Tun, was er wollte?
Ich sah das Glimmen in seinen Augen. Das sadistische Grinsen, die erwartungsvolle Anspannung. Nein.. Mein Atem stockte. Meine Handflächen schmerzten, waren blutig, so fest krallte ich meine Nägel in sie.
Adrien würde Roger fertig machen. Ihm weh tun. Ihm etwas wegnehmen, das ihm etwas bedeutete.
Wegen mir. Nur wegen mir.
Nein..
Nicht schon wieder! Nicht dieses Mal.. nicht Roger! Nicht, wenn ich es irgendwie verhindern konnte.
"Nein!"
Meine Worte brachen das Eis. Wie ein Echo in der Stille.
Adrien verzog abschätzig den Mund. "Nein?" Er lachte. "Kleine, das ist nicht deine Entscheidung."
Ein fast manisches Lachen bahnte sich einen Weg an die Oberfläche. Ich schuldete Roger so viel, ich würde ihn nicht alleine ins Messer laufen lassen. Niemals. Wir würden gemeinsam untergehen.
"Du denkst wirklich, dass euer Streit meine Schuld ist?"
"Offensichtlich!", knurrte Adrien.
Jarvis runzelte die Stirn, als er meinen Blick auffing. Vielleicht sah er etwas darin, dass ihn überraschte. "Bea, was wird das?"
Er bedeutete mir still zu sein, doch die Worte sprudelten mir über die Lippen wie kristallklares Bergwasser nach der Schneeschmelze ins Thal schoss. Unaufhaltsam, erst ein schmales Rinnsal, später reißender Fluss.
Ich war so lange still gewesen. Still in der Familie und still in der Arbeit. Und was hatte mir das gebracht? Wo war ich jetzt? Ich schüttelte den Kopf, gefangen irgendwo zwischen Unglauben und Verzweiflung. In diesem Augenblick fühlte ich mich beinah todesmutig.
"Schon mal drangedacht, dass du vielleicht einfach ein beschissener Vater für ihn bist?"
Jarvis entgleisten förmlich die Gesichtszüge, als er das hörte. Seine Augen weiteten sich. Ruhe vor dem Sturm kehrte ein, wenn auch nur für eine Millisekunde lang. Dann war es, als hätte ich eine Granate gezündet und eine Lawine damit ausgelöst, die jetzt in die Tiefe donnerte.
"Du wagst es!" Adriens Stimme überschlug sich im Raum. "Das geht dich einen Scheißdreck an! Du bist nur Prey."
Ich lachte laut. Oh ja! Nur Prey.
Kein Mensch mehr, kein Wesen mit dem Recht auf Selbstbestimmung. Nur Prey, nicht mehr und nicht weniger. Doch egal wie wütend Adrien auch war, ich war wenigstens nicht sein Prey. Und genau das gab mir das Selbstbewusstsein, weiterzusprechen.
"Genau wie Roger." Ich spuckte ihm meine Abscheu vor die Füße. "Tu nicht so, als würde er dir auch nur irgendwas anderes bedeuten! Ich weiß, dass es nicht so ist."
"Du weißt gar nichts", knurrte er.
Jarvis Augen flogen zwischen uns hin und her. Ich spürte, dass er mich unter dem Tisch anrempelte. Sein Blick sprach Bände: Sei still!
"Ach nein?! Ich weiß zumindest, was er mir erzählt hat, Adrien. Im Gegensatz zu dir, hör ich ihm nämlich zu. Für dich ist Roger nur ein Mittel zum Zweck, nichts weiter!"
In diesem Moment war mir klar, dass ich mich bereits viel zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte, um jetzt noch einen Rückzieher zu machen. Aber ich hatte wirklich genug. Ich deutete mit dem Finger auf Adrien und würgte ihm alles rein, was mir auf der Seele lag.
"Adrien, dir ist das alles scheißegal. Du benutzt ihn nur, du verleihst ihn wie einen Gegenstand!" Ich deutete mit dem Kinn in Richtung Jarvis und zwischen meinen Zähnen wurden die Worte zu giftigen Dolchen. "Roger bedeutet dir gar nichts, er ist nur praktisch in deinen Augen. Und wenn er mal nicht spurt, dann zwingst du ihn mit Gewalt zurück in die Bahn. Ist es nicht so?"
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In seinen Fängen
VampirDie Vampire leben mitten unter uns. Als mittlerweile anerkannte Unterart des Homo Sapiens nutzen sie den neu gefundenen Deckmantel der Menschlichkeit zu ihren Gunsten. Aber wie viel Mensch steckt tatsächlich im Vampir? Ist ein harmonisches Mitei...