Part TWO

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Ganze zwei Wochen war es jetzt her, dass ich Cobra Kai verlassen hatte. Seitdem hatte Karate für mich keinerlei Bedeutung mehr und ich machte so weiter, wie, bevor Miguel mich ins Dojo geholt hatte – ich kramte mein Surfbrett aus der Garage hervor und verbrachte die Nachmittage am Strand. Sogar meinen alten Aushilfsjob bei „Jimmy´s Strandbar“ ergatterte ich mir zurück.

In der Schule versuchte ich so gut es ging ein Zusammentreffen mit den Cobras zu vermeiden und auch sonst machte ich um große Schülerversammlungen einen weiten Bogen. Gelegentlich hielt ich einen kleinen Plausch mit Demetri, wenn er mich in der Mittagspause mal wieder über die Anomalie des Wassers aufklärte. Hawks stechenden Blick vom Nachbartisch ignorierte ich, auch, wenn ich mich furchtbar darum bemühen musste nicht doch in seine Richtung zu blinzeln.

Auch daheim verlor ich kein einziges Wort mehr über Karate. Wenn Sam und mein Dad beim Abendessen das Gespräch über Miyagi-do suchten, gab ich vor auf den Nachtisch zu verzichten und verdrückte mich in mein Zimmer. Ich hatte meinen Eltern gegenüber nie erwähnt, was vor 14 Tagen wirklich im Dojo vorgefallen war und, als ich ihnen auf ihre Frage hin versicherte, dass es mir trotz alledem, was in der High School passiert war gut ging, hakten sie auch nicht weiter nach. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel.

Natürlich waren Amanda und Daniel Larusso nicht blöd, sie wussten genau, was in mir vorging. Aber erst, als mich Sam eines nachmittags auf der Couch beim Erdnüsseknabbern erwischte und wissen wollte, ob ich denn heute kein Training hätte, brachte ich es das erste Mal laut über die Lippen.

„Nein, heute nicht. Und auch sonst nicht mehr.“ Ich versuchte nicht allzu kläglich rüberzukommen, denn das allerletzte, was ich jetzt brauchte war, bemitleidet zu werden. Und darüber reden wollte ich schon gar nicht.

Also wechselte ich schnell das Thema: „Auch egal, ich muss sowieso gleich los. Jimmy hasst es, wenn man spät dran ist.“

„Oh, du arbeitest wieder an der Strandbar?“ Die ehrliche Freude war meiner Schwester anzusehen, woraufhin ich nickte.

„Ich treffe mich gleich mit Moon und Demetri. Vielleicht kommen wir mal vorbei.“

„Glaub bloß nicht, dass du bei mir, um Rabatte betteln kannst!“, drohte ich im Scherz und Sam´s blaue Augen strahlten vor Lachen. 

Ich war unglaublich erleichtert, dass es meiner Schwester wieder besser ging. Ihre plötzlichen Panikattacken wurden von Tag zu Tag weniger, bis sie schließlich ganz verschwanden und sie letzten Endes auch ihr Lächeln wiederfand. Dennoch gab es immer dieses kleine Überbleibsel, das für den Rest des Lebens an einem festhielt und damit meinte ich nicht die Narben, die sie Tory auf ihrem Oberarm zu verdanken hatte. Doch auch das hielt Sam nicht davon ab das Training im Dojo wieder aufzunehmen – sehr zum Missfallen unserer Mutter.

Mit dieser Einstellung war meine Schwester ein ganzes Stück weiter, als ich. Jedoch sollte sich das schon bald ändern…

Es war ein normaler, langweiliger Tag. Die Sonne hatte den Zenit vor fünf Stunden verlassen und ich saß gerade in der Küche, um meinen Aufsatz für Biologie zu beenden… oder war es Chemie? Ich hatte keine Ahnung, was ich auf diesem Blatt Papier überhaupt von mir gegeben hatte. Die letzten 60 Minuten war ich mehr schlecht als recht gedanklich überhaupt nicht anwesend.

Ich verkniff mir das Korrekturlesen. Ich hatte sicherlich so viele Rechtschreibfehler eingebaut, dass ich die ganzen drei Seiten noch einmal hätte schreiben können. Und von den Logikfehlern wagte ich gar nicht erst zu sprechen… Von außen war ich vielleicht durch mit Cobra Kai, doch innerlich raubte es mir den letzten Nerv.

Ich schreckte auf, als es unvorhergesehen an der Haustür klingelte. Stöhnend pfefferte ich den Kugelschreiber über den Tisch, sodass dieser auf der anderen Seite herunter kullerte und stapfte genervt Richtung Tür.

CAN YOU IMAGINE... (One Shot - Sammlung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt