"Louis, bleib doch stehen! Warum läufst du weg?"
Ich beachte Harry nicht. Er läuft mir hinterher. Irgendwann scheint ihm die Ignoranz zu viel zu werden, da er vor mich joggt und somit zum Stehen bringt. "Was ist denn los?", fragt er. Ich meide seinen Blick und versuche stattdessen, meine Atmung zu beruhigen. "Louis?"
"Es war einfach... es war zu viel... Diese Blicke, die Umarmung, all diese Leute", erkläre ich dann stammelnd. Harry tritt einen kleinen Schritt näher. Er hebt seine Hand, weswegen ich ängstlich zusammenzucke. Sofort lässt er sie wieder sinken. "Dachtest du gerade, ich würde dich schlagen?", fragt er fassungslos. - "I-ich... ich habe versagt... ich habe mich vor deiner Familie blamiert und dich gleich mit... es wäre berechtigt." Ich lasse meine Schultern traurig hängen und blicke auf den Boden. "Niemals würde ich so etwas tun, Louis. Und auch sonst niemand aus dem Rudel. Du hast dich überhaupt nicht vor ihnen blamiert, sie haben längst gemerkt, dass deine Angst nicht direkt gegen sie im Einzelnen ist sondern dass mehr dahinter steckt. Aber deswegen würde dich niemand verurteilen", sagt Harry leise. Nun hebt er doch wieder seine Hand. Diesmal jedoch ganz langsam. Er führt sie zu meinem Kinn und drückt meinen Kopf sanft nach oben, sodass ich ihn ansehe. Seine grünen Augen funkeln hell, als sie auf meine treffen.
"Darf ich dich umarmen?", flüstert er. Etwas unsicher nicke ich langsam. Ein sanftes Lächeln umspielt Harrys Lippen, als er vorsichtig seine Arme um mich legt und meinen Kopf an seine Brust lehnt. Ich erwidere die Umarmung nicht, doch Harry scheint trotzdem glücklich zu sein. Er atmet tief durch und streicht sanft über meinen Hinterkopf. Wie von selbst fallen meine Augen genießerisch zu.Sein Herzschlag ist deutlich zu hören. Langsam und gleichmäßig. Es ist fast schon einschläfernd, zusätzlich zu der Wärme, die mich umgibt. Ich weiß gar nicht, wir lange diese Umarmung anhält, doch irgendwann löst Harry sich langsam und widerwillig von mir. "Sonst schläfst du ja doch noch ein", erklärt er schmunzelnd. Ich nicke bloß und spüre die Hitze in meinen Wangen. Er soll nicht denken, ich hätte die Umarmung genossen.
Es lag nicht an ihm, es war viel mehr diese Nähe, die ich schon seit so langer Zeit nicht mehr gespürt habe."Tja... jetzt hast du die Wahl: Du kannst hier warten, bis ich zurück bin oder du kommst mit und erhältst ein leckeres Essen. Ich verspreche dir, dass sie dich nicht mehr so anschauen werden", versichert Harry mit Nachdruck. - "Ich weiß nicht... Ich gehe wohl besser nach Hause", sage ich nach einem Moment. Die Enttäuschung in Harrys Augen ist deutlich zu sehen, doch er nickt verstehend. "Ich komme später mit dem Werkzeug zu dir, dann bauen wir die Stühle, ja?" - "Bis dann", sage ich nur leise und lasse ihn dann stehen. Ich spüre seinen Blick im Rücken, als ich den Weg nach Hause einschlage. Kurz nach der Abzweigung jedoch bleibe ich stehen und drehe mich noch einmal um. Harry läuft bereits zurück zu seinem Rudel.
~*~
Fast zehn Minuten vergehen, in denen ich still dort stehe und überlege, was ich tun soll.
Auf der einen Seite möchte ich nichts mit Harrys Familie zu tun haben. Sie sind Fremde für mich und an diesem Zustand habe ich auch nicht vor, etwas zu ändern. Andererseits hat Harry jetzt schon so viel für mich getan und er ist so lieb zu mir, dass ich ihn einfach nicht unnötig verletzen möchte. Natürlich spürt er meine Ablehnung ihm gegenüber deutlich, doch er ist im Moment einfach die einzige Person, die sich für mich interessiert. Auch wenn es mir eigentlich egal sein sollte, ist es ein angenehmes Gefühl, wenn man nicht komplett nutzlos und unscheinbar vor sich hin lebt.
Ich entscheide mich also dafür, zurück zu Harry zu gehen. Schon von weitem höre ich die Stimmen und zwischendurch lautes Lachen. Es hört sich so schön an, so harmonisch. Und trotzdem bin ich so unfassbar nervös, mit jedem Schritt den ich gehe wird es stärker.
Ein letztes mal atme ich tief durch und trete in ihr Blickfeld. Sofort springt Harry von seinem Platz auf und kommt lächelnd zu mir. "Du hast es dir anders überlegt?", fragt er hoffnungsvoll. Ich zucke unschlüssig mit den Schultern und versuche, die anderen Rudelmitglieder auszublenden. Trotz Harrys Ankündigung können es einige nicht lassen, uns zu mustern. Erst als Harry sich laut räuspert, wenden sie sich ab und nehmen ihre Gespäche wieder auf. "Sorry", sagt er schief grinsend. "Ist okay", entgegne ich leise. "Komm mit, neben mir ist noch Platz". Harry schnappt sich meine Hand und zieht mich hinter sich her zum Tisch. Er gibt Liam mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass dieser rutschen soll. Schließlich sitze ich zwischen dem Alpha und seinem Beta am Tisch und starre vor mich hin. "Hey Louis", begrüßt Liam mich vorsichtig. "Hallo."
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Secret white lies - L.S.
FanfictionHarry ist auf der Suche nach einem Omega. Seine Kraft schwindet immer mehr, wenn er sich nicht bald auf ein Bündnis einlässt. Ist es also Zufall, dass genau zur richtigen Zeit ein junger Omega in sein Leben tritt? Doch was ist, wenn Harry herausfind...