3. Kapitel

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Bianca Carter
by MusicalGirl200

Die Vorlesung Fiktion und Realität hatte ich mir irgendwie anderes vorgestellt. Laut der Beschreibung sollte es hier eigentlich um die Zusammenhänge und Unterschiede von dem Schreiben, von zum Beispiel Fantasyromanen und Historienromanen gehen. Aber dank dieses tollen Buches „Das Übernatürliche ist Realität" geht es nur noch darum, weil mein Dozent besessen von dem Buch war.

Seth hatte wirklich Glück, dass er den Kurs nicht gewählt hatte. Aber leider hatte es Vivian und ihre abwertenden Blicke nervten mich. Ich verdrehte die Augen und widmete mich wieder meinem Block, wo ich verträumt an einen meiner Texte arbeitete, wo ich über Ares schrieb. Immerhin lenkte mich das von der schrecklichen Vorlesung ab.

Für die Hausarbeit oder das Projekt, oder eher was auch immer seine Prüfungsform werden würde, könnte ich ja dann im Skript nachlesen.

„Ares, der Junge mit dem Namen eines griechischen Gottes. Er machte seinem Namen wirklich alle Ehre. Er zierte ihn perfekt. Unzählige Male habe ich ihn schon auf dem Fußballfeld beobachtet und seine vielen Muskeln bewundert. Doch ich blieb für ihn immer nur unsichtbar.

Bis jetzt. Plötzlich kam Ares, der beliebteste und schönste Junge auf mich zu. Er zog mich in seine festen Arme, wo ich mich geborgen und sicher fühlte. Genau so hatte ich es mir immer vorgestellt in seinen Armen zu liegen. Endlich sah er ein, das ich die Richtige für ihn war. Endlich nach all der Zeit...

Er legte sachte seine warmen Finger an mein Kinn und hob es an, damit ich ihm in seine Bersteinaugen blicken konnte. Ich war völlig gefangen von diesem Anblick. Endlich wurde mein lang ersehnter Traum war. Langsam näherten sich unsere Gesichter und...

„Ok, ihr seid alle entlassen. Genießt das schöne Wetter heute", verabschiedete sich plötzlich der Dozent und riss mich völlig aus meinem Schreibfluss. Ganz verpeilt packte ich schnell meine Sachen in den Rucksack und war froh, dass die letzte Vorlesung für heute endlich zu Ende war.

Ich zog mir meine dünne Jacke über und schwang mir meinen Rucksack auf den Rücken. Doch dann spürte ich, wie mich mein linkes Auge brannte. Irgendetwas musste mir in die Kontaktlinsen gekommen sein. Also schnappte ich mir mein Handy und schrieb Seth, dass ich noch auf die Toilette musste, um kurz meine Kontaktlinse zu reinigen und dann konnten wir nach Hause fahren.

Ich eilte auf die Toilette und nahm mir vorsichtig meine Kontaktlinse raus. Sofort merkte ich, wie unscharf meine Sicht auf meinem linken Auge wurde. Ich sah ohne Kontaktlinsen oder Brille leider wirklich schlecht. Am liebsten trug ich meine Kontaktlinsen, weil sie einfach praktischer waren, als meine Brille.

Nur zu Hause entspannte ich öfters meine Augen und trug meine schlichte schwarze Brille. Jenn sagte immer zu mir, ich könnte sie doch auch tragen, wenn ich in die Uni ging oder sonst wohin, immerhin war ich auch mit Brille hübsch. Aber ich war wieder einmal zu unsicher dafür, deshalb trug ich weiter Kontaktlinsen.

Ich wollte nicht auch noch wegen meiner Brille gehänselt werden. Manche, wie zum Beispiel Vivian benahmen sich immer noch wie unreife Teenies aus der High School.

Ich wollte mir gerade meine Kontaktlinse wieder einsetzen, als Vivian aus einer Kabine kam und mir ihren Ellbogen mit voller Absicht in den Rücken rammte, wodurch mir meine Kontaktlinse ins Waschbecken fiel. Na toll, jetzt konnte ich sie nicht mehr benutzen.

Wütend funkelte ich Vivian an. Sie lachte leicht und zuckte mit den Schultern. „Ups, hab dich gar nicht gesehen kleine Bianca", sagte sie bloß, richtete ihr braunes Haar und ging. Ich schnaufte frustriert aus und kramte aus meinem Rucksack meine Brille. Echt klasse.

Nachdem ich meine Kontaktlinse aus dem zweiten Auge rausgenommen und verstaut hatte, setzte ich mir meine Brille auf und verließ die Toilette. Wirklich toll. Ich lief den Gang mit gesenkten Kopf entlang und rannte dann auch noch in starke Muskeln hinein.

Als ich aufsah, erstarrte ich förmlich. Vor mir stand Ares. Das jetzt auch noch. Ich wollte mich entschuldigen, weil ich nicht hingesehen hatte, aber aus meinem Mund kam kein einziger Ton. Ich wünschte, ich könnte im Erdboden versinken. War das peinlich.

Eigentlich hätte Ares doch auch mit Leichtigkeit ausweichen können. Wieso hatte er es nicht getan? Fand er es so amüsant zu sehen, wie ich mich in Grund und Boden schämte? Ganz verwundert musterte er auch meine Brille. Ja, ich trug sie eigentlich nie in der Uni. Das wusste ich auch.

"Hast du deine Zunge verschluckt? Man entschuldigt sich wenn man in jemanden rein läuft. Deine Brille scheint wohl nicht ihren Zweck zu erfüllen. Geh noch mal zum Optiker", sagte er zu mir herablassend und schob sich schließlich an mir vorbei.

Ich lief komplett rot an. So hatte ich mir unser erstes Zusammentreffen nicht vorgestellt. Genau aus diesem Grund trug ich nie meine Brille. „Ich wollte mich noch entschuldigen und ich sehe sehr gut. Du hättest ja auch ausweichen können", brachte ich dann doch noch hervor.

Verwundert drehte sich Ares nochmal zu mir um. Oh man, sah er heute wieder gut aus. Eigentlich hatte ich ihn noch nie gesehen, wo er noch nie gut aussah. Mich wundert es irgendwie, dass er überhaupt mit mir sprach, auch wenn es nicht gerade nett war.

Ein kleines schmunzeln bildete sich bei Ares vollen Lippen. Schön, das er das amüsant fand.  Er ging wieder näher auf mich zu und betrachtete mich von oben bis unten. Dann senkte er seinen Kopf bis seine Lippen an meinem Ohr waren. Atmete er dabei meinen Duft ein? Vielleicht war das auch nur Einbildung.

"Das war die schwächste Entschuldigung, die ich jemals gehört habe, Brillenschlange", hauchte er an meinem Ohr und erhob sein Gesicht dann wieder und schob mir mit seinem Finger die Brille zurecht, die etwas an meiner Nase runter gerutscht war. Dabei merkte er deutlich, wie ich instinktiv den Atem anhielt und sein Grinsen wurde noch breiter.

Mein Herz begann schneller zu schlagen, als Ares mir so nahe war und auch noch mein Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde berührte. Allerdings tat es auch entsetzlich weh, dass er mich Brillenschlange nannte und trotzdem konnte ich mich seinem Bann nicht entziehen.

Doch dann entfernte sich Ares einfach wieder von mir, drehte sich um und ging. Einfach so, als wäre nichts gewesen. Was sollte das? Beschämt sah ich mich um, wo uns einige Studenten beobachtet hatten. Mir war das wirklich mehr als unangenehm. Ich wollte jetzt einfach nur noch nach Hause.

The Sisters Chronicles - Bloody beginningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt