Träum weiter!

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Monika wechselte den gesamten Vormittag kaum ein Wort mit mir. Meine Kollegen warfen mir heimliche Blicke zu. Es wurde auf dem Gang getuschelt.
Wann immer ich den Flur entlang schlich, ging ein Raunen durch die Büros. Wie eine Stille Woge der Heimlichkeit, ausgelöst durch ein Beben in der Tiefe. Man bemerkte die Gerüchte nur, wenn sie versehentlich in meiner Nähe anbrandeten.

Ist sie das? Hätte ich der nie zugetraut. Gerade die!

Sie hatte doch letztens was anderes an. Tut sie das vielleicht für Geld?

Kein Wunder, dass sie nicht mehr in die Arbeit kommt. Muss lukrativ sein.

Shhht, nicht dass sie uns hört.

Worum ging es bei dem Gerede überhaupt? Selbst aus dem paar aufgeschnappten Wortfetzen wurde ich nicht wirklich schlau. All dieser Unsinn, nur weil ich mal mit ein paar neuen Klamotten aufgetaucht war? Oder weil ich so lange krank gewesen war?

Schon am Nachmittag war meine Geduld aufgebraucht, meine Nerven durch das allgegenwärtige Tuscheln aufgerieben. Am schlimmsten war, dass ich überhaupt nicht wusste, was ich falsch gemacht hatte. Ich raufte mir die Haare und powerte den Rest des Tages durch bis zum ersehnten Feierabend.

Gerüchte waren etwas ganz Alltägliches im Büro, redete ich mir an diesem Abend ein. Früher oder später würden sie langweilig werden. Meiner Meinung nach, war Bürogeflüster nichts, was einen ewig verfolgte. Immerhin waren wir hier alle erwachsen, oder?

Doch schon bald wurde ich eines besseren belehrt. Die nächsten Tage über veränderte sich kaum etwas an meiner Situation. Monika schwieg weiterhin. Markus mied mich, als hätte ich die Krätze. Selbst mein Chef war wie vom Erdboden verschluckt.

Irrsinniger Weise war es Angelika, mit der ich jetzt am häufigsten redete. Sie hatte anscheinend einen Narren an meinem alten Projekt gefressen und besuchte mich manchmal, um ein wenig mit mir zu ratschen. Das machte die ganze Situation fast noch bizarrer, als sie es ohnehin bereits war.

Die seltsamen Gerüchte über mich wollten einfach nicht verschwinden. Sie verbreiteten sich immer schneller, schienen sogar noch an Material zu gewinnen. Aus den kleinen Funken wurde langsam aber sicher ein großes Lauffeuer.

Mal hieß es, ich hätte sowas wie einen Sugar-Daddy. Mal, dass ich eine Beziehung mit einem reichen Mann hatte und deshalb bald kündigen würde.

Anfangs war ich ein nur genervt gewesen, doch mittlerweile ging das alles viel zu weit.

Was bildeten sich diese Leute überhaupt ein?

Mit vielen der Kollegen, die jetzt mit dem Finger auf mich zeigten, hatte ich bis zum heutigen Tag kaum ein Wort gewechselt. Wie kamen sie überhaupt dazu, solche Behauptungen aufzustellen?

Am Mittwoch schnappte ich ein Gespräch auf, das mir den Rest gab.

Nur ein Sugar-Daddy? Nein, jemand meinte, sie würde es für Geld tun. Angeblich trifft sie mehrere Männer gleichzeitig.

Igitt. Hätte ich von der nie erwartet.

Stille Wasser und so..

Was zum Teufel! Ich pfefferte den Deckel des Kopierers zu, schoss ums Eck in den Raucherbereich.

Ein paar Kollegen aus der IT- Abteilung starrten mich überrascht an.

"Wer hat das behauptet!" Ich kochte vor Wut. Jetzt war es genug! "Ich will wissen, wer hier solche Lügen verbreitet!" Mein Herz raste in meiner Brust, ich hatte den Drang, jemanden ins Gesicht zu schlagen.

Die Männer blickten betreten zu Boden, drückten hastig ihre Zigaretten aus. Eigentlich hatte ich mit Vielem gerechnet, nur nicht damit, dass sie sich einfach dumm stellen würden.

In seinen FängenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt