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Nein,nein! Ich will hier bleiben, es ist so schön, dachte ich mir. Mein perfektes Nichts bekam Risse und würde bald in sich zusammenfallen. Doch es half nichts langsam, ganz langsam verschwand die Schwärze.
Das grelle Licht stach in meinen Augen. Es blendete mich durch die Augenlieder. Reflexartig kniff ich sie fest zusammen. Mein erster Gedanke war, ich hatte überlebt, ein weiteres Mal. In den letzten Tagen war ich mindestens fünf mal dem Tod knapp entronnen.
Ich hörte Piepen, monotones Piepen. Es war nervig und noch viel mehr, da ich gerade aus meinem wohligem Nichts gekommen war.
Eine Tür wurde laut aufgeschlagen. Ich stöhnte genervt.
"Genervt, Prinzessin?", diese Stimme kannte ich doch. Ja, es war unverkennbar Joshua. Er schüttelte mich.
"Bist du irre?", fuhr ich ihn an.
Mir ging es gut, so gut wie es mir lange nicht mehr ging. Geschwächt war ich aber trotzdem. Ich schlug die Augen auf. Es war verdammt hell. Ich sah fast nichts. Ich spürte, dass ich durch nichts gehalten wurde, keine Schläuche und Kabel. Wo war ich nur gelandet? Mit einem Schlag ging das Licht aus.
"Was ist los? Wo sind wir? Was machst du hier überhaupt?Sind noch andere da?", ich überhäufte Joshua mit Fragen. Er zog mich von der Liege. Wir waren in einem Krankenzimmer. Das Piepen hatte aufgehört. Der Strom war wohl ausgefallen.
Wortlos zog er mich aus dem Raum, ich stolperte hinterher. In meinem Bein zog und pikste es unangenehm, aber es war auszuhalten. Trotzdem humpelte ich ein wenig. Mein Zeitgefühl war vergangen, ich wusste nicht wie spät es war, wie lange ich weg war, geschweige denn wann und wie lange ich bei den Aufgaben gewesen war.
Jemand riss an mir und zog mich von Joshua weg. Ich schrie auf und wollte mich losreißen, doch seine Arme hielten mich erbittert fest. Er hielt mir eine Waffe an den Kopf. "Los Junge, entweder du verschwindest und lässt uns in Ruhe oder deine Freundin hier wird doch sterben müssen und ich nehme dich."
Joshua ließ sich das nicht zweimal sagen und rannte den Gang hinunter. Wo war nur sein Wille mich zu retten hin? Was sollte das eigentlich alles hier?
Der Mann zog mich derweil hinter sich her und achtete nicht darauf ob er mir wehtat. Er zog und zerrte mich durch Gänge. Wir sahen niemanden auf unserem Weg.
Er schubste mich in einen Gläsernen Raum, oder eher Käfig. Er stand wohl im Eingangsbereich, denn ich konnte eine Reihe von Glastüren sehen und um mich herum standen gläserne Fahrstühle, die bis zur hohen Glasdecke hinauf schießen konnten und alle Stockwerke erreichbar machten. Um mich herum gab es keine Tür und der Raum schwebte nun etwa drei Meter über dem Boden. Der Mann warf verschwunden, ich wusste nicht mal wie er aussah, nur seine tiefe Stimme hatte sich in meinem Kopf fest gebissen.
Ich saß eine gefühlte Ewigkeit da und langweilte mich zu Tode. Ich hatte nur ein dünnes Krankenhaushemd an und fröstelte deswegen schon eine ganze Weile. Kein Mensch lief unter mir vorbei, das gesamte Gebäude war wie ausgestorben. Langsam zweifelte ich daran, dass das hier alles wirklich passierte oder ich im Koma lag und mein Gehirn das so umsetzte.
Erst merkte ich nicht das sich meine Umgebung veränderte, doch dann sah ich die Scheiben um mich herum immer milchiger werden, bis sie irgendwann fast ganz undurchsichtig waren.
Geschmeidig fing er sich an zu bewegen, trotzdem stolperte ich und fiel über meine eigenen Füße. Gerade als ich mich aufrichtete und mein Hemd glatt strich, hielt er wieder, dieses mal empfand ich es sehr viel sanfter, denn der Raum kam ganz langsam zum Stehen.
Jemand, ganz in Weiß gehülltes, weswegen ich nicht erkennen konnte wer es war, legte einen Stapel Kleider vor mir ab.
Fragend beäugte ich den Stapel und wollte die Gestalt gerade fragen, ob ich es anziehen sollte, aber sie war schon verschwunden.
Dann zieh ich sie halt an, wenigstens wird mir dann bestimmt etwas wärmer. Ich sah mir die Kleidung etwas genauer an. Ein Meer grünes Kleid, mit weitem Rock und einem Unterrock aus Tüll, der den Rock schön ausbreitete. Außerdem Hautfarbene Unterwäsche, eine Bürste für meine Haare, passende Schuhe und Schmuck.
Erst jetzt bemerkte ich wie sauber ich eigentlich war, zwar war ich auf den Inseln auch nicht gerade dreckig gewesen, da wir immer ins Meer mussten, aber der Sand war wirklich hartnäckig gewesen.
Ich streifte das Lockere Nachthemd ab und tauschte es gegen das unbequeme, aber wunderschöne, Kleid. Ich bürstete meine Haare durch, bis sie mir seidig über meine Schultern fielen. Dann legte ich sie neben das Krankenhaushemd und wartete darauf was als nächstes passieren würde.
Ein lautes Geräusch und ich wand mich einen Moment planlos in alle Richtungen, mir fiel nichts besonderes auf, wie auch um mich herum war immer noch alles unerkennbar. Meine Sachen waren verschwunden und wieder setzte sich der Käfig in Bewegung.
Als ich wieder hielt, bemerkte ich einen Bildschirm mir gegenüber. Ein Bild erschien auf dem Schirm. Ein mir bekanntes sehr hochwertiges Büro. Denk an deine Rolle Harmonia, denk an deine Rolle. Er saß auf seinem großen Bürostuhl.
"Vater?", fragte ich eingeschüchtert und verängstigt, am liebsten würde ich ihm den Hals umdrehen.
Er drehte sich zu mir um. "Harmonia, meine Liebe. Wie geht es dir? Wir haben nicht viel Zeit", sagte der Herrscher unseres Landes zu mir.
Oh Gott was sollte ich nur antworten? Mein stechen im Bein, ja darüber könnte ich reden," Nun ja, in meinem Bein zieht es noch etwas und ich bin ein wenig geschwächt, aber sonst denke ich, dass es mir ziemlich gut geht. Erlaube mir eine Frage, wieso geht es mir noch gut? Ich wäre mehrmals fast gestorben." Ja, und einiges Mal nur wegen dir, fügte ich in Gedanken hinzu.
"Es tut mir Leid Harmonia, aber das darf ich dir nicht verraten, aber du wirst es bald erfahren. Was ich dir mitteilen möchte ist, du musst aufhören, dich mit diesen niederen Menschen abzugeben. Meinetwegen kannst du dich mit Megan anfreunden, aber doch bitte nicht mit dem Rest, diesem Abschaum."
In mir kochte es vor Wut. Könnte ich doch nur durch den Bildschirm durchspringen und ihm das Genick brechen.
Ich faste zu meinem Hals, meine Kette sie war da, zum Glück, aber nicht mehr lange.
"Nehme sie bitte ab, das ist kein Umgang für dich."
Ich brauchte sein Vertrauen, wofür auch immer, doch ich musste sie einfach behalten. Ich riss an meiner Kette und sie löste sich.
"Jetzt schmeiß sie hier rein", wies mich mein Vater an.
Ich hob meine Hand und ließ etwas in den Schacht fallen.
Meine andere Hand war verschwitzt, doch ich konnte die Perle und das raue Band der Algen auf meiner Hand spüren. Ich hatte mein Armband hinein fallen lassen, es war viel zu locker gewesen und so konnte ich es schnell lösen.
"So und nun präsentieren wir dich der Welt."
Wie ein Vorhang löste sich das unklare Glas auf und wurde wieder klar. Unter mir offenbarte sich eine jubelnde Menschenmenge, die meinen Namen riefen und mir zuwinkten. Ich starrte sie verständnislos an und erblickte dieses eine Augenpaar, welches mich ernst und traurig anblickte.

Gezüchtet - Die VeränderungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt