„Hilfe! Ich brauche Hilfe!" Außer Atem hämmerte Hale gegen die riesige Stahltür, die hinab in die Unterwelt führte. „Hilfe!"
Hales Stimme zitterte und sein Körper wurde von einem Erdbeben erschüttert. Schweiß rann über seine Stirn, Blut klebte an seinen Händen und sein Herz überschlug sich vor lauter Angst.
„Hilfe!", schrie Hale erneut.
Er hatte nicht mehr viel Zeit.
Vor fünf Minuten hatte Hale dem Kutscher die letzte Dosis des Schlafserums, das er aus dem zweiten Bezirk bekommen hatte, gespritzt. Da eine Dosis bloß fünf Stunden andauerte und Hayden, Novalee, Shade, Yamila und Elrik zuletzt vor viereinhalb Stunden das Schlafserum verabreicht bekommen hatten, rann Hale die Zeit wie Sand durch die Finger.
Lex, Francis und Glenn – die drei Ärzte aus der Unterwelt – mussten ihm unbedingt helfen. Einerseits sollten sie die implantierten Chips entfernen, andererseits sollten sie Yamila, Elrik und den Kutscher weiterhin ruhigstellen, damit diese zu keiner Störvariablen in Hales Gleichung werden konnten.
Für Hale war es ein nervenaufreibender Akt gewesen, mitten in der Nacht aus Bezirk zwei zu flüchten und seinen Mitreisenden das Schlafserum zu spritzen. Vor allem Hayden hatte wie ein kleines Kind um sich geschlagen und sogar in Hales Schulter gebissen. Irgendwie hatte es Hale letztendlich aber doch geschafft, Hayden zu bändigen.
Jetzt, wo Hale schon so weit gekommen war, durfte er nicht scheitern.
Er hob erneut seine Hand, um gegen die Stahltür zu klopfen. Hales Haut riss immer weiter auf, sodass nach wenigen Sekunden heißes Blut über seine Finger lief.
„Hilfe! Hört mich jemand? Hilfe!" Hales Erschöpfung verschluckte seine Worte. Kraftlos sackte er an der Tür hinab und bettete verzweifelt sein Gesicht in seinen Händen. Tränen der Angst kullerten über seine Wangen und stießen ihn in ein Meer aus Ungewissheit, Furcht und Hilflosigkeit.
Sobald Yamila und Elrik aufwachen würden, wäre Hales falsches Spiel zu Ende. Auch vor Hayden, Novalee und Shade war Hale nicht mehr sicher, immerhin zählten sie nun zu den Marionetten des Königs.
Leider wusste Hale auch nicht, welchen Chip man ihnen implantiert hatte, sodass noch mehr Vorsicht geboten war.
„Hilfe", murmelte Hale leise. Dieses Mal sprach er zu sich selbst.
Hale wusste, dass ihn nur noch ein Wunder vor dem Tod bewahren konnte. Entweder jemand öffnete endlich die Tür zur Unterwelt oder Hale wurde auf magische Art und Weise zurück in seine Heimat katapultiert.
Obwohl Hale die zweite Variante deutlich lieber gewesen wäre, traf zumindest die erste Möglichkeit zu.
Zischend öffnete sich die Stahltür, sodass Hale rücklings gegen eine Person stieß.
Lex: Sein Retter in der Not.
„Hale?" Lex war überrascht, den Lockenkopf hier anzutreffen. Die Verzweiflung, die sich in Hales kaffeebraunen Augen widerspiegelte, jagte Lex eine schauernde Gänsehaut über das Rückgrat.
Dass Hale nicht grundlos vor dem Eingang zur Unterwelt hockte, war Lex sofort bewusst.
„Was ist passiert?", hakte Lex alarmiert nach. Sein Blick wanderte derweil von Hale zu einer Kutsche des Königshauses. Der Kutscher saß zusammengesackt und mit geschlossenen Lidern auf seinem Bock. Auch im Inneren der Kutsche konnte Lex Personen ausmachen, die leblosen Puppen glichen.
Ohne es kontrollieren zu können, schoss Lex' Herzschlag wie ein Blitz in die Höhe. „Was ist passiert, Hale?", wiederholte er seine Frage dieses Mal mit mehr Nachdruck in der Stimme.
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In einer Zeit nach dir und mir
Science FictionHayden Reed und Hale Dexter sind wie zwei Magnete - nur dass sie einander nicht anziehen, sondern abstoßen. Seit ihrer Kindheit sind die beiden verfeindet und das hat sich auch heute, fast sechzehn Jahre später, nicht geändert. Da passt es Hayden un...