3 || Lena's Ernte

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Lena Kentwell

Kyle's Hand hielt meine fest umschlossen. Sie war warm und feucht. Es war angenehm ihn bei mir zu haben, auch wenn ich mich eigentlich nicht vor der Ernte fürchtete. Auch vor den Hungerspielen fürchtete ich mich nicht, nicht wirklich. Das einzige, wovor ich Angst hatte war, dass ich von ihm getrennt sein könnte, für immer. Nachdem ich vier Jahre meines Lebens mit ihm an meiner Seite durchlebt habe, ist es kaum vorstellbar ohne ihn weiterzumachen.

"Ich muss gehen", sagte er auf einmal mit rauer Stimme, "zu den anderen Jungen in meinem Alter"

Ich nickte. Zur Verabschiedung hauchte er mir einen sanften Kuss auf die Wange. Ich lächelte und schaute ihm hinterher - er drehte sich immer wieder noch einmal zu mir um - bis er von der Menge verschluckt worden war. Ich senkte meinen Blick.

"Willkommen, willkommen", hauchte die Moderatorin. Sie trug ein hübsches Kleid mit einem Farbverlauf von hellem zu dunklem lila. Der Stoff war überzogen mit einer hauchdünnen Glitzerschicht und Blumenmustern.

"Es ist so weit, die 13. Hungerspiele stehen bevor. Ach, bin ich gespannt, was und dieses Jahr erwartet. Da bin ich bestimmt nicht die Einzige", flötete sie und rieb sich die Hände. Zustimmendes Gemurmel und begeisterte Rufe aus dem Publikum erklangen. Ich nickte zustimmend. Ich melde mich freiwillig, der Gedanke schwebte durch meine Gedanken. Ich war bereit die Worte laut auszusprechen. Schon von dem Beginn meines Lebens an wurde ich auf die Hungerspiele vorbereitet. Ich hatte stundenlang gelernt, hart trainiert und ich war bereit, bereit die Tradition meiner Familie fortzusetzen.

Schon seit langer Zeit war es bei den Kentwell's Tradition, dass sich die erstgeborene freiwillig für die Hungerspiele meldet. Ich hatte nicht vor etwas anderes zu tun. Ich musste meiner Familie würdig sein.

"Kommen wir zu dem weiblichen Tribut", sagte die Moderatorin gerade, als ich aus der Menge hervortrat. Ich musste es tun, bevor jemand mir zuvorkam.

"Ich melde mich freiwillig!", rief ich mit deutlicher Stimme. Ich trat einen weiteren Schritt aus der Menge hervor, damit man mich gut sehen konnte. Die Dame auf der Bühne lächelte. Sie hatte es wohl nicht anders erwartet.

Ich warf einen suchenden Blick in die Reihen neben mir, als ich zur Bühne ging. Mein Blick traf auf Kyle's. Pures Entsetzen und Verzweiflung waren in seiner Miene zu lesen. Es versetzte mir einen Stich. Kyle wusste von der Tradition meiner Familie und er hatte mich immer angefleht es nicht zu tun, aber ich bereue meine Tat nicht, nicht im geringsten. Ich war mutig, ich war stark und ich werde die Hungerspiele gewinnen. Ich werde zu ihm zurückkehren.

Als ich auf der Bühne stand, folgte ich mit meinem Blick der Moderatorin, die nun zum Glas der Jungen ging. Ich hielt den Atem an, als sie schleichend langsam nach einem Zettel griff. Es kam mir wie eine Unendlichkeit vor, bis der Zettel endlich aufgefaltet war.

„Liam Kentwell", rief die Moderatorin aus. Mir stockte der Atem. Nein, Schoss es mir durch den Kopf, nicht Liam. Nicht, weil ich ihm schlechte Chancen zurechnete, sondern, weil wir zusammen, gegeneinander antreten werden. Und einer von uns wird sterben müssen.

Mein Bruder, Liam, trat aus der Menge hervor, sein Gesichtsausdruck war ernst. Mit undeutbarer Miene bahnte er sich einen Weg durch die Menschenmasse, bis er bei mir angelangt war.

"Wie heisst du denn?", fragte die Moderatorin neugierig. Ihre Augen fixierten mich, sodass ich mich unweigerlich beobachtet fühlte.

"Lena Kentwell", antwortete ich mit fester Stimme und einem bezaubernden Lächeln.

"Ich wette, dass ihr Geschwister seid", rät sie und presst ihre Lippen zusammen, sodass nur noch ein schmaler Strich zu sehen ist.

"Genau", antworteten wir gleichzeitig auf ihre Frage. Man fuhr sich durch die Haare.

"Wie reizend!", flötete sie, "Bitte einen herzlichen Applaus für Lena und Liam Kentwell, die Tribute der 13. Hungerspiele. Möge das Glück stehts mit euch sein"

Jubel und Rufe schallten aus dem Publikum und er erfüllten den gesamten Platz. Ein aufgeregtes Gefühl machte sich in mir breit. So viele Menschen feuerten uns an, jubelten uns entgegen und hofften, dass wir gewinnen würden.

Da standen wir nun, Seite an Seite, als Tribute der 13. hungerspiele. In meinem Körper breitete sich ein Gefühl aus, Stolz. Es fühlte sich gut an neben Liam zu stehen, als Team, wie wir unsere Familie vertraten. Und egal was passieren würde, wir würden kämpfen bis am Ende und wir werden gewinnen, koste es was es wolle.

MMFF || Die 13. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt