Jarvis beobachtete sichtlich belustigt aus dem Augenwinkel, wie meine Blicke suchend über die Namen der Ortsschilder glitten. Ich bemühte mich gerade wirklich, mir den Weg zu merken, aber bekam langsam den Eindruck, dass wir an jedem verdammten Schild schon mindestens drei mal vorbeigekommen waren.
„Schon mal daran gedacht, dass ich auch im Kreis fahren könnte?"
Ich verzog das Gesicht. „Fährst du im Kreis?", fragte ich unsicher.
Er lächelte. „Wer weiß?"Nach ganzen 45 Minuten Autofahrt durch das verschneite Hinterland, hatte ich mir mit Mühe und Not ein paar der Ortsnamen gemerkt, aber trotzdem das Gefühl, mich nicht mehr auszukennen. Ich fluchte innerlich.
Selbst mit schlechter Orientierung war das eigentlich unmöglich! Das hier war ja schließlich nicht Timbuktu, sondern die Stadt und Umgebung, in der ich die letzten 5 Jahre gewohnt hatte!„Und, weißt du den Weg noch?", fragte Jarvis mich, als wir schließlich vor meiner Wohnung hielten. Ein selbstgefälliges, schiefes Grinsen lag auf seinem Gesicht. Misstrauisch kniff ich meine Augen zusammen. In mir machte sich eine leise Vorahnung breit. „Hast du mich gethrallt?"
Er zeigte mir den Daumen nach oben. „Bingo!"
Ich lehnte gefrustet den Kopf an die Scheibe. Wieso hatte ich das nicht gleich gemerkt? Und wann hatte er überhaupt gemacht?
„Wann hast du...?"
Jarvis zuckte nur mit den Schultern. „Betriebsgeheimnis. Lass uns deine Sachen holen."Ich knirschte mit den Zähnen und stieg aus. Als ich meine Wohnung betrat, hätte ich am liebsten vor Nostalgie geweint. Unter Jarvis wachsamen Augen packte ich meine Klamotten zusammen.
„Ist das alles an Kleidung?", fragte er. Sein zweifelnder Blick scannte erst meinen nun leeren Kleiderschrank und anschließend die zwei gepackten Sporttaschen.
„Das müsste alles sein. Nur ein paar meiner Schuhe fehlen noch." Sein kritischer Blick verunsicherte mich etwas. „Stimmt was nicht?"„Ich hab dir doch gestern versprochen, dass wir etwas Schönes zusammen machen, oder?"
Ich nickte misstrauisch. Was auch immer er als schön bezeichnete, könnte sich auch als mein ganz persönlicher Albtraum entpuppen. Unsicher fummelte ich am Reisverschluss meiner Sporttasche herum.
„Was hältst du von einem kleinen Shopping-Tripp?"
Ich blinzelte verwirrt. „Wir gehen shoppen?"
„Definitiv! Nicht mal die Hälfte davon sind überhaupt Winterklamotten." Er deutete auf meine beiden Taschen. „Wir kaufen das Notwendigste für die nächsten zwei Wochen und bestellen alles andere online von zu Hause aus. Außer du stehst auf meine alten Pullis?"
Ich schüttelte den Kopf. Nein, danke!„Wieso hast du so wenig Zeug?", fragte er mich, während wir meine Kleidung in den Kofferraum warfen.
„Ich hab im Studium eigentlich nie was neues gekauft, weil ich sparen wollte. Jetzt mit dem neuen Job, wollte ich auf das Weihnachtsgeld warten...", brummte ich vor mich hin.
Jarvis legte mir die Hand auf den Kopf und strich mir durchs Haar. Ich kam mir vor, wie ein Hund.„Freu dich! Dein neuer, reicher Vampir nimmt dich heute mit auf einen wundervollen Tag im Einkaufszentrum."
„Weil du entschieden hast, dass du mir genug vertraust?"
„Auch ein Grund. Aber dieser hier ist auch einer:" Er machte das Dollar-Zeichen mit seiner Hand. „Weil ich es kann."
Ich spürte, wie mein linkes Auge leicht zu Zucken begann. Wollte er mich verarschen?
Jarvis wirkte zwar nicht arm, aber er trug weder Designeruhren, noch teure Outfits. Andererseits, hatte er nicht einmal erwähnt, dass er mehrere Häuser hatte?Wenig später wusste ich, dass er es vollkommen ernst meinte. Nachdem wir erst den Schlüsselservice im Einkaufszentrum besucht hatten, hatte er mich gefühlt durch zwanzig verschiedene Kleidergeschäfte geschleift. Bisher hatte ich keine Ahnung gehabt, dass dieses Einkaufszentrum überhaupt so viel Ladenfläche hatte.
Die letzten zwei Stunden hatten mich beinah genauso ausgelaugt, wie es normalerweise nur ein ganzer Arbeitstag schaffte. Meine Füße taten mir weh und mein Magen knurrte. Aber das war nicht das Schlimmste! Die Bisswunde war noch immer leicht sichtbar und die Angestellten im Kleidungsgeschäft starrten uns zunehmend an, als hätten wir jeder drei Augen und fünf Ohren.
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In seinen Fängen
VampirosDie Vampire leben mitten unter uns. Als mittlerweile anerkannte Unterart des Homo Sapiens nutzen sie den neu gefundenen Deckmantel der Menschlichkeit zu ihren Gunsten. Aber wie viel Mensch steckt tatsächlich im Vampir? Ist ein harmonisches Mitei...