3 - Auf der Flucht

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Es fiel Hayden unheimlich schwer, zu realisieren, was sich in den vergangenen Minuten auf der Blumenwiese abgespielt hatte. Die Ereignisse hatten sich so rasend schnell überschlagen, dass die Achterbahnfahrt in ihrem Kopf keinen Stillstand herbeiführen konnte.

Kurz gesagt: Haydens Gedanken liefen Amok.

Shade, der Hayden immer tiefer in den Wald hineinführte, erging es ebenso. Tausend unbeantwortete Fragen kreisten so lange um seinen erschöpften Körper herum, bis dieser in einen Schleier aus Schwindel und Übelkeit gehüllt wurde.

Am liebsten wäre Shade mitten auf dem steinigen Waldweg stehengeblieben, um verzweifelt nach Luft zu schnappen, doch dafür blieb keine Zeit.

Shade und Hayden mussten weiter – und zwar schnell!

Die Wachen des Königshauses waren ihnen bestimmt schon dicht auf den Fersen. Es würde also nicht mehr lange dauern, bis die ersten Pfeile wie zischende Blitze an ihnen vorbeifliegen würden.

Auch wenn Shade einen unbändigen Zorn in seinem Bauch verspürte, so würde er Hayden niemals ins offene Messer laufen lassen. Egal, wie wütend er auf Hayden war, er würde sie immer beschützen und sein Leben für das Ihre geben.

Hayden an den Tod zu verlieren, war ein Gedanke, der Shade in seinen dunkelsten Stunden an den Rand der Verzweiflung trieb.

Er liebte seine Hayden – so sehr, dass er niemals ohne sie leben könnte.

Angespornt von der Angst verschnellerte Shade seine Schritte. Seine Hand umfasste immer noch eisern das Handgelenk von Hayden, sodass diese hilflos hinter Shade her stolperte.

Auf hochhakigen Schuhen über einen unebenen Waldboden zu rennen, war alles andere als einfach – erst recht, wenn man zusätzlich ein pompöses Hochzeitskleid trug, das sich bei jedem Schritt in irgendwelchen Sträuchern verfing.

Ein erschöpftes Keuchen entfloh Haydens Lippen, als der fremde Junge den steinigen Waldweg verließ und sie zwischen die tanzenden Bäume zog. Der Wind heulte gefährlich durch die Baumkronen – fast so, als wolle er sagen „Rennt um euer Leben!".

Jetzt, wo sich Hayden nicht mehr auf einem festen Steinuntergrund befand, knickte sie bei jedem Schritt zur Seite, sodass sich binnen weniger Sekunden ein brennender Schmerz in ihren Fußknöcheln ausbreitete.

Jede einzelne Faser ihres Körpers stand in Flammen. Haydens Herz schlug so kräftig gegen ihren Brustkorb, dass sie Angst hatte, es könnte jeden Moment herausspringen. Schwarze Punkte säumten ihr Blickfeld und ließen sie ihre Umgebung nur noch verschwommen wahrnehmen.

„I-Ich kann nicht mehr", japste Hayden außer Atem.

Der fremde Junge zerrte zwar weiterhin an Haydens Handgelenk, doch Hayden blieb kraftlos stehen. Ein Schritt weiter und sie würde wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.

Ihre Lunge brannte, ihre Füße schmerzten und ihr war schwindelig.

Hayden brauchte eine kurze Pause.

Eine Pause, die in jeder Sekunde zum Verhängnis werden konnte.

„Verdammt! Was machst du da, Hayden?", schrie Shade das nach Luft ringende Mädchen verzweifelt an. „Wir müssen weiter! Für Pausen haben wir jetzt keine Zeit!"

Begleitet von der Angst, die wie ein Schatten in Shades Nacken saß, warf er einen Blick über seine Schultern.

Von den Wachen des Königshauses war zum Glück nichts zu sehen.

In dem Wald war es ruhig – zu ruhig. Kein Laub raschelte, keine Vögel zwitscherten, nur der Wind heulte wie ein Wolf.

Shade beschlich die ungute Vermutung, dass Hayden und er geradewegs in eine Falle laufen würden, wenn sie sich nicht endlich wieder in Bewegung setzten. Der Vorsprung, den sie hatten, würde nicht mehr lange reichen.

In einer Zeit nach dir und mirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt