19 - 5 Stunden

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Ein paar Tage später - Abreisetag

„Dubai ist verdammt weit weg, oder?" fragte ich Felix, nachdem ich von seinem nackten Körper stieg und mir mein Shirt überzog. Er hatte mich extra von der Arbeit abgeholt und war noch mit zu mir gekommen, damit wir uns, wie er es so schön nannte „vernünftig verabschieden konnten."
„Geht. Knapp 5 1/2 Stunden Flugzeit." antwortete er, während er sich aufsetzte und mich mit zufriedenem Blick beobachtete. Mein Magen zog sich zusammen bei dem Gedanken, dass er in wenigen Stunden schon nicht mehr in Berlin sein würde. Was, wenn ihm auf dem Flug etwas passieren würde? 50 verschiedene Szenarien verankerten sich plötzlich in meinem Kopf.
Mein Herz fing an zu rasen. Seufzend setzte ich mich auf die Kante meines Bettes.
Beruhige dich, Katha. Er wird zurück kommen.
„Alles okay?" fragte er besorgt und rutschte zu mir herunter.
„Ich... kannst du... ich meine, kannst du dich melden, wenn du dort angekommen bist? Und auch zwischendurch mal?" fragte ich vorsichtig und versuchte dabei, seinen Blicken auszuweichen.
„Klar, das werde ich." versicherte er mir. „Was ist denn los?"
Ich atmete schwer durch. „Es ist nur... ich bin, also..." stammelte ich. „Ich muss einfach nur wissen, dass du wohlbehalten wieder kommst, okay?"
Ich kam mir wahnsinnig bescheuert vor. Grade hatten wir noch fantastischen Sex und wie aus dem Nichts überfiel ich ihn jetzt mit meinen komischen, irrationalen Ängsten.
„Ah." Felix streichelte sanft meinen Rücken. „Ich verstehe."
„Tust du das?" fragte ich erstaunt. Ich verstand mich in diesem Moment ja nicht einmal selber.
Er nickte. „Ich verspreche dir, ich komme heile wieder."
Ich schüttelte den Kopf. „Das kannst du nicht versprechen. Was ist, wenn das Flugzeug abstürzt? Oder du von einem Hochhaus fällst? Überfallen und abgestochen wirst? Einen Autounfall hast? Du kannst mir nicht versprechen, dass nichts davon passieren wird."
Resigniert sah er mich an. „Das kann mir genau so gut auch alles hier in Berlin passieren."
„Wow, das macht's natürlich besser." sprach ich in einem viel zu passiv-aggressiven Ton und wandte mein Gesicht von ihm ab. Einen Moment lang sagte keiner von uns etwas, bis ich die Stille wieder brach. „Tut mir Leid, ich kille grade übelst den Vibe. Ich bin einfach wieder Psycho, vergiss es." murmelte ich.

„Nein." entgegnete er bestimmt. „Ich kann deine Angst verstehen. Ich meine, deine Eltern..." er verstummte kurz. „Ich kann's verstehen, wirklich."
„Mhm." erwiderte ich und knibbelte dabei nervös an meinen Fingerspitzen.
„Ich melde mich in jeder freien Minute, versprochen." er stand auf und zog sich seine Boxershorts über.
„Ach man, nein. Das musst du auch nicht. Du bist mir nichts schuldig." ich rieb mir mit den Händen über's Gesicht, um die fiesen Gedanken in meinem Kopf zu ordnen und wieder normal denken zu können. Felix musste doch denken, dass ich nicht ganz dicht bin und höchstwahrscheinlich hatte er damit auch Recht.
„Ich weiß. Ich mache das auch nicht, weil ich mich dir in irgendeiner Weise verpflichtet fühle. Ich tue das, weil ich es so möchte." er stellte sich vor mich und streckte mir auffordernd seine Hände entgegen. „Komm mal her."
Vorsichtig legte ich meine Hände in seine, dann zog er mich zu sich hoch. „Guck mich an." forderte er und ich sah langsam zu ihm auf. Seine blauen Augen blickten mich verständnisvoll an.
„Mir wird nichts passieren. Man, ick komm' aus Neukölln, Alter. Wenn ick das überlebt habe, werd' ick jawohl auch so'n lächerlichen Trip nach Dubai überleben." lachte er und ich musste automatisch schmunzeln. „Lass du dich lieber nicht hier von irgendwelchen Arabs ficken, man. Und das mein' ick wortwörtlich UND im übertragenen Sinne."
„Keine Sorge, ich stehe eher auf blond und blauäugig." grinste ich.
„Ah ja?" fragte er und grinste ebenfalls.
„Ja. Optional gerne auch mit Nasenring und Gucci Pullover."
„Klar, darauf stehen die Weiber." lachte er und warf einen kurzen Blick auf die goldene Rolex an seinem Handgelenk.
„Ich muss jetzt los." sprach er geknickt. Ich nickte und lies seine Hände wieder los.

Viel zu schnell für meinen Geschmack, zog er sich Jeans, Pulli und seine Schuhe an und warf sich die Jacke über. Ich führte ihn die paar Meter bis zur Tür und blieb mit ihm im Rahmen dieser stehen. Dann sah er noch einmal an mir herunter und biss sich auf die Unterlippe. „Diesen Anblick werde ich vermissen."
Ich streckte meine Arme nach ihm aus und wir umarmten uns, wobei er mich einmal kurz hoch hob und dann wieder sanft absetzte.
„Ich meld' mich, Kleine." sprach er leise in mein Ohr und ich drückte ihn fester, wollte ihn einfach nicht loslassen.
„Ich muss jetzt wirklich los." lachte er.
„Ganz kurz noch." bettelte ich, atmete noch einmal seinen Duft ein und ließ ihn einen Moment später los.
„Tschüss dann." sprach er langsam und lächelte mir noch einmal zu.
„Bye." erwiderte ich, drehte mich um und schloß ganz langsam die Tür hinter mir. Ich atmete einmal tief ein und aus und schaute sehnsüchtig zum Bett, auf dem wir beide bis eben noch lagen.
„Überleg's dir noch... bitte überleg's dir noch..." betete ich leise vor mich her und grade als ich mich zurück in's Bett verkriechen wollte, klopfte es an der Tür.
Hoffnungsvoll riss ich die Tür auf und Felix stand wieder vor mir.
„Scheiß drauf, Ich nehm' den nächsten Flug." sprach er, nahm meinen Kopf in seine Hände und küsste mich. Dabei trat er mit seinem Fuß die Tür hinter uns zu und drängte mich rückwärts auf's Bett. Er streifte sich seine Jacke ab, warf sie zu Boden und beugte sich über mich. Glücklich sah ich ihn an, strich mit meiner Hand über seine Wange. „Ich hab' gehofft, dass du wieder kommst."
„Wir haben 5 Stunden bis der nächste Flug geht. Dann muss ich aber wirklich los." beteuerte er.
„5 Stunden können eine halbe Ewigkeit sein, wenn man sie richtig nutzt." sprach ich und küsste ihn.
„5 Stunden vergehen wie 5 Minuten wenn wir zusammen sind." erwiderte er und wirkte dabei ein wenig traurig.
„Dann lass uns weniger reden." ich küsste ihn erneut. „und mehr Sex haben."
Die kurze Traurigkeit verflog aus seinem Gesicht und wurde durch ein freches Grinsen ersetzt. „Wenn ich mit dir fertig bin wirst du froh sein, dass ich ne Woche weg bin."
Ich sah ihm in die Augen und eine wohltuende Wärme durchströmte meinen Körper. Dann schüttelte ich den Kopf. „Niemals."

Despite it all (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt