Kapitel 19

1.2K 143 43
                                    

George's PoV

Clay und ich saßen im Auto vor dem Haus, in dem ich bisher mein ganzes Leben lang mit meiner Mutter gelebt hatte.

Ich hatte meine Mutter nicht mehr gesehen, seit ich ausgezogen war. Das Ganze war inzwischen schon zwei Wochen her.

Ich wollte meine Sachen schon viel eher abholen, doch ich hatte bisher nicht die Kraft ihr wieder in die Augen schauen zu können.

Sie hatte mir meine ganze Kindheit sowie meine Jugend ruiniert. Durch sie hatte ich nicht einmal wirklich eine.

Die ganze Zeit über war ich auf mich alleine gestellt, da ich keine Mutter, die sich um mich gekümmert hatte und meinen Vater hatte sie mir vorenthalten. Nur, weil sie ihm eins reinwürgen wollte.

Sie war der Abschaum in Person. Ich wollte sie mit allem möglichen hassen, doch irgendetwas in mir konnte es nicht ganz.

Meine innere Stimme sagte mir ständig, dass es noch immer meine Mutter war. Die Frau, die mich auf die Welt gesetzt hatte.

Doch unter welchen Umständen? Zuzusehen, wie ich alleine aufwachsen musste? Zuzusehen, wie sie mich vor ihren Augen von irgendwelchen fremden Typen schlagen ließ? Anzuhören, was für eine Enttäuschung ich für sie war?

Sie hatte mir das Leben verdammt nochmal zur Hölle gemacht, wieso also konnte ich sie nicht abgrundtief hassen?

,,Soll ich mit rein?'' riss mich Clay aus meinen Gedanken. Ich schaute ihn an.
,,Denkst du, das ist eine gute Idee?'' Ich wüsste nicht, was passieren würde, wenn Toby da wäre.
,,Komm'' sagte er und stieg als erster aus. Ich tat es ihm gleich.

Meinen Hausschlüssel hatte ich noch bei mir, so mussten wir nicht klingeln, weder klopfen.
Als ich die Haustüre aufschloss und wir das Haus betraten, war es ungewöhnlich still.
Anscheinend war aber jemand Zuhause, denn ich hörte Schritte, die in unsere Richtung kamen.

Meine Mutter tauchte plötzlich in meinem Blickfeld auf.
Sie hatte ein blaues Auge, ihre Wangen schienen angeschwollen zu sein und sie sah generell ziemlich misshandelt aus.

Für einen kurzen Moment überkam mich wirklich so etwas wie Sorge, doch dann erinnerte ich mich wieder daran, dass sie sich dieses Leben selbst ausgesucht hatte.
So lief ich an ihr mit Clay vorbei, nach oben und packte meine restlichen Klamotten ein.

Ihr in die Augen zu schauen löste so viele Erinnerungen aus. So viel Leid, den ich ertragen musste.

Während ich meine Klamotten in eine Tasche stopfte, zitterte meine Hand. Es war noch immer kaum zu glauben, dass ich wirklich nicht mehr hier wohnte, dass ich endlich von hier weg war.

Clay legte seine Hand auf meine und drehte mich zu sich.
,,Alles okay?'' fragte er besorgt.

Ich hielt meinen Blick zunächst gesenkt, doch als ich ihn anschaute, überkamen mich plötzlich weitere Gefühle.

Der Gedanke, dass er einst mit meiner Mutter zusammen war überkam mich ebenfalls wieder und noch immer ekelte mich dieser Gedanke an, doch wäre er das nie gewesen, würde ich ihn nicht einmal kennen.

Mit Clay hatte alles angefangen. Er war derjenige, durch den ich überhaupt den Mut hatte von hier zu verschwinden. Durch ihn war ich nicht mehr alleine.

Er gab mir all das, all die Gefühle, die ich nie erleben durfte. Die ich nie wirklich zu spüren bekommen hatte - zum Beispiel Liebe.

Bei ihm fühlte ich mich geborgen und sicher. Dabei hatte ich ihn anfangs gehasst, verabscheut und mir gewünscht ihn nie wieder sehen zu müssen. Und nun konnte ich nicht mehr ohne ihn leben.

,,George...'' flüstere er meinen Namen, da ich schon wieder in Gedanken versunken war.
Ich schaute ihm in die Augen. Im selben Moment überkam mich eine unbeschreibliche Gänsehaut.

,,Ich liebe dich'' sagte ich. Seine Augen weiteten sich etwas, es kam wohl überraschend. Doch nun bildete sich ein Lächeln auf seinen Lippen.
,,Ich liebe dich auch'' entgegnete er so sanft und liebevoll, wie ich es zuvor noch nie von ihm gehört hatte, bevor er mich küsste.

Er half mir dabei meine restlichen Sachen einzupacken. Er schnappte sich die Tasche und wir liefen wieder nach unten. Wir wollten direkt zur Haustüre und einfach nur verschwinden, doch plötzlich packte mich meine Mutter am Arm und schaute mich verzweifelt an.

,,Bitte geh nicht...es tut mir leid'' rief sie.
,,Ich tu alles, was du willst, aber bitte verlass mich nicht auch...'' flehte sie.

Auch? Mir fiel wieder ein, dass sie schon einmal verlassen wurde - von meinem Vater, wenn auch mit gutem Grund, genauso wie ich ihn nun hatte.

,,Du hast mich gehen lassen'' konnte ich gerade noch mit fester Stimme äußern.
,,Du warst diejenige, die dafür gesorgt hat, dass ich hier wegwollte'' fügte ich hinzu.
,,Du warst diejenige, die mir das Leben zur Hölle gemacht und sich einen Dreck um mich geschert hat''

Sie fiel auf ihre Knie und schaute mich mit Tränen in ihren Augen an.
,,Es tut mir leid...ich weiß, dass ich keine gute Mutter bin, aber ich werde alles tun, um das zu ändern...'' Ihre Stimme klang brüchig.

Wenn ich sie noch weitere zwei Minuten vor mir so sehen würde, würde ich einknicken und das wollte ich nicht. Ich wollte nicht wieder schwach werden.

,,Mir tut es auch leid, aber ich will und kann hier nicht mehr leben'' murmelte ich und verließ mit Clay das Haus.

Als wir im Auto saßen, hatte ich das Bild meiner Mutter die ganze Zeit vor Augen. Ich hatte sie noch nie so erlebt. Was war passiert, dass sie mich so plötzlich nicht verlieren wollte? Vorher war es ihr doch auch egal?

,,Es war die richtige Entscheidung'' hörte ich Clay sagen.
,,Ich hoffe es'' murmelte ich und starrte noch immer aus dem Fenster.


Ach Mensch, wieso fühle ich jetzt Mitleid...will das auch nicht!😂

Mothers Ex-BoyfriendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt