Fely - Teil 17

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Im Aufenthaltsraum war nicht viel los. Der Raum war groß und dunkel. An den Wänden waren Bücherregale, die bis an die Decke gingen. Im Raum verteilt standen Ledersessel und Sofas, davor runde Tische. In einer Ecke stand ein Tischkicker und an einer freien Wand war ein Beamer angebracht, an dem regelmäßig Fußballspiele geguckt wurden. Die Saison startete demnächst auch wieder, dann würde der Raum jeden Abend mit Leben gefüllt sein. Manchmal setzte Ich mich auch dazu. Ich war kein Fan von einem bestimmten Verein, aber zwischendurch machte es mir dann doch mal Spaß ein wenig zuzuschauen. Vor allem war die Atmosphäre immer superlustig. Irgendjemand besorgte dann immer Snacks und Softdrinks. Die Sitze wurden  zusammengeschoben und dann wurden die Hymnen der verschiedenen Vereine gegrölt. Auf diese Zeit freute Ich mich. Ich ging auf einen einzelnen Ledersessel zu, der in der hintersten Ecke des Raumes stand. Dort setzte Ich mich hin und legte mein Zeug auf den Tisch vor mir. Dann nahm Ich mir mein Buch und den Zettel von Parker und fing an zu blättern.

In dem Raum war keine Uhr. Das war Absicht. Man sollte sich hier aufs Lernen oder aufs Spaß haben konzentrieren und sich nicht von der Zeit stressen lassen. Ich war gerade darin vertieft die Epochenmerkmale des Sturm und Drang auswendig zu lernen, da vibrierte mein Handy. Ich zog es aus meiner Hosentasche. Ich wurde angerufen, und zwar von meiner Mutter. Meine Eltern riefen mich nie an, wenn Ich in der Schule war. Sie meinten Ich sollte mich aufs Lernen konzentrieren und wir hätten genug Zeit zu reden, wenn Ich in den Ferien zu Hause war. Ich ging ran. „Mama?" fragte Ich leise, damit Ich die paar anderen im Raum nicht störte. „Schätzchen! Wie geht es dir?" fragte meine Mutter mich besorgt. Ich zog die Augenbrauen zusammen. „Mir geht es gut, wieso fragts du?" Ich hörte meine Mutter erleichtert aufseufzen. „Die Schule hatte deinen Vater angerufen und ihm erzählt was passiert ist. Ich komme gerade von der Arbeit. Sie sagten wohl, du seist fast ertrunken?!" fragte sie mich hysterisch. Ich zuckte automatisch mit den Schultern, obwohl sie mich ja gar nicht sehen konnte. „Joa. Das hört sich so dramatisch an. Das war nur ein kleines Missgeschick." Versuchte Ich es runterzureden. Ich hatte jetzt keine Lust mit ihr zu telefonieren. Ich wollte einfach meine Aufgaben fertig machen, essen und dann schlafen gehen. „Schätzchen, erzähl mir doch bitte was passiert ist! Ich mache mir so Sorgen!" Ich rollte mit den Augen und lehnte mich in den Sessel. „Also die Kurzfassung ist: Wir waren Schwimmen mit dem Sportkurs. Ich bin in eine Strömung geraten und hab genau in dem Moment einen Krampf im Bein gehabt. Aber im Endeffekt ging alles gut, weil Parker mich rausgezogen hat." Ich verkrampfte mich. Das hätte Ich lieber nicht erwähnen sollen. Ich kannte meine Mutter. Jetzt würde sie alles über Parker wissen wollen. Wer er ist, was er macht, wie er aussieht, und und und. „Wer ist denn dieser Parker?" fragte meine Mutter neugierig. Ich wusste es. „Mama, kann Ich dir das einfach schreiben? Eigentlich kann Ich gerade nicht telefonieren." Versuchte Ich sie abzuwimmeln. Ich hörte wie meine Mutter aufstöhnte. „Natürlich nicht! Das ist ernst! Ich bin deine Mutter. Ich mache mir Sorgen. Also, bitte sag mir jetzt: Wer ist Parker?" Ich müsste wohl oder übel aufgeben. Also gab Ich nach. „Gut, Herr Parker ist unser neuer Lehrer. Ich hab ihn in Deutsch und Sport. Deswegen war er auch da, als Ich im Wasser war. Er hat mich dann rausgezogen und auf die Krankenstation gebracht." Ich hörte, wie meine Mutter Luft holte, um zur nächsten Frage anzusetzen, also redete Ich schnell weiter: „Bevor du fragst, die Schwester sagte, es ist alles gut mit mir. Ich hab heute frei bekommen und jetzt fühle Ich mich wieder besser." Vor meinem geistigen Auge konnte Ich mir vorstellen, wie meine Mutter auf unserem Sofa im Wohnzimmer saß und sich jetzt dramatisch vor Erleichterung an die Brust fasste. „Dann bin Ich erst einmal beruhigt. Ich hab echt einen Schrecken bekommen, als dein Vater mir das erzählt hatte. Dieser Herr Parker. Wir können froh sein, dass er da war. Ich möchte mich bei ihm bedanken." Ich verkrampfte mich im Sessel. „Was soll das heißen Mama?" fragte Ich besorgt. Sie überlegte einige Sekunden. Es raschelte am anderen Ende der Leitung. „Ich kann ja fragen, ob du seine Nummer oder so bekommen kannst." Schlug Ich vor. Doch damit gab sie sich nicht zufrieden. „Nein. Er hat das Leben meiner Tochter gerettet. Da reicht kein Anruf oder noch besser, eine Nachricht. Ich werde ihm einen Präsentkorb zukommen lassen!" Mein Atem stockte. „Was?!" fragte Ich fassungslos. Die wenigen Schüler im Raum drehten sich zu mir um. Erst da fiel mir auf, wie laut Ich das gesagt haben musste. Entschuldigend lächelte Ich die Schüler an, dann widmete Ich mich wieder dem Gespräch. „Mama, das ist übertrieben. Er ist auch gar nicht der Typ dafür. Was willst du da überhaupt rein machen? Blumen? Schokolade? Das passt nicht." Ich gab mein bestes, um sie von ihrer Idee abzuhalten. „Lass das meine Sorge sein Schätzchen. Ich werde mich jetzt sofort darum kümmern, dann kommt der hoffentlich Sonntag an. Ich lasse ihn an dich schicken und du kannst es ihm dann übergeben." Ich glaubte, Ich muss mich gleich übergeben. „Mama, das kannst du nicht machen. Das ist voll peinlich. Wenn du das unbedingt machen willst, dann schick es doch gleich an ihn." Als ob Ich mich bei ihm vor die Tür stellte und ihm Geschenke geben würde. Ich hatte bereits eine peinliche Situation an seiner Tür, da musste nicht noch eine zweite hinzukommen. „Aber nein, das ist so unpersönlich." Ich schnaufte. „Dann komm doch selbst her und gib es ihm. Ich mache das bestimmt nicht. Nie im Leben Mama. Das kannst du vergessen!" Ich versuchte das mit so viel Nachdruck zu sagen, wie es die geringe Lautstärke erlaubte. „Papperlapapp. Du machst das. Sag mir wenigstens, wie alt er ist. Dann hab Ich eine ungefähre Vorstellung, was Ich für den Korb bestelle. Denn noch peinlicher wäre es, wenn der Inhalt nicht zu ihm passt. Also, erzähl mir was über ihn." Ich setzte mich aufrecht hin und stützte mich auf meine Knie. „Mama, das reicht jetzt langsam. Keine Ahnung wie alt er ist. 30? 29? 31? Ich bin miserabel beim Alter, das weißt du doch. Ich muss jetzt auflegen. Tschüss Mama!" Ich hörte noch, wie sie protestierte, aber da legte Ich schon auf. Ich schaltete das Handy aus und legte meinen Kopf in meine Hände. Ich atmete tief durch. Jetzt gerade hasste Ich meine Mutter. Klar, Ich verstand, dass sie sich Sorgen machte. War ja kein Problem. Aber ein Präsentkorb?! Das musste definitiv nicht sein. Den werde Ich bestimmt nicht persönlich überreichen. Wenn, dann stelle Ich ihm das dahin. Dann soll meine Mutter eben eine Karte reinlegen und was drauf schreiben. Ich steckte mein Handy wieder weg und nahm mir mein Buch. Das mit dem auswendig lernen konnte Ich jetzt vergessen. Dafür hatte Ich keinen Kopf mehr. Meine Aufgaben für morgen hatte Ich eh schon erledigt, also konnte Ich genauso gut auch zusammenpacken.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 30, 2022 ⏰

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