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Hunter

Als Hunter später am Abend in Romys Schlafzimmer kam, saß sie aufrecht in ihrem Bett. Auf dem Teller, den er ihr zuvor gebracht hatte, lagen nur noch ein paar Krümel und sie hatte sich inzwischen etwas angezogen. Das kleine Handtuch lag auf ihrem Schoß.
Hunter setzte sich auf die gegenüber liegende Bettkante und drehte sich zu ihr.

"Die Mädchen schlafen jetzt. Wir haben Abendbrot gegessen und Zähne geputzt."

"Ganz ohne Theater? Ich habe keinen Mucks gehört."

Er grinste nur.

"Hut ab."

Er freute sich über das Kompliment, mehr als er zugeben wollte. Bis vor Kurzem hatte er nicht damit gerechnet, wie sehr er sich eine eigene Familie wünschte. Klar, irgendwann kam das ganze Programm bei jedem irgendwie an. Heiraten, Haus kaufen, Kinder kriegen. Es hatte sich nicht wie ein Wunsch angefühlt. Aber jetzt, mittendrin in Romys Leben, spürte er, dass das genau das war, was er wollte.

Prüfend sah er Romy an. Ihr Gesicht war immer noch blass, aber sie schien keine großartigen Schmerzen mehr zu haben. Körperlich zumindest. Wie es in ihr drin aussah, konnte er nur vermuten.
"Wie geht es dir?"

Sie nickte langsam. "Besser, danke."

Hunter fühlte sich noch immer unsicher. Wie, verdammt, war das Script für solche Fälle? Was war zu sagen? Was war zu tun? "Brauchst du noch irgendwas? Soll ich dir etwas bringen?"

"Nein, du tust schon mehr als genug", sagte sie mit einem zarten Lächeln im Gesicht.

Auch so völlig mitgenommen wie sie im Moment war, war Romy wunderschön. Das Lächeln stand ihr und er wünschte sich, es noch öfter hervorkitzeln zu können.

Aber zuerst sollten sie vielleicht besprechen, was passiert war. "Willst du darüber reden?"

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll."

Er räusperte sich. "Ich denke, ich weiß was passiert ist."

Er beobachtete, wie das aufsteigende Blut zügig ihre Wagen rot färbte. "Ich will dir nicht zu nahe treten und ich habe natürlich keinerlei medizinische Erfahrung, deswegen weiß ich nicht, ob ich dir einen Arzt auf den Pelz hetzen oder dich in Ruhe lassen soll."

Sie lächelte schwach. "Es geht mir so weit gut. Trotzdem wäre es unverantwortlich, sich nicht in ein paar Tagen bei einem Arzt vorzustellen."

"Ist es wegen des Ausflugs? War das Radfahren zu viel? Oder der Tag bei Rendall?" Er würde es sich nie verzeihen, wenn das der Auslöser ihres Verlustes war.

"Was? Nein. Nein, Hunter, wirklich nicht." Sie griff nach seiner Hand und er spürte einen kräftigen Druck. "Das darfst du nicht denken. Keine Sekunde lang. Okay? Versprich es mir."

"Alles klar. Danke, dass du ehrlich zu mir bist. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht."

Sie lächelte ihn erneut zaghaft an. "Das ist nett."

"Scheiß auf nett, Romina."

Sie sah ihn fragend an. Scheinbar wollte sie Antworten. Er verfluchte sich innerlich. Hätte er doch einfach die Klappe gehalten. Sie war körperlich und emotional ausgelaugt. Egal wie vorsichtig er seine Worte wählte, sie konnten unter den gegebenen Umständen den größtmöglichen Schäden anrichten. Und er wusste nicht, wie er jemals damit leben sollte.

"Das ist jetzt sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt dafür."

"Wofür?"

Er fluchte leise. Dann lehnte er nach vorne, griff nach ihrer Hand und hauchte einen sanften Kuss darauf. "Ich mag dich, Romina."

Cassie Lion - eine Novella •abgeschlossen•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt