*~19~*

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Ich stand in einem Wald. Auf einer Lichtung. Um mich herum flatterten Schmetterlinge und der Duft der Blumen vernebelte mir den Sinn. Zu meiner Rechten schlängelte sich ein klarer Bach quer über die Wiese. Die Bäume um mich herum waren von dem sattesten grün, dass ich je gesehen hatte und jeder blühte in anderen Farben und Formen. Ich war ganz überwältigt von solcher Schönheit. Ich hätte ewig dort so stehen und den Schmetterlingen beim flattern zusehen können, doch vor mir tauchte eine große kleine Blockhütte auf, die gar nicht ins Bild passen wollte. Sie riss mich aus meinen Träumen. Mein Blick heftete sich an das komische Hausgebilde und meine Füße setzten sich in Bewegung.
Ich ging die Veranda herauf. Ich klopfte an der Tür und wartete. Nichts geschah. Ich drückte die Klinke nach unten und versuchte die Tür zu öffnen, doch es gelang nicht.
Plötzlich erschien ein Schild an der Tür auf. "Der, der das ließt, soll ab nun der Schützer des Waldweges sein und die Verunglückten retten."
In meinen Augen ergab dieses Schild reichlich wenig Sinn, denn was war, wenn ein kleines Kind dieses Schild entzifferte. Es konnte wohl kaum einen ganzen Weg beschützen. Viele Würden das Schild auch einfach ignorieren. Ich machte mich trotzdem auf den Weg zu diesem besagten Pfad.
Was mich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht wunderte, war woher der Schreiber wusste, dass es verunglückte gab. Es schien mehr als nur normal.
Es dauerte nicht lange und ich stand an einem staubigen unbefestigten Weg.
Ich hörte von rechts weit weg zu sein scheinende Schreie. Schnell machte ich mich in die Richtung der Stimme auf. Die Schreie wurden lauter, je weiter ich kam.
Ich bog um eine Ecke und erreichte den Betroffenen. Vor mir lag ein schlaksiger Junge unter einem Baum begraben. Es schien unmöglich, dass er noch lebte, aber er hatte ja noch rufen können.
Er schien sehr dünn zu sein. Seine weiten Kleider lagen schlaksig um seinem Körper, seine Wangen waren eingefallen, er hatte tief schwarze verstrubbelte Haare und Tiefe Augenringe. Doch das interessierte mich kaum. Es waren seine Augen. Es waren seine Augen, die meine Blicke anzogen. Ich starrte sie an. Ich starrte tief in sie hinein. So wunderschön. So irreal.
Ich merkte wir sich eine Träne in meine Augen schlich. So schnell ich konnte blinzelte ich und sie verschwand.
Der Junge hatte die gleichen hellbraunen Augen wie Mark. Nein, nicht die gleichen, die selben Augen. Exakt die selben, aber das war nicht möglich. Das konnte nicht sein.
Ich zwickte mir in den Arm, damit ich den Blick von den Augen löste. Der Junge starrte mich mit offenem Mund an.
"Du sollst mich retten? Oh Mann, ich bin verloren", Wut kochte in mir auf. Hatte dieser Junge nichts anderes zu tun, als mich zu verärgern?
"Ich kann dich hier auch liegen lassen", meinte ich zornig.
Er lächelte nur:"Nein, kannst du nicht, dann wäre die Aufgabe nicht erfüllt. Jetzt mach dich an die Arbeit, der Baum ist schwer, falls du es nicht bemerkt haben solltest."
Ich nahm mir vor den vorlauten Jungen weitest möglich zu ignorieren und machte mich daran zu versuchen diesen Baum von ihm zu entfernen.
Ich hatte keine Hilfsmittel. Das würde ich nie schaffen. Der Baum schien gefühlt hundert Tonnen schwer zu sein, als ich versuchte ihn anzuheben. Er bewegte sich nicht einmal einen Millimeter weit.
Ohne Rücksicht auf Verluste versuchte ich es nun umgekehrt. Ich zerrte an den Armen des Jungen.
"Mann, was machst du da? Willst du mich umbringen?!", kreischte er.
Ich entgegnete genervt - soviel zum ignorieren- :"Ich überlege noch. Vielleicht sollte ich dich wirklich umbringen, dann hältst du wenigstens deine vorlaute Klappe!"
Seine Schmerzensschreie ignorierend, versuchte ich weiter an ihm zu ziehen und ihn so zu befreien.
Was war nur mit mir passiert? Irgendetwas stimmte mit mir ganz und gar nicht. Wo war nur mein Mitleid geblieben? Noch dazu hatte dieser Junge auch noch seine Augen.
Ich ging nun wieder an den Baumstamm heran und versuchte es dort erneut. Es funktionierte nicht. Ich war viel zu schwach.
Ich suchte einen Ast und versuchte den Riesen hochzuhebeln. Doch selbst das funktionierte nicht. Ich setzte mich frustriert auf den Boden. Wenigstens war diese Aufgabe nicht lebensgefährlich, sonst wäre ich vermutlich schon lange tot. Jedoch würde mich das mindestens eine Millionen Punkte kosten.
Ich schrie dem so wunderschönem klarem Himmel entgegen:"Ich gebe auf. Seht ihr! Ich gebe auf!"
Nichts geschah.
"Das wars also, ja?", fragte der Junge,"Ich werde also sterben. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt. Als man mich meiner Familie wegnahm, dachte ich, dass ich vielleicht während Folter sterben würde, man mich hinrichtet oder ich mich zu Tode schufte, aber nun liege ich einfach unter diesem blöden Baum und Prinzessin Ronald lässt mich einfach hier liegen und feiert ihr ach so tolles Leben."
Ich lauschte seinen Worten genau. Saugte jedes seiner Worte auf. Er war echt. Ein echter Mensch und wegen mir würde er sterben.
"E... Es tut mir leid", murmelte ich ganz leise. Doch er verstand mich, denn im Wald war es Toten still geworden. Nicht einmal die Blätter rauschten im Wind. Es war jedoch trotzdem viel kühler und auch dunkler geworden. Als wäre ganz plötzlich die Nacht angebrochen.
"Das ich nicht lache. Du hast doch dein rosarotes Palastleben. Du hast keine Ahnung vom Leben. Bei dir ist das Leben ein Ponyhof", entgegnete er spöttisch.
"Du hast ja keine Ahnung", murmelte ich bedrückt. Er schien wirklich keine Ahnung zu haben,"wann haben sie dich geholt?"
"Das geht dich nichts an, aber... Ach ist ja auch egal. Im Sommer", er schüttelte den Kopf.
"Also vor dem ganzen", stellte ich fest, dann verdunkelte sich mein Blick,"Ich werde dich nicht sterben lassen.
Hört ihr? Ich lasse eure Schikane niemals zu! Ihr könnt mich nicht kontrollierend!"
Der Junge sah mich verblüfft an, damit hatte er nicht gerechnet.
"Ich bin gleich wieder da", sagte ich ihm. Ich sprintete los. Zurück zur Blockhütte. Dort angekommen schmiss ich mich ganz fest gegen die Tür des Hauses. Ich glaubte ganz fest daran, dass sich darin eine Säge befand, denn meinem Anschein nach, gehörte dieses Haus einem Förster und der hatte normalerweise so etwas.
Krachend fiel die Tür ins Haus. Meine gesamte linke Seite musste von blauen Flecken überseht sein, denn sie tat höllisch weh. Ich hielt mich nicht lange damit auf und stürzte in den Raum. Ich riss den einzigen Schrank auf. Dort befand sich wirklich eine Säge. Ich war fest davon überzeugt, dass ich es mit ihr schaffen würde, wenn auch erst in zig Stunden anstrengender Arbeit, denn sie war nicht motorisiert.
So schnell ich konnte sprintete ich zurück zu der Stelle, an der ich ihn zurückgelassen hatte.
Doch was sich mir offenbarte war schrecklich. Er war übersät von Blut. Sein Gesicht war von einer langen Wunde verunstaltet und seine braunen Augen starrten mich leer an. Seine Kleider waren zerfetzt und von Blut durchtränkt. Er war tot.
Ich schrie Laut los. Ich kreischte, dass es der ganze Wald hören konnte. Hätte ich ihn doch nur nie alleine gelassen, dann wäre er jetzt nicht tot. Nicht tot.
Ich fasste mich wieder. Dieses Mal würde ich nicht einfach gehen. Ich fing an den Baum zu zersägen. Sie holten mich nicht, denn ich achtete immer darauf, dass ich ihn berührte. Sie hätten auch ihn irgendwo hingebracht.
Ich sägte bis ich den Baumstamm hier durchtrennte, dann ging es auf der anderen Seite weiter. Nun peitschte mir Wind und Regen um die Ohren, doch ich hörte nicht auf. Ich kämpfte. Ich würde ihn nicht alleine lassen.
Dann hatte ich es geschafft. Ich rollte mit letzter Anstrengung das ausgesägte Stück Baum von ihm und er war frei. Doch ich war noch nicht fertig. Ich packte ihn unter die Arme und zog ihn zur Lichtung. Der Weg erschien mir viel länger und ich war kurz davor ihn einfach liegen zu lassen, als die Lichtung erschien.
Mit letzter Kraft legte ich ihn neben dem Bach ab. Ich schloss mit zwei Fingern seine Augen. Dann wusch ich ihm das Gesicht. Ich hätte gerne gesagt, dass er nun besser aussah, aber das tat er nicht. Er sah noch schlimmer aus als vorher. Seine geschlossenen Augen sahen fehl am Platz aus. Eigentlich wollte ich Blumen um ihn herum legen, aber das hätte nicht gepasst.
Deshalb beschloss ich die Blumen um ihn herum auszureißen und im Wind verwehen zu lassen. Und so tat ich es auch.
Als ich fertig war, passte die Zerstörung zu ihm. Das Chaos war perfekt und ein Aufschrei meiner Rebellion.
Nun war ich fertig. Nun konnte ich zurück.

~*~

Mit kleiner Verspätung hier nun das nächste Kapitel. Ich hoffe es gefällt die kleine Dramatik.
Schreibt in die Kommentare, was ihr meint, was nun passiert oder Ideen für weitere Aufgaben. (Ich bin so unkreativ :))
Ich dachte mal, wir brauchen eine Kraft Aufgabe, sonst wird es ja langweilig. Harmonia muss ja auch mal eine Aufgabe nicht können...
Okay, dann,
Lasst bitte mal ein Kommi da. Please.
Bis bald
Julia

PS: Für alle die es interessiert (und die das mit dem Abstimmen checken), ich habe den ersten Teil von Gezüchtet, sowohl zwei weitere meiner Bücher, für die Wattys 2015 angemeldet. Würde mich freuen, wenn ihr für mich abstimmt (obwohl ich keinen Plan hab wie das geht, sonst würde ich selbe für eine Geschichte abstimmen (also nicht für meine versteht sich), aber keine Ahnung) oder so. :)

Gezüchtet - Die VeränderungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt