Kapitel 30
Theas POV
Der heutige Tag hat mir wieder vor Augen geführt, dass ich nicht sicher in. Dass ich absolut nicht sicher bin. Dass er mir immer und überall auflauern könnte.
Als der Gong die letzte Stunde beendet, schnappe ich mir schnell meine Sachen und verlasse fluchtartig das Klassenzimmer. Meine Mitschüler haben mich in letzter Zeit zwar alle in Ruhe gelassen, ich möchte aber mein glück heute nicht herausfordern. Nicht, dass sie sich daran erinnern, dass sie mich schon lange nicht mehr geärgert haben.
Als ich das Schulgebäude verlassen habe, stehe ich unschlüssig auf den Treppen. Matteo hatte heute eine Stunde früher aus, was bedeutet, dass ich heute alleine zurück zum Waisenhaus laufen muss. Aber was, wenn mein Vater mir wieder auflauert? was, wenn er mich dieses Mal erwischt, wenn ich alleine unterwegs bin?
Mein Atem geht immer schneller und ich merke, dass ich mich langsam aber sicher einer Panikattacke nähere. Schnell verziehe ich mich von den Treppen und suche mir einen sicheren Platz, damit mich keiner sieht. Dort gehe ich in die Hocke, mache mich ganz klein und schaukle leicht vor und zurück.
Tränen der Verzweiflung und Angst rinnen mir übers Gesicht, ich zittere am ganzen Körper und kann nicht verhindern, dass die Angst meinen Körper übernimmt.
Was habe ich nur angerichtet? Wieso bin ich zur Polizei gegangen? Wieso musste ich ihnen alles erzählen? Klar, sie haben mich von meinem Vater geholt und das Leben im Waisenhaus ist gar nicht mal so schlecht, aber... solange mein Vater noch frei herumläuft, bin ich nicht sicher. Nicht mal das Kontaktverbot wird ihn aufhalten, mich zu suchen und mir weh zu tun.
Meine Hände sind fest an meinen Kopf gelegt und mit meinen Fingern raufe ich mir die Haare. Im nächsten Moment kralle ich mir die Fingernägel fest in die Kopfhaut, in dem kläglichen Versuch, somit die Gedanken und meine aufsteigende Panik zu vertreiben. Es hilft leider absolut gar nichts.
Meine Augen sind fest geschlossen, während ich so in einer Ecke neben den Treppen sitze, geschützt von einem Busch, damit mich niemand entdeckt. Ich fühle mich hier einigermaßen sicher, aber ich habe absolut keine Ahnung, wie ich zurück ins Waisenhaus kommen soll.
Leise schluchze ich auf, kann es nicht mehr unterdrücken. Ich hoffe, dass niemand in der Nähe ist, der mich hört und nach mir schauen kommt. Nicht vorstellbar, was geschehen würde, wenn mich einer meiner Klassenkameraden in diesem Zustand sehen würde.
Als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legt, kreische ich laut auf und versuche sie schnell von mir zu schlagen. Gleichzeitig suche ich krampfhaft nach einem Ausweg, ohne mein Gegenüber überhaupt anzusehen. Es ist mein Vater. Ich bin mir zu 100% sicher, dass er mich gefunden hat. Dass er mich jetzt gefunden hat und mich zur Strecke bringen will. Er will mich umbringen, das Leid ein für allemal beenden. Und ich bin ihm hilflos ausgeliefert. Mein bis eben einigermaßen sicherer Zufluchtsort hat sich innerhalb der letzten Sekunden zu meiner persönlichen Falle entwickelt.
Hektisch atmend drücke ich meinen Rücken fest gegen die Hausmauer und schlage mir die Hände vors Gesicht. Tränen der Angst und Verzweiflung laufen meine Wangen nach unten und mein Schluchzen wird immer lauter. Bis ich plötzlich mein Gegenüber sprechen höre.
"Thea? Thea, ganz ruhig!"
Hände legen sich an meine Arme und führen sie vorsichtig nach unten. Sobald sie über meine Augen sind, sehe ich meinen Klassenlehrer, der mich mit großen Augen mustert.
"Thea, was ist denn los?", flüstert er geschockt.
Ich würde ihm so gerne antworten, ihm sagen, was in mir vorgeht, aber ich kann nicht. Mich durchflutet eine Welle der Erleichterung, das Adrenalin, das bis eben noch durch meinen Körper geflutet ist, verlässt diesen wieder fluchtartig und ich spüre, wie meine Füße unter mir nachgeben.
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Fear of Nothing
FanfictionAngst. Das ist ein Thema, das Thea Smith nicht an sich heranlassen möchte. Aus einem ganz einfachen Grund: es würde sie in eine tiefe Düsternis ziehen, aus der sie nie wieder herauskommen würde. Thea ist ein 16-jähriges Mädchen, das von ihren Mitsch...