Kapitel 26

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"Lou.. Aufwachen..." Ich verziehe mein Gesicht und brumme in mein Kissen. Viel zu müde bin ich, als dass ich nun einfach aufstehen könnte. Plötzlich kitzelt mich etwas an meiner Nasenspitze. Aber was ist es? Eine Feder? Ganz egal, Fakt ist, dass ich einen Niesanfall bekomme, wodurch ich mich nun doch aufsetzen muss. "Du bist so gemein", maule ich, als Harry neben mir kichert. Ich öffne meine Augen und sehe ihn genervt an, doch ihn scheint das nicht zu stören. "Ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen, Lou", sagt er grinsend und streicht mir eine Strähne aus der Stirn. Seufzend lasse ich mich wieder zurück auf die Matratze fallen. "Ich stehe nicht auf", sage ich bockig und verschränke die Arme vor der Brust. Harry lächelt verschmitzt und schlägt die Bettdecke zurück. "Das wollen wir mal sehen." Mit diesen Worten geht er ins Badezimmer. Eine ganze Weile höre ich nichts Anderes als Wasserrauschen. Ist Harry duschen gegangen?

Meine Antwort bekomme ich jedoch, als er wieder genauso wie vorher kurze Zeit später zurück ins Schlafzimmer spaziert und zu mir kommt. "Was wird das?", frage ich warnend und rutsche weiter in die Mitte des Bettes. Harry zuckt unschuldig mit den Schultern und grinst bloß. "Ich mache doch gar nichts." Ehe ich reagieren kann, hat er mich schon unter den Beinen und Schultern gepackt und auf seinen Arm gezogen. Kreischend strample ich mit den Beinen und versuche, seinen Griff um mich zu lösen. "Hör auf dich zu wehren, du wolltest ja nicht aufstehen", sagt er lediglich und geht mit mir Richtung Badezimmer. "Nein nein nein, lass mich runter, Harry!" Die Badewanne fällt in mein Blickfeld. Ist das Wasser etwa kalt?!

"Ich habe noch Kleidung an!" Der Alpha schnaubt bloß grinsend und festigt seinen Griff um mich ein wenig, während er sich hinunterbeugt. "Stell dich nicht so an, es ist nur Wasser", sagt er noch. Ich gebe ein letztes Kreischen von mir, sobald ich das Wasser an meinem Po spüre. Aus Reflex halte ich die Luft an, fest davon ausgehend, gleich zu erfrieren.
Doch erstaunlicherweise passiert dies nicht. Harry lacht spöttisch, als ich meine Arme durchs Wasser bewege und feststelle, dass dieses angenehm warm ist. "Du hast mich verarscht!", schimpfe ich. "Habe ich gar nicht, du hast dir nur eingeredet, dass ich dir schaden wollen würde", sagt Harry leise. Betreten senke ich meinen Kopf und beobachte die einzelnen Blubberblasen, die im Wasser aufsteigen. "Ich.. ich muss eben erst lernen, dir zu vertrauen", murmle ich. Im Augenwinkel sehe ich, wie Harry langsam nickt und dann näher kommt. Er kniet sich neben die Wanne und legt seine Hand auf meine Schulter. "Was kann ich tun, um dir dabei zu helfen?", fragt er vorsichtig. - "Ich weiß nicht... Sei... sei einfach du selbst. Dann lerne ich deine Art besser kennen. Bisher habe ich mit Alphas nur Schlechtes verbunden. Gewalt, Zwang, Hass... Du musst mir zeigen, dass sie auch anders sein können." Auf Harrys Lippen breitet sich ein sanftes Lächeln aus. "Ich bin anders als sie", erklärt er stolz. Ich lache kurz auf und lege meine Hand auf seine. "Das kann ich mir denken, aber du musst es mir trotzdem noch beweisen, verstehst du?" - "Ich weiß, was du meinst, ja. Ich werde mir Mühe geben."

Zufrieden nickt ich und wirble dann etwas Wasser auf, durch das Harry ein wenig nass wird. "Und jetzt möchte ich mich waschen, es wäre also sehr freundlich, wenn du mich nun allein lassen würdest", erkläre ich grinsend. Der Lockenkopf versteht sofort, erhebt sich und geht zur Tür. "Du kannst deine nasse Kleidung einfach neben die Wanne legen, ich hänge sie nachher zum Trocknen auf. Und bitte ruf mich, wenn du fertig bist. Liam meinte, du sollst noch nicht allein aufstehen." Mit diesen Worten verlässt er das Badezimmer und schließt die Tür hinter sich. Seufzend streife ich mir die, an meinem Körper klebende, Kleidung ab und lasse sie neben mich fallen. Dann atme ich tief ein, halte die Luft an und tauche unter Wasser. Ein Rauschen dringt in meine Ohren, das auf der einen Seite einfach nur laut, auf der anderen Seite jedoch auch unglaublich entspannend ist. Zufrieden bewege ich meine Arme in langsamen, fließenden Bewegungen neben meinem Körper.
Nach einer knappen Minute tauche ich wieder auf und streiche mir die nassen Haare zurück. Dann nehme ich mir die kleine Flasche mit Duschgel und öffne sie. Ein angenehmer Rosenduft steigt mir entgegen und hüllt sogleich das ganze Zimmer in eine entspannende Atmosphäre. Genüsslich verteile ich das Gel in meinen Haaren und anschließend auf meinem Körper, bevor ich es wieder abwasche. Suchend blicke ich um mich, in der Hoffnung, ein Handtuch in der Nähe zu finden. Doch leider ist der Stapel am anderen Ende des Raums. Harry meinte zwar, ich solle ihn rufen, sobald ich fertig bin, doch das würde mir zu weit gehen. Immerhin liege ich nackt in der Wanne und Harry würde mich so sehen.

Kurzerhand stütze ich mich am Rand der Badewanne ab und ziehe mich in den Stand. Zufrieden steige ich hinaus und möchte zu den Handtüchern gehen, doch in diesem Moment beginnt sich plötzlich alles zu drehen. Grelle Sternchen verteilen sich vor meinen Augen, sodass ich nurnoch schwarz sehe.
Verzweifelt suche ich mit meinen Händen irgendetwas zum Festhalten, doch ich bekomme nichts zu Greifen. Das Wasser, das auf dem Boden verteilt ist, erleichtert die Situation nicht gerade.
Mit einem Schrei lande ich auf dem harten Boden und knalle mit meinem Kopf auf. Für einen Moment kann ich mich nicht regen. Es fühlt sich an, als wäre ich ohnmächtig und doch irgendwie anwesend. Es dauert nur wenige Sekunden, bis Harry ins Bad stürzt und sich neben mich kniet. "Lou, was ist passiert? Warum bist du aufgestanden?"

Als ich seine Hände an meiner nackten Schulter spüre, wimmere ich auf und rolle mich schützend zu einer Kugel zusammen. "Lass mich", flehe ich mit weinerlicher Stimme und zucke zurück. Sofort entfernt Harry seine Hand. "Tut dir etwas weh?", fragt er stattdessen und beobachtet genauestens meine Reaktion, während er vorsichtig meinen Kopf abtastet. Mit großen Augen blickt er auf das Blut an seiner Hand. "Louis, ich muss das verarzten, ich- verdammt.." Er steht auf, greift sich ein Handtuch und legt es über meinen Körper. "Fass mich nicht an", flüstere ich. Inzwischen laufen Tränen über meine Wangen und tropfen auf den kalten Boden unter mir. "Ich tue nichts, was du nicht willst, ja? Aber ich muss dich ins Schlafzimmer bringen, du musst dich hinlegen", erklärt er bedrückt und streckt mir seine Hand hin. Schnaufend schüttle ich mit dem Kopf. Ich zittere am ganzen Körper. "I-ich kann n-nicht... Bitte.."

"Louis, ich muss dich auf den Arm nehmen, es geht nicht anders. Du musst mir vertrauen. Zumindest für diese paar Sekunden. Ich flehe dich an, vertraue mir". Harrys Hand nähert sich langsam meinem Gesicht. Ich schließe angsterfüllt die Augen, als er meine Haut berührt und mir eine Haarsträhne hinter die Ohren schiebt. "Bitte", flüstert er. Schwer atmend bringe ich schließlich ein einziges Nicken zustande. Harry haucht ein leises 'Danke', dann spüre ich, wie er das Handtuch über meinem Körper richtet und mich vorsichtig hochhebt. Sofort kralle ich in seinen Arm und gebe ein jämmerliches Geräusch von mir. "Shh.. es ist alles gut", murmelt Harry beruhigend. Er geht einige Schritte, dann setzt er mich vorsichtig auf dem Bett ab. "Du kannst deine Augen wieder öffnen". Vorsichtig gehe ich dem nach und blicke direkt in Harrys besorgtes Gesicht. Er mustert mich kurz unsicher, dann zieht er die Bettdecke fest um meinen nackten Körper. Sofort halte ich diese fest und vergrabe mich weiter darin. Harry geht kurz in die Küche und kommt kurz darauf mit einem kleinen Kistchen zurück. Prüfend tastet er meinen Kopf ab. "Du hast eine kleine Platzwunde am Hinterkopf, das muss glücklicherweise nicht genäht werden, sonst hätte ich dich nun zu Liam bringen müssen. Aber das kann sogar ich versorgen", erklärt er und tupft vorsichtig ein kleines Tuch gegen die Wunde, um die Blutung zu stillen. "Gehts?", fragt er, als ich das Gesicht ein wenig verziehe. "Ich habe Kopfschmerzen", murmle ich. Harry nickt langsam und lächelt sachte. "Das wundert mich nicht bei dem Aufprall auf dem harten Boden. Warum hast du mich denn nicht gerufen? Ich hätte dir doch geholfen", hakt er vorwurfsvoll nach. Betreten senke ich meinen Kopf und spiele mit einem Fransen an der Decke herum. "Lou?" Harry legt seine Finger unter mein Kinn und drückt meinen Kopf langsam wieder hoch, sodass ich ihm in die Augen sehen muss. "Ich.. ich wollte nicht, dass du mich so siehst", gestehe ich leise. Harry setzt sich neben mich auf das Bett. Sein Blick ist erwartungsvoll, als wüsste er genau, dass nicht nur das der Grund war.

"Weil du mir nicht vertraust oder weil mehr dahinter steckt?", fragt er. Unsicher zucke ich mit den Schultern. "Beides denke ich."

- "Also kannst du mir nicht vertrauen, weil mehr dahinter steckt?" Ein trauriges Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus, als ich diese Worte von ihm höre. "Gut möglich."

"Und... meinst du, dass du es mir vielleicht erzählen möchtest?", fragt er leise. - "Jetzt?", entgegne ich mit großen Augen. Harry zuckt mit den Schultern und blickt auf seine Finger, die er in seinem Schoß verknotet. "Natürlich nur wenn es für dich klar geht. Ich möchte dich nicht dazu zwingen, mit mit darüber zu reden. Vielleicht bin ich auch einfach nicht der richtige Ansprechpartner. Wenn du möchtest, kann ich auch meine Mum oder Gemma fragen. Oder vielleicht auch Zayn, wie du willst. Aber fühle dich bitte nicht dazu gedrängt-"

Ich unterbreche Harry, indem ich meinen Arm unter der Bettdecke hervornehme und sachte meinen Zeigefinger auf seine Lippen lege. Sofort verstummt er und blickt mich fragend an.

"Ich erzähle es dir."

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Ihr wart bei den letzten beiden Kapiteln so fleißig mit Voten, dass es schon heute anstatt morgen das neue Kapitel gibt🤭

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag. Bis bald

Secret white lies - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt