Kapitel 23

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Lucian

„Bitte, versuch' nicht mich umzustimmen. Ich brauche erstmal Abstand. Abstand von der ganzen Sache. Abstand von dir und dem, was zwischen uns ist..." Bei dem letzten Satz schaute sie mir tief in die Augen. Ich konnte spüren, wie mein Herz zerbrach.

„Isalie..." Meine Worte waren nicht mehr als ein Hauch. Doch sie spiegelten alles wider, woran ich in dem Moment glaubte.

„Bitte folge mir nicht, wenn ich gehe." Tränen rollten ihr über die Wange. Ich konnte sehen, wie schwer es ihr fiel, mich zurückzuweisen. Doch sie versuchte, es zu verstecken. Sie wusste nicht, dass sie mir in einer so emotionalen Zeit, all ihre Gefühle offenbarte. Unser Band wurde mit der Zeit immer stärker und zu merken, dass es riss, tat ziemlich weh.

„Wirst du wiederkommen?", fragte ich sie voller Hoffnung. Ich konnte uns nicht einfach so aufgeben. Sie wandte sich von mir ab. Alles in mir schrie vor Schmerz. Jede einzelne Faser meines Körpers und ich wusste, sie fühlte das Gleiche. Sie konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass diese Entscheidung die Richtige für sie war. Sie brauchte Hilfe und Stabilität... Wenn ich doch nur wüsste, wohin sie gehen wollte.

„Ich weiß es nicht..." Ohne weiter nachzudenken, rannte sie in den dunklen Wald. Ich konnte nicht anders, als ihr nachzuschauen. Ich hoffte so sehr, dass sie sich abermals umdrehte, doch sie tat es nicht. Sie verließ mich. Ich konnte es nicht zulassen... Ich müsste ihr folgen, sie suchen und ich werde sie finden, egal was auch passieren wird.


Stundenlang saß ich auf der Veranda und starrte auf den dunklen Weg, auf dem sie ins Nichts verschwunden war.

„Hey, Luc..." Accalia sah, wie betrübt ich war.

„Sie ist weg... Isalie ist gegangen." Sie setzte sich neben mich. Als Trost legte sie ihren Kopf auf meine Schulter. Im Moment brauchte ich niemanden zum Reden. Ich brauchte lediglich Gesellschaft.

Ich liebte Accalia dafür, dass sie immer wusste, was das Richtige für mich war. Wahre Freunde merken schon an der Art, wie du schweigst, wie es dir wirklich geht. Minutenlang saßen wir still nebeneinander. Man hörte nur die Grillen in der Ferne zirpen.

„Sie wird zurückkommen, Luc." Accalia hob ihren Kopf wieder, um mir in die Augen sehen zu können.

„Woher willst du das wissen? Du hast das Gespräch vorhin nicht mit angehört... Es war schrecklich." Ich hob meinen Kopf und betrachtete den Nachthimmel. Er war klar und hell.

„Weil ich weiß, wie sie dich ansieht. Sie liebt dich." Sie zwang mich, ihr in die Augen zu sehen. Sie wollte, dass ich ihre Worte verstand.

„Sie hat mir gesagt, dass sie mehr fühlt. Doch woher soll ich wissen, dass es wahre Liebe ist." Gab ich zu schnell auf? War ich zu naiv?

„Ihr seid füreinander bestimmt, Luc. Das ist Schicksal und was nicht ist, kann immer noch werden. Wahre Liebe ist, wenn das Leben ohne den Anderen für dich unvorstellbar ist, wenn du das, was du im Herzen fühlst, mit Worten nicht mehr ausdrücken kannst." Accalia blieb ruhig, doch sie fühlte mit mir.

„Wie soll ich wissen, ob ich sie tatsächlich liebe oder ob es nur unsere Seelenverbindung ist, die mich indirekt zwingt, so zu fühlen?" Was war nur mit mir los? Sie packte mich an beiden Schultern.

„Ich kenne dich. Du bist zu ihr so ehrlich, wie du es bis jetzt bei niemandem warst. Immer, wenn du mit ihr zusammen bist, dann fährt dein Stresslevel herunter und all deine negativen Emotionen verblassen. Wahre Liebe schaut nicht weg. Du möchtest jeden Teil von ihr sehen, sowohl den guten als auch den schlechten. Du fährst deinen Schutzwall herunter und riskierst, verletzt zu werden und dass du jetzt hier so sitzt, bestätigt meine Aussage. Du liebst sie und würdest alles dafür tun, dass sie wieder zurückkommt. Also kämpf um sie." Ihre Worte waren ernst gemeint. Sie bewegten mein Inneres. Accalia hatte es geschafft.

Wolfsmädchen - Im Schatten des WaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt