62 - Wahnsinnig

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Hamburg

„Wir müssen etwas am Versand ändern. Der dauert viel zu lange. Ich habe hier wahnsinnig viele Mails von Leuten die fragen, wann die Klamotten verschickt werden" erklärte ich Julian, als wir in der Lobby des Atlantik Hotels saßen und ich mit kritischen Blicken den Mail-Verteiler durchforstete.
„Da haben wir aber keinen Einfluss drauf, das läuft alles über unseren Anbieter." erwiderte er achselzuckend.
„In Zeiten von Amazon Prime und Expresslieferungen kann es tödlich sein, wenn die Leute zwei Wochen oder länger auf ihre Bestellung warten müssen. Jeder Fast Fashion Shop aus China liefert schneller als wir."
„Mhm." machte er und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. „Was sollen wir denn machen? Alles selbst in die Hand nehmen?" Seine Frage war eher ironisch gemeint, allerdings war es genau das, was ich im Kopf hatte.
„Zum Beispiel." sprach ich und sah ihn auffordernd an.

„Bist du wahnsinnig? Dafür bräuchten wir ein Lager, genug Leute, um die Bestellungen abzuwickeln, die richtige Technik und so weiter. Weißt du, wie teuer das ist?" fragte er. „Mal ganz davon abgesehen, dass gutes Personal schwer zu finden ist."
„Wir geben 20% aller Einnahmen an den Anbieter ab. Das Geld könnten wir genau so gut in unser eigenes, kleines Versandhaus stecken." erklärte ich. „Ich sag dir ganz ehrlich, wenn ich so lange auf meine Bestellung warten müsste, würde ich mir 3x überlegen, ob ich den Stuff überhaupt bestelle. Die Leute sind verwöhnt und möchten immer am Liebsten alles sofort haben. Früher oder später wird uns das das Genick brechen. Merch würde immer noch genug auf Tour verkauft werden. Aber was ist mit den 12k Sachen?"
„Ich verstehe den Gedanken dahinter." sprach Julian. „Aber ich glaube nicht, dass sich das rentieren würde. Sieh dir die Zahlen an." er tippte mit seinem Zeigefinger auf dem MacBook herum. „Die sind gut, ja. Aber nicht gut genug, um deinen Plan umzusetzen. Wir müssten dafür noch ordentlich in unsere eigene Tasche greifen und mit wir meine ich Felix und mich. Alleine kann ich so eine große Entscheidung sowieso nicht treffen."
„Das weiß ich. Aber stell dir mal vor, wir lassen wirklich alles über uns alleine laufen. Tickets, AYCE Merch, Gemischtes Hack Merch, 12k Klamotten. Ich sag dir, das wird sich rentieren."
„Ich werde dann aber nicht da stehen und die Bestellungen verpacken, nur damit das klar ist." sprach er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das sehe ich nämlich schon kommen."
„Natürlich nicht." lachte ich. „Wir kriegen das schon hin."
„Ich rede mit Felix und höre mir mal an, was er davon hält. Aber nicht heute. Der ist sowieso schon nervös genug."

„Ich weiß." seufzte ich. „Er hat die Nacht auch kaum geschlafen. Er macht sich echt Sorgen, dass das mit den Arenen vielleicht doch ne Nummer zu hoch ist."
„Kann ich verstehen. Was macht er denn grade?" fragte Julian.
„Er wollte noch in's Gym, sich ein bisschen ablenken." erklärte ich.
„Gibt's schon was Neues zu eurem Stalker?"
„Hm hm." machte ich und schüttelte den Kopf. „Die Polizei hat sich noch nicht gemeldet. Es kam aber auch keine neue Nachricht bisher."
„Na immerhin. Promiflash hat wieder über euch geschrieben. Die aktuelle Hackfolge war grade mal ne Stunde online." lachte er.
„Habe ich mir schon gedacht. Ich habe auch ein bisschen Panik vor der Show heute. Becci hat gefragt, ob ich für die Arena Tour mit Nadja zusammen am Stand stehen könnte, weil der Andrang bei 12000 Leuten ja doch ein bisschen größer werden wird und Nadja da alleine wahrscheinlich nicht hinterher kommt. Jetzt, wo die Leute wissen wer ich bin, wird das vielleicht nicht so lustig werden." sprach ich nachdenklich.
„Hey, dir wird da niemand was tun. Da laufen überall Secus rum und Nadja ist ja auch noch da. Die ist gefährlicher als sie aussieht, glaub mir." lachte er. „Mach dir keinen Kopf. Wenn du willst, kann ich da heute Abend auch mit am Stand stehen. Dann fühlst du dich vielleicht sicherer."
„Aber Felix braucht dich doch sicher Backstage oder nicht?" fragte ich.
„Ihm wird es wichtiger sein, dass du sicher bist. Für den Soundcheck und den ganzen Orgakram werde ich ja noch Backstage sein. Alles andere kriegen er und Belz auch alleine hin."
„Das ist lieb von dir, danke." sprach ich und schenkte ihm ein dankbares Lächeln.

„Kein Problem." antwortete er. Sein Blick schweifte zu seinem Handy, als dieses den bekannten Nachrichtenton von sich gab. Er grinste bis über beide Ohren.
„Was grinst du so? Hast du grade im Lotto gewonnen?" fragte ich lachend.
Er schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Nee, war nur ne WhatsApp Nachricht."
„Aha." ich zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Von wem denn?"
„Julia." antwortete er kleinlaut und vermied den Blickkontakt.
„Sie hat dir ganz schön den Kopf verdreht, was?" fragte ich und lehnte mich interessiert nach vorne.
„Ach Quatsch. Wir verstehen uns einfach nur ganz gut. Da sind keine Gefühle." erklärte er.
„Ah ja. Nur Sex, keine Gefühle?" fragte ich schmunzelnd.
„Ganz genau." murmelte er, während er auf seinem Handy herum tippte.
„Klar. Und wir wissen ja alle wie gut so ein Arrangement bei den Lobrechts funktioniert."
„Spar dir deinen Sarkasmus, Katharina. Ich bin nicht Felix und Julia ist nicht du. Bei uns funktioniert der Deal."
„Abwarten." entgegnete ich und sah Julian weiter dabei zu, wie er mit einem seligen Lächeln auf den Lippen die Nachricht an meine beste Freundin schrieb.

Despite it all (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt