Die Sonne ging langsam unter, als ich Ray erwartungsvoll anschaute.
"Das wars."
"Das bedeutet du... bekommst manchmal eine Art Anfall?"
"Ja, so in der Art, ein Schwächeanfall."
"Kommen die häufig vor?"
"Nein, nein, nur vielleicht ein Mal alle zwei Monate."
"Ist das nicht ziemlich oft?"
Ich hatte Ray also von meinem Geheimnis erzählt. Nämlich von meiner Krankheit.
"Ein Mal im Monat muss ich zum Arzt gehen, damit ich durchgecheckt werde, aber das ist nichts bedrohliches."
Auch wenn es mir ein unglaublich schlechtes Gewissen machte, hatte ich ihm schon wieder nicht die ganze Wahrheit gesagt. Zum Beispiel welche Krankheit genau das war...
"Aber warum wolltest du es geheim halten?", fragte er. "Ich meine, sogar vor deiner besten Freundin Momoko."
"Ich trage die Krankheit schon seit sehr früher Kindheit mit mir herum. Davor konnte ich immer ganz normal mit meinen Freunden spielen, doch wenn ich ihnen davon erzählte, behandelten sie mich plötzlich wie eine Porzellanpuppe."
"Verstehe... Du, also ich meine, du musst dir keine Sorgen machen. Ich werde dich jetzt nicht behandeln, als wärst du aus Glas."
Ich lächelte. "Das war das, was ich hören wollte."
✼
"D/N, hast du's schon bemerkt?" Momoko kam durch den Schulflur auf mich zu gerannt.
"Was denn?"
"Ich hab es wegen der Schule komplett vergessen", erzählt sie. "Aber jetzt ist es doch soweit, die Season ist da! Bald ist das Awa Odori-Fest!"
"Stimmt! Ich hab das total vergessen", rief ich. "Wird deine Schwester diesmal wieder tanzen?"
"Ja, sie hat mich daran erinnert, da sie ja wieder dafür übt."
"Wollen wir Ray und so dazu einladen?"
"Und so? Ja klar, du Simp."
Ich boxte Momoko in die Seite. "Ich simpe überhaupt nicht."
Sie kicherte. "Ich weiß, dass du eigentlich nur willst, dass er dich im Kimono sieht."
Awa Odori war ein Fest, das wir jährlich im Sommer feierten. Ein Straßen Fest mit Musik auf dem viel getanzt wurde, auf traditionelle Art. Momokos große Schwester Tai war eine professionelle Tänzerin, und hatte Momoko daher auch schon ein paar Schritte beigebracht.
"Tai will unbedingt, dass ich auch tanze", meinte Momoko. "Aber um ehrlich zu sein, find ich das ziemlich beschissen."
"Ich hab dich ein Mal tanzen gesehen", fiel mir ein. "Und danach... nie wieder."
"Jaja, meine Schwester hat mich damals mit in ihren Kurs geschleift. Aber ich wurde rausgeschmissen, als ich dadrin geraucht hab."
"Ach stimmt... So war das ja..."
"Tanzen?" Ich drehte mich abrupt um, als Emma plötzlich bei uns stand.
"Ah, gut, dass du kommst, Emma. Wir haben gerade über das Awa Odori-Fest geredet."
"Awa Odori?"
"Ja, das ist ein Straßenfest mit vielen Leuten und Tanz. Jeder kann kommen."
"Die meisten Mädchen tragen Kimonos", ergänzte Momoko. "Du würdest in so einem sicher süß aussehen, Emma."
"Meinst du?", grinste Emma. "Wann genau ist denn das Fest?"
"Nur noch zwei Wochen hin."
"Willst du mit deinen Geschwistern kommen?", fragte ich.
"Ja, total gerne! Meint ihr ich kann noch mehr Kinder mitbringen? Ich bin sicher meinem kleinen Bruder Phil würde das sehr gefallen."
"Klar doch, aber vergiss deinen Kimono ja nicht."
✼
Meine Hände waren dunkelrot beschmiert und vor mir sah ich nur Finsternis.
Jeder Atemzug fühlte sich unglaublich schwer an, als würde mir etwas die Kehle zu schnüren.
"Wieso hast du nichts gesagt?", schrie jemand. Es hörte sich an, als wäre er weit, weit weg, als würde er durch einen langen Tunnel rufen.
"Wir hätten dir alle helfen können!"
Ich presste mir die Hände auf die Ohren.
Dann plötzlich sah ich Licht am Ende des Gangs.
Ich begann darauf zu zurennen, doch bald entpuppte sich das Licht, als eine beleuchtete Wand.
"Am Ende wird dir niemand mehr zu hören wollen!", brüllte die fremde Stimme.
An der Wand hang eine Uhr. Ich musste ein paar Mal blinzeln, bis ich sie endlich scharf sah.
Sie lief rückwärts.
Und das rasend schnell. Dann plötzlich hielt sie bei der Zwölf an.
"Jetzt ist deine Zeit abgelaufen!"
Und ich spürte es.
Der Boden unter meinen Füßen wurde weich wie Wackelpudding und die Wand und Uhr verliefen in sich zusammen. Meine Hände fielen mir ab und ich begann zu stürzen, in ein unendliches Loch.
Das letzte, was ich sah, war Ray's Gesicht, das mir zu lächelte.
Schweißgebadet fuhr ich aus dem Schlaf hoch.
Das erste was ich an diesem Tag tat, war meine Tabletten pünktlich zu nehmen.
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𝐍𝐄𝐕𝐄𝐑𝐌𝐈𝐍𝐃 ➱ ʀᴀʏ x ғᴇᴍ. ʀᴇᴀᴅᴇʀ
FanficSpoiler!! Die Story spielt, nachdem es die Kinder geschafft haben, der Monsterwelt zu entfliehen und nun damit beginnen, ein normales Leben in der Menschenwelt zu führen. Du sitzt wie an jedem anderem Tag in deinem Klassenraum, als plötzlich drei ne...