Nevio führte Hale, Yamila und Elrik auf den riesigen Platz, auf dem sich die vielen Menschen in den schwarzen Uniformen versammelt hatten.
Schockiert musste Hale feststellen, dass die meisten Menschen verletzt waren. Narben schmückten ihre Haut, Blut tropfte aus Wunden und tiefe Messerschnitte symbolisierten den Ausdruck des Schmerzes, den sie erlitten haben mussten.
Während sich Hale furchtbar unwohl fühlte, genossen es Yamila und Elrik regelrecht, höhergestellt zu sein als die Testobjekte, die schweigend und teilweise zitternd vor ihnen standen.
Yamila und Elrik waren dem König sehr ähnlich. Sie liebten die Macht und ergötzten sich an dem Leid anderer.
Prinz Hale Dexter der Erste war eigentlich genauso. Schon immer hatte man ihn als das Abbild seines Vaters bezeichnet. Der Prinz stellte sein eigenes Wohl jedes Mal über das seines Volkes. Er war gefühlskalt, skrupellos und unberechenbar.
Kein Wunder also, dass die Bürger weder den König noch den Prinzen leiden konnten.
„Stillgestanden und zugehört!", donnerte Nevios strenge Stimme über den Platz. „Wir haben Besuch aus dem Königshaus. Prinz Hale ist extra angereist, um sich unsere Arbeit anzuschauen. Geht alle in eure vorhergesehenen Boxen und wartet dort auf weitere Anweisungen!"
Im Einklang mit Nevios Befehl erhoben sich drei riesige Glasboxen aus dem Boden, die jeweils mit den römischen Zahlen eins, zwei und drei beschriftet waren.
Sobald sich die Türen automatisch geöffnet hatten, setzte sich die Menschenmasse in Bewegung. Die meisten Menschen versammelten sich in der ersten Box. In der letzten Box hingegen standen höchstens dreißig Personen.
‚Was hat das bloß zu bedeuten?', fragte sich Hale.
Hales Herz schlug viel zu schnell in seiner Brust. Er merkte, wie ihn die Nervosität und die Angst überrumpelten. Hale fühlte sich wie ein Ertrinkender, der jeden Moment das Bewusstsein verlieren würde.
Zwar wusste Hale, dass es falsch war, Yamilas Hand zu nehmen, aber dennoch tat er es. Hale brauchte jetzt jemanden, der ihm zur Seite stand und ihm Kraft spendete. Vollkommen egal, ob dieser jemand ein fremdes Mädchen mit gefährlich blitzenden Augen war.
Yamila hatte selbstverständlich kein Problem damit, Hales Hand zu halten. Sie hatte es schon immer in vollen Zügen genossen, wenn ihr bester Freund ihre körperliche Nähe suchte.
Am Ende des Tages war Yamila sowieso die Einzige, die immer zu Hale stehen würde – jedenfalls dachte Yamila das.
Wie falsch sie mit ihrer Einschätzung lag, sollte Yamila erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren.
„Sind Sie bereit, eure Hoheit?", wandte sich Nevio an Hale, welcher daraufhin langsam und sichtlich überfordert nickte.
Hale hatte keine Ahnung, was den Menschen in den Glasboxen nun bevorstand – und genau diese Tatsache jagte ihm einen Schauder der Angst über den Rücken. Hale mochte es nicht, ängstlich und mutlos zu sein, doch er schaffte es nicht, seine Furcht zu bekämpfen.
Ständig musste Hale um seine Identität zittern, denn ein einziger Fehltritt würde seinen Tod bedeuten.
Hale wollte nach Hause. Zurück zu Sharleen und zurück in den öden Schulalltag.
Selbst Haydens dämliche Sprüche würde Hale in Kauf nehmen, wenn das bedeutete, dass er diese grausame Welt, in der ein Tyrann herrschte, wieder verlassen konnte.
Leider würde ihm Novalee aber erst dann helfen, sobald König Arvid tot war.
„Ich zeige Ihnen zuerst die Wirkung des ersten Chips", beförderte Nevio Hale in die Realität zurück.
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In einer Zeit nach dir und mir
Science FictionHayden Reed und Hale Dexter sind wie zwei Magnete - nur dass sie einander nicht anziehen, sondern abstoßen. Seit ihrer Kindheit sind die beiden verfeindet und das hat sich auch heute, fast sechzehn Jahre später, nicht geändert. Da passt es Hayden un...