9 || Lou's Training

33 6 0
                                    

Lou Taylor
Mein ganzer Körper schmerzte von dem gestrigen Training. Nach mehreren Stunden Kraftübungen und Kampftraining war ich, am Ende meiner Kräfte, schlafen gegangen. Meine Motivation heute wieder so viel zu trainieren war also nicht all zu hoch. Am liebsten würde ich mich in mein weiches Bett werfen und den ganzen Tag lang schlafen. Doch angesichts der Spiele, die mir bevorstanden, hatte ich wohl keine andere Wahl. Meine Fähigkeiten waren eher begrenzt und ich würde noch vieles lernen müssen, wenn ich gewinnen wollte.

Schlussendlich überredete ich mich dazu, meine Kampffertigkeiten zu verbessern. Schon gestern hatte ich mit Ayla, meiner persönlichen Trainerin, geübt. Mit schnellen Schritten ging ich zur Kampffläche hinüber. Ayla sass am Rand der Fläche auf einem Hocker und blätterte seelenruhig in einem Magazin. Wie schön es wäre jetzt an ihrer Stelle zu sein, keine Sorgen ums Überleben zu haben und einfach nur in einem Magazin zu blättern, dachte ich mir.

Ich unterbrach sie, indem ich ihr freundschaftlich auf die Schulter klopfte. Sie schaute über ihre Schulter zu mir. Kaum hatte sie mich erkannt, schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen.

„Lou, wie schön dich zu sehen. Na, trainieren wir wieder?", fragte sie, ihre Stimme war voller Tatendrang.

„Genau deshalb bin ich hier", antwortete ich. Sie erhob sich sofort und begab sich auf die Kampffläche.

„Gestern haben wir verschiedene Ausweich-Manöver geübt, heute geht es um den Angriff".

Ich nickte bestätigen, um zu zeigen, dass sie weiter sprechen sollte.

„Fangen wir mit etwas einfachem ab". Kurz darauf reichte sie mir, wie ich einen Gegner zu Fall bringen konnte. Es gab die Möglichkeit, die Beine umeinander zu schlingen, sodass der Gegner das Gleichgewicht verlor, oder man warf sich einfach auf den Gegner und schmiss ihn mit Kraft zu Boden. Ich glaube das erste ist eher für mich geeignet. Mit meinem Gewicht und meiner mangelnden Kraft würde es nämlich sehr kompliziert werden, jemanden zu Boden zu werfen.

Ayla stellte sich Boot mich hin, nachdem sie mir alles nötige gezeigt hatte.

„Jetzt versucht es", sagte sie. Ich griff an. Meine Aktionen waren nicht schnell, sondern zögernd. Es war ein komisches Gefühl jemanden angriffen zu wollen, denn man eigentlich mochte. Mit vorsichtigen Bewegungen führte ich die Schritte aus, die Ayla mir beigebracht hatte. Kurz darauf begann Ayla zu wanken. Mit einem leichten Stoss beförderte ich sie zu Boden.

Sie lachte, nachdem ich ihr aufgeholfen hatte.

„War es so schlecht?", fragte ich enttäuscht.

„Nein, nein, es war schon ganz gut, aber du könntest noch ein weniger mehr Kraft ausüben", begann sie, „wenn du mit deinen Gegnern so umgehst, kommst du nicht weiter"

„Ich weiss, aber ich habe das Gefühl, dass ich dir wehtue", antwortete ich.

„Das wirst du bestimmt nicht und wenn doch, das macht mir nichts. Schliesslich werde ich für meinen Job bezahlt. Und jetzt noch einmal" Ihre Stimme duldete keinen Widerspruch, deshalb nahm ich gleich wieder die Angriffsposition ein.

Beim zweiten Mal klappte es schon ein wenig besser. Ich getraute mich auch, mehr Kraft einzusetzen. Schon kurz nachdem ich angegriffen habe, lag Ayla am Boden.

Nach mehreren Wiederholungen hatte ich den Dreh raus. Ich wusste genau, wo ich meinen Fuss oder meine Hand positionieren musste und die Bewegung gelang mit geschmeidiger als zuvor. Ayla erhöhte nach und nach die Schwierigkeit, indem sie sich zu wehren begann.

Als ich Ayla mehrere Male besiegt hatte, fuhren wir mit einer anderen Übung fort. Bei dieser lebte man, wie man dem Gegner eine Waffe aus der Hand schlug. Wir bearbeiteten verschiedene Varianten. Bei manchen riss man sie skrupellos aus der Hand, bei anderen holte man mit dem Fluss aus und schlug gezielt zu.

Die Variante mit dem Fusstritt war schwerer als ich dachte. Bei Ayla hatte sie so einfach ausgesehen, leichtfüssig, doch als ich sie nachzumachen versuchte, scheiterte ich kläglich. Einmal verlor ich das Gleichgewicht, ein anderes Mal traf ich die Waffe, die momentan nur ein Holzstab war, nicht. Einmal hätte ich um ein Haar Aylas Gesicht getroffen.

Aber nachdem ich die Bewegung um die hundert mal wiederholt hatte, blieb sie in meinem Gehirn hängen. Von da an wusste ich, was ich zu tun hatte, zumindest fast immer. Manchmal misslang sie mir immer noch.

Es folgte eine Übung, bei der man seinem Gegner in einer schnellen Bewegung die Arme auf den Rücken drehte. Diese Übung sah schon von Anfang an schwer aus und das war die auch. Es war schwer die Arme des Angreifers im richtigen Moment zu erwischen, sie überhaupt zu erwischen. Auchdas Drehen war nicht ganz einfach, denn man musste selbst auch eine Art Drehung machen. Ich verwechselte in der Eile ständig die Richtungen, griff mit den Händen an die falsche Stelle oder handelte mit Zuwenig Schnelligkeit.

Wir liessen die Übung mehr oder weniger ausführbar hinter uns und begannen weitere. Einer nach der anderen nahmen wir uns vor, bis ich eine ganze Reihe davon beherrschte.

„Bereit für rin kleines Duell", fragte Ayla, „Ich werde dich nicht zu hart rannehmen", fügte sie hinzu, als sie meinen zögernden Gesichtsausdruck sah.

„Oke", sagte ich zögerlich und nahm Stellung in der Angriffsposition.

„Los geht's", rief sie. Ich ging zögerlich auf sie zu, versuchte den Trick anzuwenden, mit dem ich sie zu Boden bringen konnte. Sie war vorbereitet und ich zu langsam. Sie ergriff meine Handgelenke und stiess mich von sich hört. Ich taumelte ein paar Schritte rückwärts, dann hatte ich mich wieder gefasst.

Sie liess ihre Rechte Faust in meine Richtung gleiten. Ich zuckte erschrocken zusammen und hob abwehrend die Hände über den Kopf. Mist, ich durfte nicht einen Rückzieher machen. In der Arena würde er meine Todesurteil bedeuten. Ich musste meine Furcht vor dem Kampf überwinden.

Ayla hatte bemerkt, wie ich zurückgewichen war. Mitleidig blickte sie in meine Richtung.

„Lass uns noch einmal die einzelnen Übungen ansehen", sagte sie und ich war ihr dankbar dafür, auch wenn ich das Nahkampftraining eigentlich nötige Haare. Sie wusste es genau so gut wie ich, dennoch lies sie es sein, weil sie wusste, dass ich mich davor fürchtete.

Wir übten wieder verschiedenste Übungen. Manche wiederholten wir zur Repetition. Nach schätzungsweise drei Stunden beschloss ich noch etwas anderes zu tun.

„Bis zum nächsten mal", sagte ich zur Verabschiedung, auch wenn ich nicht wusste, ob es ein nächstes Mal geben würde. Es war das letzte Trainings und übermorgen würde es bereits in die Arena gehen. Ob ich sie noch einmal sehen würde, war also ungewiss.

Unendliche Liegestützen, Sit-ups und Klimmzüge später war ich schweissgebadet. Mein ganzer Körper schmerzte, aber meine Training war noch lange nicht fertig. Es erwartet mich noch viele andere Kraftübungen und der gehasste Ausdauerlauf. Bei dem Gedanken daran, verliess mich auch der letzte Funken Motivation. Deshalb verbannte ich den Gedanken an die nächste Übung und konzentrierte mich stattdessen auf die aktuelle.

Nach den Ausdauerlauf ging ich noch zu einer der Überlebens-Stationen. Ein Feuer zu machen hielt ich momentan nicht für nötig, aber giftige Pflanzen wollte ich erkennen können, um nicht an einer mickrigen Pflanze oder gar einem Blümchen zu Grunde zu gehen.

Der Tag Schritt fort, ich trainierte und trainierte und trainierte, bis es draussen langsam begann dunkel zu werden. Durch ein hohes Fenster konnte man den Himmel sehen, die Sonne ging unter. Ich packte meine Sachen zusammen und ging in Richtung meinem Zimmer, den vielversprechenden Gedanken im Kopf, dass ich mich nun endlich in das wunderbar weiche Bett legen konnte.

MMFF || Die 13. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt