Kurz vor Feierabend schrieb Grant mir, dass er in der Nähe der Bäckerei auf mich wartete. Insgeheim war ich erleichtert darüber, dass er mich nicht direkt am Firmenparkplatz vor der Haustüre abholte. Ich stach aus und machte mich dann schnell aus dem Staub, aus Angst, meine Kollegin könnte mich wieder dabei beobachten, mit wem ich mitfuhr.
Ich kam mir beinah vor, als würde ich irgend so ein illegales Ding drehen, als ich zu Grant ins Auto stieg, so paranoid war ich bereits. Dabei war es ja nicht verboten, sich mit Vampiren zu treffen.
Verdammt, selbst wenn man sich beißen ließ, war das nicht illegal! Vorausgesetzt der Mensch war damit einverstanden...
Ich seufzte aus ganzer Seele, während die bunt beleuchteten Hausfassaden an uns vorbeizogen.
"Hattest du einen harten Tag?"
"Hmm. War durchwachsen."
"Du siehst ziemlich müde aus. Ist alles okay?"
"Alles gut", antwortete ich abwehrend. Ich wollte jetzt nicht darüber reden.
"Roger meinte, du hättest Probleme beim Schlafen."
Ah, verdammt! Ich hatte ihn extra gebeten, das nicht weiterzuerzählen. Was, wenn Grant zu dem Schluss kam, dass es ein Fehler war, mich nach Hause zu schicken? Ich nagte angespannt auf meiner Unterlippe herum.
"Bea, sei ehrlich zu mir. Wie schlimm ist es wirklich?"
"Es sind nur Träume. Roger übertreibt nur maßlos."
"Ist das so?"
Ich presste die Lippen zusammen, starrte angespannt aus dem Fenster ohne die Umgebung wirklich wahrzunehmen. Die Richtung, die dieses Gespräch nahm, gefiel mir nicht.
"Wusstest du, dass du einen nie ansiehst, wenn du lügst?" Ich zuckte zusammen.
"Wenn du nervös bist, fängst du immer an, deine Finger zu kneten. Mir ist auch aufgefallen, dass du dich vor den Antworten drückst, wenn dir ein Thema unangenehm ist", fuhr er fort. "Entweder indem du tatsächlich versuchst davonzulaufen, oder falls das nicht möglich ist, indem du einfach schweigst."
Scheiße. Nicht gut.
"Es sind wirklich nur Träume."
"Aus denen du jede Nacht schreiend aufwachst", sagte Grant. Ich biss die Zähne zusammen, angenervt davon, dass Roger ihm das alles brühwarm erzählt hatte.
"Wenn du eh schon über alles Bescheid weißt, wieso fragst du mich dann überhaupt?"
Grant bremste abrupt und lenkte den Wagen auf eine andere Spur. Ich fuhr zusammen, als der Fahrer hinter uns herzhaft auf die Hupe drückte. Ich wünschte mir inständig, dass der Vampir nicht mich anblicken, sondern auf die Straße sehen würde!
"Hast du eine Ahnung, wie du aussiehst? Roger sagt, dass du kaum schläfst."
"Grant, bitte."
"Erst dachte ich, es liegt an dem, was dir mit Jarvis passiert ist, aber Roger meinte, dich beschäftigt etwas anderes. Nur willst du nicht mit der Sprache rausrücken, was los ist."
"Es.. Eigentlich ist es nichts wirklich Wichtiges." Ich zögerte. Es war mir unangenehm, anderen Leuten von meinen Problemen zu erzählen. Der Arzt war dabei keine Ausnahme.
"Wenn es so unwichtig ist, wieso hält es dich dann jede Nacht wach? Wie wäre es, wenn du mir davon erzählst? Vielleicht könnte ich dir helfen. Meistens hilft es, darüber zu reden."
Vielleicht lag er damit nicht komplett falsch, aber ich zweifelte daran, dass Grant mein Problem lösen könnte. Er sah allerdings nicht so aus, als würde er klein bei geben und mich damit in Ruhe lassen. Ich biss in den sauren Apfel.

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In seinen Fängen
VampirosDie Vampire leben mitten unter uns. Als mittlerweile anerkannte Unterart des Homo Sapiens nutzen sie den neu gefundenen Deckmantel der Menschlichkeit zu ihren Gunsten. Aber wie viel Mensch steckt tatsächlich im Vampir? Ist ein harmonisches Mitei...