CAN YOU IMAGINE... (One Shot - Sammlung)

|6| Hawk - Part ONE

Das Läuten der Glocke über der Eingangstür kündigte mein Eintreten an. Meine Teamkameraden hatten sich geordnet im Trainingsraum aufgereiht und waren gerade mit dem Warm Up beschäftigt. Dennoch schenkten mir zahlreiche Augenpaare ihre Aufmerksamkeit, als ich das Cobra Kai Dojo betrat.

Besonders die undefinierbaren Blicke meiner Freunde – Tory und Hawk – brannten sich in mein Gedächtnis und, als sich eine kalte und herrische Stimme zu Wort meldete, hätte ich am liebsten sofort wieder kehrt gemacht.

„Larusso! Wie schön, dass Sie uns nach langer Zeit endlich wieder mit ihrer Anwesenheit ehren.“

An vorderster Front der Cobra Kai Kämpfer erkannte ich die eingefallene Visage von John Kreese. Ich war mehr als überrascht ihn hier zu treffen. Nachdem er das letzte Mal so schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war, hätte ich nicht erwartet ihn je wieder zu sehen. Nichtsdestotrotz schien er sich in Bezug auf sein unnahbares und abwertendes Verhalten nicht geändert zu haben. Der Sarkasmus hinter seinen Worten triefte nur so. Dieser Mann schien mir von Anfang an unsympathisch und er roch förmlich nach Ärger. Hätte ich zu dieser Zeit nur geahnt, wie richtig ich in der Sache lag…

„Fünf Minuten Pause.“, richtete sich Kreese an seine Schüler, bevor er den Weg zum Büroraum einschlug. Natürlich nicht, ohne mir noch einen letzten intensiven Blick seiner eisblauen Augen zu widmen, woraufhin es mir kalt den Rücken hinunterlief. Ich wusste in dem Moment nicht, wer mir mehr Angst einjagte – Kreese oder die weniger erfreulich wirkende Tory, die geradewegs auf mich zu stürmte. 

„Wo warst du denn die verdammten letzten Tage?! Ich habe dir dutzendmal auf die Mailbox gequatscht.“

„Jetzt lass sie doch erstmal ankommen.“, verteidigte mich Hawk, der ebenfalls zu uns stieß.
„Hast du was von Miguel gehört?“, fragte er und die Besorgnis um seinen besten Freund stand dem Jungen mit dem roten Mohawk nur allzu gut im Gesicht geschrieben. Allerdings erkannte ich da auch noch etwas anderes, als sein Blick meinen streifte – aber das war nach all den schrecklichen Ereignissen in der West Valley High vorerst nicht von Belangen.

„Ich war im Krankenhaus.“, berichtete ich. „Es geht ihm nicht sehr gut. Die Ärzte wissen nicht wann er aufwacht… oder, ob er überhaupt…“ Ich konnte meinen Satz nicht zu Ende führen, da bahnten sich auch schon die ersten Tränen an, die ich nur schwer zurückhalten konnte.

Miguel war einer meiner besten Freunde. Er war für mich da – hatte mich ins Dojo geholt. Das alles hatte er nicht verdient!

Hawks tröstende Hand auf meiner Schulter holte mich zurück aus den Erinnerungen und schnell wechselte ich das Thema: „Was hat Kreese hier verloren?“ Ich deutete in Richtung der Tür, durch die der eben Genannte vor wenigen Minuten verschwunden war.

„Seinen Job. Er ist unser Sensei.“, klärte Tory mich auf, doch ich verstand kein Wort.

„Aber… doch nur vorübergehend? Ich meine, was ist mit Sensei Lawrence?“ Missverständlich suchte ich Hawks Blick, in der Hoffnung die Antwort auf meine Frage auf seiner Stirn zu finden. Stattdessen ließ mich seine düstere Miene, die Kreese Konkurrenz machen würde, zusammenzucken. So ernst hatte ich meinen besten Freund bisher nur bei einem Kampf erlebt.

 „Das fragst du nicht ernsthaft, Larusso!“, mischten sich jetzt auch die restlichen Jungs ein, die unserer kurzen Unterhaltung bisher schweigend beigewohnt hatten. „Dieser Versager ist doch für Miguels Lage überhaupt erst verantwortlich!“

Mir stockte der Atem, als ich dies hörte. „Wie könnt ihr sowas sagen?!“

„Miguel hat Keene Gnade gewährt, weil er auf den Sensei gehört hat. Wohin ihn das gebracht hat, wissen wir ja alle.“