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Wir rannten die Gänge immer weiter entlang, hinter uns waren Schritte zu hören.
"Hier rein." Odette schubste mich in eine Besenkammer und verschloss die Tür hinter uns. Gespannt und ängstlich lauschte ich den immer näher kommenden Schritte und dann verstummten sie. Ich hielt die Luft an und kniff die Augen zusammen, die waren definitiv vor der Tür. Ich hörte einen Schlüssel, er wurde in ein Schloss gesteckt und herum gedreht. War es unser Schloss? Nein dafür war es zu leise.
"Raus hier! Du wirst erwartet! ", sagte der Wärter, es war der Wärter, der mich davon gezerrt hatte, in den gläsernen Raum. Ich begann zu zittern.
Mit wem hatte er wohl gesprochen? Meine Frage blieb nicht lange unbeantwortet. "Immer mit der Ruhe, haben sie jetzt eine Antwort auf meine Frage?", fragte der Gefangene. Es war Joshua, keine Frage, aber was wollten sie von ihm. Ich drängte mich an die Tür, ich wollte kein Wort verpassen.
"Das glaubst du doch nicht ernsthaft Junge. Von mir bekommst du keine Infos. Und nun wehe du machst Probleme!" Was er wohl gewusst haben wollte? Machte er sich vielleicht Sorgen um mich? Nein wahrscheinlich eher um Heather, aber die könnte ja eigentlich auf sich alleine aufpassen und das wusste Josh auch.
Erschrocken zuckte ich einen Schritt von der Tür Weg, hinter ihr war ein Scheppern, dann ein Stöhnen und Fluchen und dann ein Knall, der Schuss einer Pistole, zu hören. Ein erschrockener Laut Drang aus meiner Kehle, doch er wurde gleich durch Odettes Hand erstickt. Ich könnte mich ohrfeigen dafür, wie blöd war ich denn.
Verängstigt lauschte ich auf Geräusche aus dem Flur, nichts war zu hören, überhaupt gar nichts. Was war passiert? Die Tür wurde aufgerissen. Zuerst starrte ich nur auf den Boden, der Wachmann lag auf dem Boden, er war ziemlich dick, riesige und langsam breitete sich eine Blutpfütze aus, seine Kleider waren schon ganz durchtränkt. Jemand stellte sich in mein Blickfeld, mein Blick wanderte langsam und vorsichtig nach oben. Sein Blick war warm und erleichtert, die blonden Engelslocken saßen wie immer perfekt und eine lange Schramme zog sich durch sein ganzes hübsches Gesicht, sie war ganz frisch. Ich zögerte davor um seinen Hals zu fallen, das Ereignis mit Mark hatte mir wahrlich gereicht.
"Schön dich wieder zu sehen Joshua. Auch gerade auf der Flucht? Wenn es dir nichts ausmacht, wir würden jetzt gerne weiter", oh Mann, konnte ich schlecht Schauspielern, wenn ich gerade extrem verletzt worden war. Zuerst war meine Stimme so gewesen wie gewollt, doch dann war sie nur noch gebrochen und so zittrig, dass man kein Wort mehr verstand. Ich wollte gerade aus dem Raum heraus laufen, da zog er mich auch schon in seine Arme und strich mir sanft über den Kopf.
"Ja, ich bin auf der Flucht, mit dir. Wo wolltet ihr hin?"
"Wir haben keine Zeit mehr, nur noch zehn Minuten, dann merken Sie, dass ich sie hinters Licht führe, also entweder du folgst uns jetzt einfach ohne Fragen zu stellen oder du lässt es", stellte Odette Joshua ein Ultimatum.
"Ich lasse sie nicht mehr alleine. Sie ist noch sehr viel wichtiger, als sie denkt."
"Ach ja, darf ich mich noch einmal einmischend? Was ist mit den Kameras? Hier müssen doch unglaublich viel rumhängen", mischte ich mich ein, doch Odette zog mich einfach mit aus der Kammer. Wehe sie behandelten mich jetzt die ganze Zeit wie Luft, dann könnten sie etwas erleben.
Wir schlitterten die Gänge entlang und ich wurde einfach mit gezerrt. Nach einiger Zeit sah ich mich alle fünf Sekunden um und sah ob uns jemand folgte. Ich hatte so ein komisches Gefühl beobachtet zu werden. Irgendwann wurde es so unerträglich, dass ich nur noch rückwärts lief und auf nichts vor mir achtete. Und so kam es, dass ich einfach in Odette hineinlief, wir einige Meter nach vorne schlitterten und dann fielen.
Wir fielen und fielen und fielen. Ich kniff die Augen zusammen, ich wollte nicht die vorbei rasende Umgebung um mich herum sehen. Das einzige was ich hörte war das Rauschen des Zugwindes, den kurzen Schrei eines Mannes, den kurzen erschrockenen Schrei einer Frau und einen anhaltenden Schrei eines Mädchens. Es dauerte eine Weile bis ich merkte, dass ich den Schrei ausstieß. Der Wind trocknete meinen Mund aus, doch ich konnte ihn nicht schließen. Wenigstens war der Schrei verklungen. Wahrscheinlich waren es nur Sekunden in denen ich fiel, aber trotzdem schossen mir Tausende von Gedanken durch den Kopf. So viele Bilder von meinem Leben. Immer noch war es verwunderlich wie viele Tode ich jetzt eigentlich schon gestorben war, in meinem jungen Leben. War dieser der endgültige? Ich wollte das nicht, ich wollte nicht sterben. Meine Augen rissen sich wie von selbst aus. Ich streckte meine Arme aus, wie ein Vogel im Segelflug. Meine Augen suchten nach dem Boden der Halle, doch um mich herum war alles voller Nebel, nichts war zu erkennen. Meine Augen schlossen sich wieder und ich genoss das Gefühl des Fliegens einfach, vielleicht war es das letzte was ich fühlen würde. Ich versuchte die Richtung zu ändern, Sturzflüge hinzulegen, einen Salto zu machen, beinahe hatte ich sogar Spaß, aber mein Unterbewusstsein wusste, dass ich in Gefahr war und ließ mich nicht einfach so Spaß haben. Und so fiel ich immer weiter.
Ich weiß nicht wie es passiert war, aber ich war eingeschlafen und ich fiel immer noch. Um mich herum war alles dunkel. Odette hatte ich lange nicht mehr gesehen.
Plötzlich fiel ich langsamer. Ich landete weich und behaglich auf einem Daunenhimmelbett und um mich herum Tausende von Kissen. Es war wirklich gemütlich. Es war eigenartig festen Grund zu spüren wenn man so lange in der Luft geschwebt war. Eine Decke legte sich ganz sacht über mich und ich dachte mir: Nur einen Moment die Augen schließen, nur einen Moment. Meine Augen schlossen sich und mein Atem ging ganz ruhig, es war schön still, dunkel und warm ein perfekter Schlafplatz.

Gezüchtet - Die VeränderungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt