13 - Felix Lobrecht ist tot

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Ein schrilles Geräusch riss mich aus meinem kurzen Schlaf. Ich öffnete leicht die Augen und kniff sie wieder zusammen, als das Tageslicht in ihnen brannte. Felix, der neben mir lag, grummelte einmal kurz. Dann spürte ich, wie er das Bett verließ. Ich hörte ein paar Schritte, kurze Stille und wieder ein paar Schritte, dann lag er wieder neben mir. Ich drehte mich zu ihm und fragte mit geschlossenen Augen: „was war das?"
„pscht!" machte er. „Irgendein Heizungsulli, der hier wahrscheinlich was ablesen will." flüsterte er. „Schlaf weiter."
„Mhm." murmelte ich und drückte meinen Kopf tiefer in's Kissen. Ich war grade wieder eingeschlafen, als es ein zweites Mal klingelte.
„Samma?!" raunte Felix, stieg aus dem Bett, ging zur Wohnungstür und kam wieder zurück. „War schon wieder dieser Typ."
„Willst du ihn nicht reinlassen?" fragte ich mit müder Stimme.
„Nein, man. Es ist 8 Uhr, alter. Ick lass hier jetzt niemanden rein. Sollen die halt mal irgendwat erfinden, wat man nicht ständig ablesen muss." murmelte er.
Ich öffnete leicht die Augen und musterte ihn. Die Bettdecke grade so bis zur Hüfte gezogen, verdeckte seine enge Hilfiger Boxershorts, von der nur der Saum leicht herausblickte. Seine muskulöse Brust bewegte sich durch seine Atmung auf und ab. Seine makellose Haut, welche vom Sonnenlicht angestrahlt wurde, brachte mich fast dazu, ihn einmal kurz berühren zu wollen. Nur um zu überprüfen, ob sie sich genau so weich anfühlte, wie sie aussah. Es war wirklich nicht zu leugnen: dieser Mann war heiß. Verdammt, ich hatte echt zu lange keinen Sex mehr gehabt. Ich sollte nicht über sowas nachdenken. Gedankenverloren biss ich mir auf die Unterlippe.
„Kannst du nicht mehr schlafen?" fragte Felix, drehte seinen Kopf zu mir und sah mich an.
Ich fühlte mich ertappt und musste mich einmal heftig räuspern. „Eh, doch bestimmt." stammelte ich, während ich meine Gedanken ordnete.
„Du hast mega die Gänsehaut." er deutete auf meinen linken Arm, der über der Bettdecke lag. „Ist dir kalt?"
Um ehrlich zu sein war mir in diesem Moment eher ein bisschen zu warm, aber das musste er ja nicht unbedingt wissen.
„Nein, alles gut." ich ließ meinen Arm unter der Decke verschwinden.
„Okay. Kannst ruhig ein bisschen näher kommen, wenn dir kalt ist. Ick bin ne gute Heizung hab ick mir sagen lassen." grinste er, seine Stimme noch immer rau von dem wenigen Schlaf.
„Hast du dir das von deinen „Kontakten" sagen lassen?" fragte ich und seine müden Augen leuchteten auf. „Vielleicht."

Als ich nach einem weiteren kurzen Schlaf aufwachte, lag ich eng an Felix gekuschelt, meinen Arm um seinen Bauch gelegt. Als ich verstand, was ich hier grade tat, schreckte ich leicht auf. Ich sah zu Felix rüber, der noch immer leise atmend schlief. Vorsichtig bewegte ich meine Hand und konnte dabei meinem müden Verstand nicht verwehren, einmal kurz über seinen Bauch zu streicheln. Ja, seine Haut war genau so weich wie ich es mir vorgestellt hatte. Sein angenehmer Geruch stieg mir in die Nase.
„Hey." murmelte er und öffnete leicht seine Augen. Ich erschrak und riss meine Hand zurück.
„Hi." antwortete ich leicht beschämt.
„Wie spät ist es?" fragte er.
Ich drehte mich zu meinem Handy und checkte die Uhrzeit. „Gleich 12, warum?"
Er schreckte hoch und war sofort hellwach. „Fuck, ich wollte gar nicht so lange schlafen." er nahm sein Handy und entsperrte es. „Was zum...?"
„Was ist los?" fragte ich verwirrt.
„17 Anrufe in Abwesenheit." er scrollte über den Bildschirm. „Mein Bruder, meine Agentin, meine Mitarbeiterin Quinn... Nachrichten von Tommi... sag mal, was is'n hier los?!" völlig verwirrt durchforstete er die Benachrichtigungen, als es plötzlich an der Haustier klingelte.
Schnell stand er auf und ging zur Wohnungstür. „Ja? - Häh, was? - Ja, natürlich ist alles in Ordnung. - Nein, ick hab einfach nur gepennt. - Ja. - Echt?  - Nee, ist wirklich alles gut. - Yo, mach ich. Ciao." er kam zurück in's Schlafzimmer und kratzte sich am Kopf. „Das war Quinn. Die denken alle, es wäre irgendwas passiert." lachte er.
„Wieso denn das?" fragte ich.
„Na weil ick Tommi anscheinend jesagt habe, dass wir heute um Ölf Uhr aufnehmen."
„Wann?" lachte ich.
„Ja ja, sehr witzig. Ich muss jetzt erstmal jedem Bescheid sagen, dass ich noch lebe. Willst'n Kaffee?" fragte er und schnappte sich sein Handy.
„Gerne." antwortete ich. Als er in's Wohnzimmer lief und ich hörte, wie er mit jemandem telefonierte, stand ich auf und zog mir meine Klamotten, die ich gestern Abend auf den Stuhl gelegt hatte, an.
Was war das eben für eine komische Situation? Ich konnte mich nicht daran erinnern, mich irgendwann an ihn gekuschelt zu haben. Da war ich gar nicht der Typ für. Er schien das alles irgendwie überhaupt nicht komisch gefunden zu haben. Sollte ich ihn darauf ansprechen oder lieber nicht? Mich dafür entschuldigen? So: „Hey, sorry dass ich eben deinen Bauch gestreichelt habe. Es überkam mich irgendwie." Nein, auf keinen Fall. Thema abhaken, fertig.

Ich folgte ihm in's Wohnzimmer und bekam noch einige Gesprächsfetzen des Telefonats mit.
„Also, Tommi, jetzt ohne Scheiß. Ich kann mich null daran erinnern, dass wir Ölf abgemacht hatten. - Ja. - Ja, tut mir auch wirklich Leid, aber ich hatte es einfach nicht auf dem Schirm. - Wat machste denn auch gleich Gott und die Welt verrückt, alter?! Wat soll mir denn passiert sein? - ick hab nicht mal Fliesen!" lachte er. „15 Uhr, kriegen wa hin. - Ja, Thomas. Ich werde erreichbar sein. - Ja, tschöss!"
„Wissen jetzt alle, dass du noch lebst?" fragte ich belustigt.
„Ja ey." lachte er. „Das ist jetzt schon so ein komischer Tag. So fängt doch keen normaler Tach an, ey." er stellte eine Tasse Kaffee vor mich auf den Tisch.
„Danke." erwiderte ich. Was genau meinte er damit? Nur die Situation, dass ihn alle für tot hielten oder auch die Sache, dass ich ihm wirklich weird den Bauch gestreichelt habe? Ich wurde langsam paranoid. Er musste das gemerkt haben. Er wurde davon ja schließlich wach. Jedenfalls vermutete ich das.
„Übrigens bin ich ab Morgen für drei Tage in Köln. Da können wir uns also nicht treffen. Wegen dem Buch meine ich." erklärte er und setzte sich an den Tisch. Ich setzte mich ihm gegenüber.
„Wegen deS BuchS." korrigierte ich ihn.
„Ja, meinetwegen. Jedenfalls komme ich Donnerstagabend wieder. Wollen wir uns dann Freitag hier zusammen setzen? Können ja dann Abends hier n' bisschen saufen. Bin ich meinen Jungs schuldig." sprach er und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.
„Klar, warum nicht?! Ich hab Freitag und Samstag frei. Wenn es so bleibt und nicht wieder jemand kurzfristig ausfällt." ich verdrehte die Augen.
„Gut. Kannst dann auch wieder hier pennen."
Ich nickte und stellte meine Tasse auf den Tisch ab.
„Aber nicht wieder meinen Bauch streicheln, das hat ganz schön gekitzelt." witzelte er, gefolgt von einem schelmischen Grinsen und ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.

Despite it all (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt