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Als ich wieder zu mir kam stellte ich fest, dass ich mich nicht bewegen konnte. Ich war fest an eine Liege gebunden und noch dazu hätte man mir eine Zwangsjacke angelegt. Ich schloss die Augen kurz und atmete tief durch, dann öffnet ich sie wieder und versuchte zu verstehen, was mir gerade wieder einmal passiert war. Man hatte mich in eine Klinik gebracht, man sagte, ich hätte mir den Aufenthalt bei dieser Untergrundorganisation nur ausgedacht, aber das stimmte nicht, oder etwa doch? War ich verrückt geworden? Ich wusste überhaupt nicht mehr was stimmte. Langsam zweifelte ich sogar an meiner Existenz. War ich wirklich echt? Oder... Nein ich dachte ja gerade nach und ich konnte auch meinen eingeschnürten Körper spüren, aber ich fühlte mich wirklich ein wenig verrückt. Ich hatte mich von diesem Therapeuten beeinflussen lassen, ich glaubte ihm, wurde mir schlagartig klar. Ich war irgendwie zwiegespalten, eine Hälfte meines Körpers glaubte diesem Mann, die andere war felsenfest davon überzeugt, dass er log. Das war aber wiederum ein Merkmal dafür, dass ich wohl verrückt war, aber ein Verrückter merkte doch nicht, dass er verrückt war, oder?
Das alles kam mir so irreal vor, als würde ich alles nur träumen, wie ein verworrener Fiebertraum. Und doch war alles so real. Ich wusste mir entging ein großes Detail, aber mir fiel einfach nicht auf, was es war. Langsam bekam ich Kopfschmerzen von dem ganzen unlogischen Zeug.
"Miss Ronald! Würden Sie mir bitte meine Frage beantworten!", blaffte mich irgendwer von der Seite an. Ich konnte ihn nicht sehen, aber die Stimme war auf jeden Fall männlich. Ich wollte ihn ansehen, ihn von oben bis unten neugierig Mustern, doch ich starrte nur ausdruckslos an die weiße Decke. Ich hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass jemand mit mir in diesem Raum war. Ich hatte mich viel zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt. "Miss Ronald!", forderte er mich noch einmal.
Höflich entgegnete ich:"Könnten Sie die Frage bitte wiederholen? Ich bin ganz benommen." Meine Stimme war rau und brüchig. Erst jetzt fielen mir meine Halsschmerzen wieder auf. Das war ja schon eigenartig. Vielleicht spielte mir mein Körper wirklich nur einen Streich.
"Natürlich, ich hatte sie gefragt, ob sie einverstanden mit unseren Behandlungsmethoden sind", sagte er mit ruhiger und gelassener Stimme,"Das ist alles nur formell. Eigentlich dürfte ich Ihnen das gar nicht sagen, aber wenn Sie jetzt nicht zustimmen, werden wir die Einverständniserklärung anders aus Ihnen herausbekommen." Ich wusste nicht was er von mir wollte. Reichte nicht das Einverständnis meines Vaters aus, um mich irgendwie zu behandeln.
Das Wort jagte mir einen Schauer über den Rücken, "behandeln" ich hatte in einigen Büchern von den Behandlungen in Irrenanstalten gelesen und die meisten Patienten, erlitten danach noch einen größeren Schaden. Ich fragte zittrig:"Was für Behandlungen?"
"Ihre Kur, die sie wieder sie selbst werden lässt. Ich verspreche Ihnen, danach geht es Ihnen wieder gut", seine ruhige besänftigende Art jagte mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Er versuchte sich nur mein Vertrauen zu erschleichen. "Und wie ich bereits gesagt hatte, wir werden Ihre Einwilligung so oder so kriegen."
Ich wusste nicht für was ich einwilligen musste, was sie mit mir anstellen wollten. Ich tappte völlig im Dunkeln. Immer noch, hielt ich mich an dem Gedanken des Fiebertraums fest. Mein gebrochnes ich drängte sich nach vorne:"Was muss ich machen."
"Sprechen Sie mir einfach nach. Sie müssen nicht einmal nachdenken",redete er auf mich ein.
Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich genickt. "Okay...", wisperte ich. Mir selbst kam meine Stimme schon gespenstisch vor, wie möchte es dann wohl dem Mann neben mir gehen?
"Nun gut, fangen wir an. 'Ich Harmonia Rose Ronald'" - Ich sprach es monoton nach:"Ich Harmonia Rose Ronald." - "Stimme hiermit"-"Stimme hiermit"-"den Behandlungsmethoden, der psychiatrischen Klinik Mauritius, zu."-den Behandlungsmethoden, der psychiatrischen Klinik Mauritius..." Ich unterbrach mich, denn ein markerschütternder Schrei ließ mich erschaudern.
"Machen Sie weiter! Sagen Sie es!", blaffte mich der Mann nun wieder an. Doch ich war in Gedanken, bei der schreienden Person, denn ich hätte schwören können, dass ich diese Stimme kannte. Nur zu gut kannte und das schnürte mir die Kehle zu. Ich hätte schwören können es wäre Mark gewesen.
"Was war das?", hauchte ich.
"Das war gar nichts, nur ein durchgedrehter Patient, aber Sie sind doch nicht so, sagen Sie jetzt einfach ganz artig das letzte Wort", redete er nun wieder ganz ruhig auf mich ein. Der Schrei hatte mich wieder zurück geholt.
"Und was, wenn ich es nicht tue?", antwortete ich, mein richtiges Ich, nicht das durchgedrehte, gebrochene, verrückte Ich. Aber genau weil ich so etwas denken konnte, machte mich wohl doch zu einer Verrückten.
"Ich habe sie gewarnt. Ich bitte Sie nun noch ein letztes Mal. Sagen Sie den Satz, das letzte Wort reicht auch aus", seine Stimme war schneidend und fordernd, aber ruhig.
Genau wie ich, ich war ganz ruhig. "Nein", flüsterte ich, so dass man es kaum hörte.
"Wie bitte?"
"Nein!", schrie ich ihn an und hustete, meine Kehle begann nun stärker zu brennen.
"Nun gut, wie Sie wollen, ich hatte Sie gewarnt. Warten Sie einen Augenblick." Ich hörte wie er durch den Raum ging, irgendetwas piepte, wahrscheinlich irgendwelche Knöpfe oder so etwas. Meine Liege wurde aufgerichtet, so dass ich nun unangenehm in den Gurten hing, aber ich konnte ihn nun ansehen und ich konnte nicht fassen wen ich da sah.
Nein, ich kannte ihn nicht, das war es nicht, aber es war kein Mensch, auch kein Roberts, kein Geist, aber auch keine Projektion. Es war ein... Engel. Das bestätigte wenigstens meine Fiebertraum Theorie und ich hätte beinahe Freudensprünge gemacht, wenn ich nicht so festgelegten wäre. Aber vielleicht war ich doch einfach verrückt. Ich sah nochmal zu ihm und seine weißen Flügel waren verschwunden, aber er war deswegen nicht weniger schön. Doch nun glich er eher einem Teufel statt einem Engel. Er hatte normal kurze Haare für einen Jungen, graue Augen, war ziemlich groß und hatte markante Gesichtszüge und schöne Lippen, das müsste ich schon zugeben. Er sah so ziemlich perfekt aus, doch das störte mich. Es störte mich, dass ich ihn einfach anstarren musste. Joshua war zwar auch so ziemlich perfekt, aber er hatte wenigstens ein paar Makel z.B. seine etwas schiefe Nase , okay das wars dann auch schon, aber Joshua sah verwegener aus und nicht so... Edel. Dieser Mann hätte ein Prinz sein können. Ich hasste mich dafür, dass ich ihn hübsch fand, er war sicher sehr hochnäsig und vor allem, er wollte mich wohl gerade Foltern.
"Ich gebe Ihnen jetzt noch einmal die Chance es von alleine zu sagen", sagt er leise zu mir. Wieso stellte ich mich nochmal gerade so quer? Ich wusste es nicht mehr, doch ich wollte einfach standhaft bleiben.
"Nein", sagte ich fest entschlossen.
Er verdrehte die Augen. "Das hätte uns eine menge Arbeit erspart, aber wenn Sie nun mal nicht wollen." Er kam langsam auf mich zu. Dann packte er meinen Kiefer und öffnete meinen Mund. Ich versuchte ihn zu beisen, doch es gelang mir nicht. Er spannte eine Kiefersperre in meinen Mund und zwang mich irgendwie auch meine Zähne auseinander zu spannen. Jetzt bekam ich meinen Mund nicht mehr zu. Mit einer komischen Apparatur kam er auf mich zu, es war nur ein kleiner Elektrochip, aber er jagte mir Angst ein. In der anderen Hand hatte er ein Messer und eine kleine Tablette. Die Tablette legte er unter meine Zunge, als sie sich auflöste wurde mein Mund ganz taub und ich konnte ihn endgültig nicht mehr bewegen. Auf einem Tisch hinter ihm lagen weitere Werkzeuge und viele Wattepads. Er nahm das Messer und machte irgendetwas in meinem Mund, ich spürte nichts und konnte deswegen auch nicht sagen, was er da tat, doch ich spürte wie mir Blut den Hals herunter ran und musste Husten, da es auf den Weg in meine Luftröhre war. Er fluchte und dieses Mal spürte ich einen abgeschwächten Schmerz in der Wange. Er musste mich wohl versehentlich irgendwo geschnitten haben. Er nahm ein Wattepad und steckte es in meine Wange. Dann nahm er den Chip und machte auch mit ihm irgendetwas in meinem Mund. Als letztes nahm er eine Hautfarbene Scheibe und legte sie mir in den Mund. Er wartete einen Moment und legte mir eine weitere Tablette in den Mund. Nun konnte ich meinen Mund wieder spüren, auch einen Schmerz in meiner Zunge und in der Wange. Er entfernte die Kiefersperre und sah mich abwartend an und ich tastete erst einmal meine Wange ab, ich spürte einen Schnitt in ihr, aber er schien nicht sonderlich schlimm zu sein. Er hatte nun eine Fernbedienung in der Hand tippte etwas in sie ein.
Ich wollte fragen was er da tat, aber ich konnte nicht, meine Zunge reagierte einfach nicht. Dann sprach ich:"Ich, Harmonia Rose Ronald, stimme den Behandlungsmethoden der psychiatrischen Klinik Matheus zu. Ich stimme einer vollen Überwachung zu und lege mein Wohl in die Hände meiner behandelnden Ärzte. Ich gestatte Ihnen, mich in einem Fall eines Ausfalls meinerseits zu betäuben oder im schlimmsten Fall sogar zu töten, für ein sicheres Marmoria."
Ich schloss den Mund und augenblicklich gehorchte mir mein Mund wieder. Eine stille Träne ran mein Gesicht herunter.
"Da wir diese Formalitäten nun haben, kommen wir zu den Einweisungsmaßnahmen. Ich werde Ihnen diese Spritze verabreichen, dann werden Sie einige Stunden schlafen und in ihrem Zimmer aufwachen. Ich werde Sie dort wieder sehen." Er kam schon mit der Spritze auf mich zu. Sprechen ließ man mich immer noch nicht, sonst hätte ich schon längst etwas erwiedert. Ich spürte ein leichtes Stechen im Nacken, als er die Spritze hinein stach und den Kolben herunter drückte. In meinem Körper breitete sich wollige Wärme aus und ich ließ mich gerne in die Dunkelheit gleiten.

Gezüchtet - Die VeränderungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt