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Ich blinzelte in helles Neonlicht. Ich spürte die Rauchvergiftung nun kaum noch, aber irgendetwas an mir war anders. Ich war nicht festgeschnallt, über mir lag nur ein weißes, dünnes Laken. Ich fröstelte, in dem Raum war es kühl. Ich hatte nichts an. Nun blickte ich mich im Raum um, bis auf meine Liege und ich war er leer, eine Wand wurde von einem Spiegel eingenommen, ein Fenster gab es nicht. Ich rutschte von der Liege und sah meinen Nackten Körper im Spiegel an, ich sah die Narben, meinen ausgemergelten Körper, aber auch reine, weiße Verbände. Zwei waren an meinen Handgelenken, ein weiterer schlang sich um meinen gesamten Bauch und einer war geschickt um meine Schulterblätter und meinen halsgewickelt, man hätte es glatt als Kostüm deuten können. Ich sah mir tief in die Augen. Sie sahen aus wie immer, nur eine leichte Verwirrung spiegelte sich in ihnen wieder, aber auch Wut, Wut auf mich selbst, auf die Rebellen, auf meinen Vater, einfach auf alle. Ich kroch zurück auf meine Liege und verbarg mich unter dem Laken. Wie war ich nur hier wieder hinein geraten? Wie ging es wohl jetzt mit den Aufgaben weiter? Die Aufgaben, vielleicht war ich ja gerade in einer, vielleicht war das alles nicht echt, es war ein Gedanke, an den ich mich klammern konnte. aber was war dann das ziel, der Aufgabe? nicht verrückt zu werden? Oder vielleicht kam ich auch netzt schon raus, weil ich es erkannt hatte.
Der junge Mann betrat den Raum und machte meine Hoffnung gleich zunichte, er sagte:"Ich soll Ihnen von ihrem Vater ausrichten: Das ist keine Aufgabe, wehr dich nicht gegen sie. Ich glaube, Ihnen ist klar was er damit meint. Ich sehe Sie haben die Behandlungen gut überstanden, wenn Sie so freundlich wären und vor mich treten",forderte er mich auf. Es beschämte mich, ihm nackt gegenüber stehen zu müssen, doch ich setzte mich auf und tat was er mir sagte. "Drehen Sie sich um", wies er mich an. Ich machte was er sagte und blickte nun in den Spiegel. Er fuhr mit den Fingern über den Verband und fand das lose Ende, dann wickelte er es ab, ganz langsam und vorsichtig. ich kannte nicht mal seinen Namen, fiel mir schlagartig auf.
Ich kämpfte gegen die Lähmung meiner Zunge an und endlich gab sie nach."Wie heißen sie?", presste ich hervor, gleich danach, wurde mein Mund wieder gelähmt.
"Es überrascht mich, dass Sie es geschafft haben zu sprechen, aber mein Name ist Tom Williams"; erklärte er mir, während seine Hände über meinen Nacken streiften. Ich hätte gerne gewusst, was er da beobachtete. er machte sich nun an den Bauchverband. Dieses mal überklebte noch ein Pflaster, die stelle, an der mein Bauchnabel saß. Er drehte mich an den Schultern herum und zog das Pflaster vorsichtig mit den Händen ab, reglos stand ich da. Seine Hände tasteten meinen Bauch ab. Ich zog scharf die Luft ein, er hatte eben eine wohl empfindliche Stelle berührt. Er drückte noch weiter an ihr herum bis er zu einem Schluss kam:"Hier müssen wir gleich noch einmal nacharbeiten." Er sagte es mehr zu sich selbst, als zu mir. Er nahm meine rechte Hand und wickelte dort den Verband ab. Ich sah eine Nummer auf meinem Handgelenk, sie war mit irgendeinem Metall mit der haut meiner Hand verflochten. Hier band er den verband wieder zusammen und Wand sich der anderen Hand zu, ich trug dort immer noch die Uhr, stellte ich überrascht fest, doch nun war sie fest in meiner Haut eingearbeitet, nichts schien sie von dort wegbewegen zu können. Er schob sie hin und her, ein komisches Geräusch kam über meine Lippen, es brannte entsetzlich wenn er sie bewegte. Er sah mich stirnrunzelnd an, dann holte er eine Lupe, aus einer seiner Taschen und sah sich die Hand noch genauer an. Mir fiel gerade etwas ein, nein! Was war mit dem Taschenspiegel passiert.
"Erstaunlich..", murmelte er. Am liebsten hätte ich ihn angeschrienen, dass er doch endlich mit mir reden sollte, doch mein Mund wollte mir einfach nicht gehorchen. Er ging ohne Begründung aus dem Raum und ich begutachtete schnell meine Hand, doch bis darauf, dass sich die Uhr nun wohl mit meiner Haut verbunden hatte fiel mir nichts außergewöhnliches auf. Er kam wieder, durch die Tür zog ein kühler Wind durch das Zimmer und ich fröstelte. Er reichte mir ein Bündel Kleider. Er sagte:"Ziehen Sie sich an, in fünf Minuten komme ich wieder, wenn Sie bis dahin nicht fertig sind, werde ich nicht weiter auf Sie warten und Sie werden wieder schlafen müssen." Er verlies den Raum.
Schnell zog ich mir die Unterwäsche an und zog das Kleid über meinen Kopf, es hatte keinen Reisverschluss, und ging bis zum Schulteransatz, es war einfach dunkelgrau. Ich hatte weder Socken, noch Schuhe bekommen. Ich wartete bis Tom wieder kam. Als er kam, meinte er:"Sie werden doch keine Probleme machen oder?" Ich schüttelte den Kopf, obwohl, Probleme machen wohl gar keine so schlechte Idee war, aber ich hatte nicht vor welche zu machen, noch nicht.
"Mich regt es auf, dass Sie nicht mit mir sprechen dürfen, wenn wir alleine sind heb ich das sofort auf." Ich sah ihn feindselig an, was wollte dieser Mann bloß von mir. Ich nahm mal an, er war jetzt mein behandelnder Arzt oder so etwas, aber war er nicht ein wenig jung dafür? Er war sicher nicht älter als zwanzig. Er nahm meine Hand und zerrte mich auf den weißen klinischen Flur. Weiße Wände, weißer Boden, weiße Decken, weiße Türen, brannten mir in den Augen. Nirgendwo war eine Uhr oder ein Fenster. Ab und zu begegnete uns ein Arzt, der nur kurz aufblickte und dann aber den Blick wieder abwandte, ebenfalls in weiß gekleidet. Tom Williams hielt vor einer Tür und schloß sie auf. Bis auf die Bücher im Bücherregal war auch hier alles weiß. Ich wurde schon jetzt irre, und wer weiß wie lange ich noch hier bleiben musste.
"Setzen sie sich doch bitte", er zeigte auf einen Stuhl vor dem großen Schreibtisch. Er wartete, bis ich mich niedergelassen hatte und setzte sich dann mir gegenüber auf die andere Seite des Tisches, nahm einen Stift und Papier und sah mich abwartend an. Ich sah ihn genau so an, nach einiger Zeit fing er an zu reden:" Wissen Sie, ich hätte nie gedacht, Sie hier zu treffen, doch Ihr Bericht liegt mir hier vor und ich denke Sie sind durchaus berechtigt hier. Was sagen Sie dazu?"
Ich sah ihn verständnislos an, war das sein Ernst? Er wusste doch, dass ich nicht sprechen konnte und das wegen ihm. Ich schnappte empört nach Luft. Er regte sich nicht. Plötzlich wurde mir klar, er wollte, dass ich dagegen ankämpfte, aber wieso? Ich tat es einfach. Ich schaffte es sogar das Wort zu formen, doch dann explodierte mein Mund. Ich schrie wie am Spieß, was es nur noch schlimmer machte und ich zuckte unkontrolliert. Ich wimmerte nun nur noch leise und leise Tränen rannen meine Wangen hinunter. Ich blickte auf und sah ihn feindselig an, der Schmerz war abgeebbt. "Und genau das passiert, wenn Sie unaufgefordert sprechen und gegen uns kämpfen. Wir haben Sie nun in der Hand und nun gestatte ich Ihnen auch, mir meine Frage zu beantworten", erklärte er mir und tippte etwas auf der Fernbedienung von vorhin.
Ich fürchtete mich etwas zu sagen, ich hatte Angst vor dem Schmerz, der kommen könnte. Er meinte ganz locker:"Ich kann das auch, wenn sie nicht reden."
Ich holte tief Luft, meine Stimme ließ mich erschaudern:"Nein, ich bin ganz und gar nicht mit dem hier einverstanden. Ich weiß nicht einmal, warum ich hier bin. Ich habe doch nie jemandem etwas getan", wimmerte ich nun leise. Das wars dann mit meiner Stärke, ich konnte geradezu sehen, wie sie sich von meinem Geist löste.
Er gab ein "Mh" von sich und notierte etwas:"Erzählen Sie mir doch mal von der Zeit bei den Rebellen." Er sah mich an, als wäre ich ein Tier im Zoo. Ich schwieg, würde er mich jetzt wieder mit Schmerzen überfluten? Ich hoffte nicht, aber dass ich doch nichts sagte, zeigte mir, dass meine stärke nicht verloren war.
"Da Sie mir nichts erzählen, gehe ich davon aus, dass Sie immer noch an diese Zeit denken. Sie wollen die Rebellen schützen, doch es gibt niemanden, den Sie schützen müssten, denn es gibt in Marmoria keine Rebellen. Verstehen Sie mich?", fragte er mich durchgehend.
Ich sah ihn feindselig mit zusammengekniffenen Lippen an. "Ich glaube, das wird der erste Schritt, um den wir uns kümmern müssen", sagt er dann mehr zu sich selbst, als zu mir. Er betätigte wieder irgendwelche knöpfe auf der Fernbedienung. Ich spürte, wie etwas kühles meine Adern entlang, floss. Ich erschauderte, es war plötzlich so eiskalt geworden, doch die Kälte ging von mir aus. Ich sah auf meine Hände, meine Adern waren blau, sie zogen sich wie ein kleines Muster durch meine Haut. "Was machen Sie da?", fragte ich gereizt, aber fasziniert.
"Ich bereite Sie vor", sagte er konzentriert. Er schien angespannt. Plötzlich zitterte mein ganzer Körper ich konnte nichts dagegen tun. Er drückte einen weiteren Knopf, ich glaube, er hatte die zufuhr für dieses.... Gift geschlossen. Meine Arme und Beine waren auf einmal so schlapp und sie zitterten noch immer unkontrolliert. Ich spürte kalten Schweiß auf meiner Stirn. Erst jetzt merkte ich, dass Tom verschwunden war und dass zwei Wachmänner auf mich zu kamen. Der eine hob mich hoch, der andere hielt ihm die Tür auf. Vielleicht war jetzt der richtige Moment, um Ärger zu machen, aber wusste schon, was sie dann mit mir taten. Ich hatte ganz sicher im Gefühl, dass mir jetzt etwas schlimmes passieren würde. Ich rechnete mit allem und wäre am liebsten weggerannt.

Gezüchtet - Die VeränderungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt