Kapitel 37

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"Backen wir einen Schokokuchen?", frage ich begeistert und linse über Harrys Schulter auf die Küchenablage, wo bereits sämtliche Zutaten stehen. "Wenn du das möchtest, klar. Aber war der Kuchen nicht für Mum geplant?", entgegnet der Alpha grinsend und schiebt mich zur Seite, um an den Kühlschrank zu gelangen. Er nimmt einige Eier und Butter heraus und stellt sie zu den restlichen Zutaten dazu. "Das weiß ich, aber... vielleicht kann ich mir ja ein wenig Teig klauen", erkläre ich scheinheilig. Harry lacht laut und tippt mir liebevoll auf die Nase. "Deshalb wolltest du also unbedingt, dass wir backen?" Ich zucke grinsend mit den Schultern und setze mich auf die Theke, meine Beine baumeln dabei in der Luft. "Natürlich nicht." Kopfschüttelnd, aber immernoch lachend, beginnt Harry damit, die Eier in die Schüssel zu schlagen und die Butter hinzuzugeben. "Kann ich dir irgendwie helfen?", frage ich und deute auf die Dose Zucker neben mir. "Ja, leer einfach nach Gefühl etwas in die Schüssel. Wir brauchen ungefähr 200 Gramm", leitet Harry an und wühlt derweil in einem Schrank neben mir herum. Stirnrunzelnd nehme ich die Zuckertüte und leere ein wenig hinein. "Ich glaube, das machst besser du, Haz. Ich kann das nicht einschätzen", sage ich unsicher und tippe Harry mit dem Fuß an, doch dieser ist immernoch damit beschäftigt, das Mehl zu suchen.
"Ach Quatsch. Lieber zu viel als zu wenig", murmelt er. Also kippe ich noch etwas nach.

"Ha! Da ist es ja! Ich hatte schon befürchtet, dass das Mehl leer ist." Harry steht auf und hält triumphierend die Dose in die Luft. Er kommt wieder zu mir und blickt in die Schüssel. "D-das.. Louis, was soll das?!" Er starrt mich geschockt an. Sein Blick wechselt zwischen mir und der leeren Zuckerdose hin und her. "Du meintest doch, dass ich mehr dazugeben soll", antworte ich verwirrt. - "Was glaubst du denn, wie viel 200 Gramm sind?!", platzt es aus Harry.
"Ich ähm.. keine Ahnung.. ich habe noch nie gebacken..." Verlegen blicke ich auf meine Hände und meide seinen Blick. Seufzend holt Harry einen Löffel aus der Schublade und beginnt damit, den Zucker wieder zurück in die Dose zu schaufeln. "Das hättest du doch sagen können", meint er. - "Aber ich... ich bin schon 18 Jahre alt", murmle ich.

"Und?" Harry lehnt sich mit der Hüfte gegen die Theke, sodass er mich ansehen kann. "Naja... und ich habe noch nie einen Kuchen gebacken.. und das ist lächerlich... und ich wollte, dass du mir zeigst, wie das funktioniert, aber ich wollte nicht, dass du weißt, dass ich weder kochen, noch backen kann und-" Er unterbricht meinen Redeschwall, indem er plötzlich einen Block nimmt und zu schreiben beginnt. "Hörst du mir überhaupt zu?", frage ich verwirrt.
Er nickt beschäftigt und streicht sich die Locken aus der Stirn. "Ich schreibe dir das Kuchenrezept auf", erklärt er. Erstaunt senke ich meinen Blick auf das Blatt. Tatsächlich stehen dort die einzelnen Zutaten, sowie die Grammangaben. "Oh", murmle ich bloß.

"Ich ähm... du findest es nicht lächerlich?", hake ich vorsichtig nach. Harry schmunzelt und sieht mir in die Augen. "Glaub mir, ich konnte das auch ewig nicht. Aber als Mum und Gemma hier ausgezogen sind, war ich wohl oder übel dazu gezwungen, kochen zu lernen. Immerhin konnte ich nicht jedes mal, wenn ich Hunger hatte, zu Mum laufen und nach Essen betteln", erklärt er grinsend, bevor seine Miene jedoch wieder ernster wird. "Und außerdem hattest du in den letzten Jahren andere Sorgen als Kuchen zu backen... Also zu deiner Frage: Nein, ich finde das überhaupt nicht lächerlich..." Erleichtert schnappe ich mir den Block und lese das Rezept durch, um vom Thema abzulenken. Es ist mir unangenehm, dass ich so unselbstständig bin. Das Einzige was ich kann sind Suppe und Rührei mit Speck. Aber auch nur, weil man dabei nicht viel falsch machen kann. Und solange ich keine Eierschale mit ins Essen werfe oder dieses anbrennen lasse, schmeckte es bisher immer ganz gut. Zumindest hat Harry es begeistert gegessen, als er vor dem Vollmond zwei Wochen bei mir war und... und auf mich aufgepasst hat.

"Du bist süß", sagt Harry grinsend und verrührt die Zutaten in der Schüssel. "Ich bin nicht süß", entgegne ich empört und verschränke die Arme vor der Brust. "Und was stattdessen?", fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen. "Keine Ahnung... Stur, klein, zickig... Such dir was aus." Kopfschüttelnd stellt Harry die Schüssel ab und positioniert sich direkt vor mir. Schluckend stelle ich fest, dass ich sogar jetzt noch kleiner bin als er. Und das obwohl ich auf der hohen Küchentheke sitze. "Warum machst du dich immer so runter, Lou?"

Secret white lies - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt