?"
"Ja, sag ich doch."
"Als ob! Ray, das ist das Ticket in die Freiheit!"
"Allerdings gibt es dann extra Unterricht am späten Nachmittag."
"Pfft, als ob da irgendjemand aufpasst. Einfach nur unnötig."
Er zuckte mit den Schultern.
"Gehen wir ein Eis essen?"
"Eis?"
"Eh, ja. Ich liebe Eiscreme, du nicht?"
"Ich... hab noch nie welche gegessen."
"Was?!"
Danach zerrte ich ihn zur nächsten Eisdiele und bestellte uns beiden Erdbeereis.
"Ich liebe es", stellte ich mal wieder fest.
"Es... Ja, es schmeckt gut."
Erleichtert atmete ich aus. "Keine Ahnung wo du aufgewachsen bist, dass du noch nie Eis gegessen hast. Die USA liebt doch auch Eiscreme, oder nicht?"
"Ehm, doch, klar, nur unsere Mutter... hat uns sehr strikt erzogen."
"Hm... Wenn ich sie mal kennen lerne, muss ich mal ein ernstes Wort mit ihr reden."
Irgendwie blickte Ray danach wieder so traurig und sagte nichts mehr, was mir wieder das Gefühl gab, irgendwas falsches gesagt zu haben. Vielleicht sollte ich seine Vergangenheit am besten gar nicht mehr ansprechen.
"Schwänzen wir zusammen den Extra Unterricht!", schlug ich vor.
"Wenn du meinst."
Ich hätte jetzt mehr damit gerechnet, dass er sich streuben würde, doch komischerweise willigte er direkt ein.
"Lass uns dann ans Meer gehen."
"Ans Meer? Wieso denn..."
"Na, damit du richtig schwimmen lernst", lachte ich. "Los, komm schon, Momoko ist sicher auch sofort dabei. Und Norman und Emma können wir ja überreden mitzukommen."
Er atmete tief durch und fuhr sich durch die schwarzen Haare. "Ja, meinetwegen. Morgen beginnt das Wochenende, da haben wir - also Emma, Norman und ich - eh keine Zeit. Also am Montag."
"Gut!" Ich liebte das Meer. Diesen Sommer war ich erst ein Mal da gewesen. Von meinem Wohnviertel aus musste man auch nur eine halbe Stunde mit dem Bus fahren, um dort hin zu gelangen.
Irgendwann würde Ray vielleicht auch die Wahrheit über mich erfahren. Die Zeit wurde, zwar sehr langsam aber sicher, knapp.
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𝐍𝐄𝐕𝐄𝐑𝐌𝐈𝐍𝐃 ➱ ʀᴀʏ x ғᴇᴍ. ʀᴇᴀᴅᴇʀ
FanfictionSpoiler!! Die Story spielt, nachdem es die Kinder geschafft haben, der Monsterwelt zu entfliehen und nun damit beginnen, ein normales Leben in der Menschenwelt zu führen. Du sitzt wie an jedem anderem Tag in deinem Klassenraum, als plötzlich drei ne...