Rückblende | ✓

Übermorgen

„André!", ruft Val überrascht, als sie die Praxis betritt.

Oh, ich habe wohl vergessen, die Jalousien hochzuziehen. Wie lange sitze ich schon hier?

Wie mechanisch stehe ich auf und gehe zum Fenster, um sie nach oben zu ziehen. Val kommt auf mich zu und will ihre Arme um mich legen, doch ich hebe abwehrend meine Hände. „Bitte nicht", flüstere ich heiser.
„André, du siehst furchtbar aus", jammert sie und läuft mir eilig hinterher, als ich zurück zum Tresen gehe, um in den Terminkalender zu sehen.

„Ich hab gehört, was–", fängt sie an, doch ich fahre ruckartig herum und schüttle den Kopf. „Kann ich irgendwas–"
„Du kannst mich in Ruhe lassen, Val", fauche ich und sie reißt entsetzt die Augen auf.
„Vielleicht solltest du lieber nach Hause gehen." Ihre Stimme klingt verletzt.

Hervorragend. Leute verletzen scheint mein neues Hobby zu sein.

Ich seufze und schüttle erneut den Kopf. „Ich kann nicht, okay?", murmle ich. „Es wird schon gehen. Ich brauche nur ein bisschen Zeit."
Mitleidig sieht sie mich an und ich eile in das kleine Badezimmer, um ihrem Blick zu entkommen und vor allem um die Tränen zurückzukämpfen, die mir schon wieder in die Augen steigen.

„Soll ich Mr. Bowers übernehmen?", bietet sie an, als ich kurze Zeit später wieder nach vorn schleiche.
„Nein, nicht nötig."
Das Telefon klingelt und ich zucke sofort zusammen. Natürlich wird es nicht Mason sein, aber ich schätze, es wird noch eine Weile dauern bis ich das vollends realisiert habe.

„Hammonds Physiotherapie, Sie sprechen mit Val?", beantwortet Val den Anruf. Ich sehe sie erwartungsvoll an und mein Herz beginnt sofort schneller zu schlagen, als ihr Blick zu mir schießt. „Ja, er ist da", sagt sie und hält ihre Hand über den Hörer.

„I-Ist er es?", frage ich mit zittriger Stimme und halte mich am Türrahmen fest, um nicht sofort zu kollabieren. Val schüttelt bedauernd den Kopf und formt mit den Lippen den Namen Kitty.

Ich glaube, meine Zähne klappern, so wild schüttle ich mit dem Kopf. „Tut mir leid, Liebes, er ist gerade nochmal zur Tür raus. Ich sag ihm, dass du angerufen hast, okay?", lügt Val für mich und beendet das Telefonat.

Ich rutsche langsam auf den Boden, meine Knie an meine Brust gezogen, und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Val seufzt und hockt sich vorsichtig neben mich. „Vielleicht kann sie ja–"
„Nein, Val!", schreie ich. „Es ist alles allein meine Schuld! Und bitte lass uns nie wieder darüber reden!"

Genau in diesem Moment öffnet sich die Praxistür und ich kippe beinahe zur Seite um, weil mein verräterischer Körper natürlich hofft, dass Mason hereinkommt. Doch es ist nur Mr. Bowers, der Val und mich mit seinem faltigen Gesicht anlächelt.