Fely - Teil 3

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Die Halle füllte sich immer mehr. Meine beiden Freundinnen und Ich unterhielten uns über unsere Ferien und wie sehr wir uns doch freuten, wieder am Internat zu sein. Tatsächlich war die Schule wie eine Art zweites Zuhause geworden und die Menschen hier wie einer zweite Familie. Ich freute mich jedes Jahr, wenn die Ferien vorbei waren und Ich wieder nach Aguentin konnte. Das war der Name unseres Internats. Er setzte sich aus dem Namen der Gründerin zusammen: Agnes Quantine. Sie war auf zahlreichen Portraits, die in der Schule hingen, verewigt. Sie war eine unglaublich reiche Frau, die 1879 dieses Internat nur eröffnete, um das Gefühl von Macht über ihre Schüler haben zu können. Ekelhafte Frau. Doch ich war ihr auch dankbar, ohne Sie wäre Ich heute nicht da, wo Ich bin.

Als die Halle fast komplett voll war, öffnete sich die Tür zum Raum erneut. Ich konnte nicht sehen, wer hineintrat, da die Tür in meinem Rücken lag, aber anhand der Stille, die den Raum überrollte, waren es wohl die Lehrer. In einer Reihe gingen sie auf die Erhöhung der Bühne zu und setzten sich nacheinander an ihre Plätze. Der Schulleiter, welcher sich am Ende der Reihe befand, trat als letzter auf die Bühne und stellte sich an das Rednerpult. Ich schaute unsere Lehrer nacheinander an. Ganz links saß meine Englischlehrerin Frau Maddock, eine waschechte Amerikanerin Mitte 30. Die nächsten drei Lehrer kannte Ich nicht, da sie entweder andere Fächer oder andere Stufen unterrichteten. Auf dem fünften Stuhl saß unser Mathelehrer Herr Treieck. Ja, der hieß wirklich so. Bei seinem Namen hätte er jeden anderen Beruf, außer Mathelehrer, verfehlt. Er sah genau so aus wie man sich einen Mathelehrer vorstellt. Ein älterer Mann mit Brille, grauem Vollbart und Halbglatze. Neben ihm saß meine Russischlehrerin Frau Ivanova. Es gab ein riesiges Fremdsprachenangebot am Internat und Ich hatte mich damals für Russisch entschieden und meine Entscheidung nie bereut. Sie hatte ihre dunkelbraunen Haare zu einem Bob geschnitten und sah ziemlich streng drein. Dabei war sie eigentlich ganz nett, auch wenn sie nicht so aussah. Christy, die rechts neben mir saß, stieß mir mit dem Ellbogen in die Seite. „Schau mal, da!" flüsterte sie mir zu und nickte in Richtung eines Lehrers, der fast am ganz rechten Rand des langen Tisches saß. Ich hatte ihn hier noch nie gesehen, also war es wahrscheinlich der neue über den alle redeten. Er war noch sehr jung. Ich konnte das Alter von Menschen schon immer schlecht einschätzen, aber wenn Ich raten müsste, würde Ich ihn auf maximal 25 schätzen, wenn nicht sogar jünger. Als die anderen Mädchen ihn ebenfalls entdeckten, fing das große Tuscheln und Flüstern wieder an. Ich musste schon zugeben, er sah wirklich gut aus. Er hatte braune Haare, einen braunen drei Tage Bart und hatte definitiv die letzten Tage viel in der Sonne verbracht, da er braun gebrannt war. Er trug eine dunkelblaue Brille und ein hellblaues Hemd, unter dem man deutlich Armmuskeln vermuten konnte, da es fast aus allen Nähten platzte. Auch Lexy wurde jetzt auf ihn aufmerksam. Sie beugte sich zu mir rüber. „Mann ey, Christy hatte ja wirklich recht. Er sieht verdammt gut aus." Ich nickte nur. Mir war es ein wenig unangenehm darüber zu tuscheln. Er bekam das bestimmt mit, dass ihn auf einmal alle anstarrten.

Der Direktor unterbrach das Geflüster mit seiner lauten Stimme. Direktor Schmidt trug einen dunkelblauen Anzug und ein helles Hemd dazu. Er war Anfang 50, glaubte Ich zumindest. Eigentlich ein netter Mann, wenn seine Reden nicht immer so unglaublich langweilig sein würden. Wie Lexy vorhin schon vermutete, war es genau dieselbe, langweilige Rede wie jedes Jahr. Er begrüßte erst uns, dann die neuen Schüler und die Lehrer. Er erläuterte alle wichtigen Termine für dieses Halbjahr, predigte, wie jedes Jahr, die Uhrzeiten wann das Frühstück, Mittagessen und Abendessen stattfindet, dass ab 23 bis 6 Uhr Nachtruhe herrscht und man das Schulgebäude dann nicht mehr verlassen darf, bla bla bla. Diese ganzen typischen Regeln. Als Ich kurz davor war, mit meinen Gedanken abzuschweifen, stellte er die Lehrer vor. Beziehungsweise rief er deren Namen auf, sodass sie sich den neuen Schülern selbst vorstellen konnten. Frau Maddock begann. Sie stand auf und der Stuhl schob sich quietschend über die Fliesen. Sie lächelte die Schüler an und setzte sich wieder. So ging es immer weiter. Die Schüler hörten gespannt zu. Doch ich wusste genau, dass alle Schüler wissen wollten, wer der neue Lehrer war.

Fire & IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt