10 Tage später

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Seit dem Vorfall in der Bar renne ich. Nicht die ganze Zeit, denn ich bin ja nicht Forrest Gump, aber Val hatte recht. Sinnloses Betrinken bringt mich nicht weiter. Also renne ich. Wann immer ich nicht arbeite, renne ich. Schlafen tue ich, wenn überhaupt, nur schlecht. Also stehe ich morgens auf und gehe laufen. Ich laufe zur Arbeit, ich laufe in der Mittagspause und abends laufe ich auch.

Meine Beinmuskeln brennen wie Feuer, doch der Schmerz tut mir gut. Ich kann nur an den Schmerz denken. Und wenn der Schmerz nachlässt, gehe ich laufen.

Val sagt nichts mehr, sie sieht mich immer nur mit diesem mitleidigen Blick an, den ich nicht mehr ertragen kann und wimmelt Anrufe oder Besuche für mich ab.

Ich weiß, sie macht sich Sorgen, aber ich komme klar. Ich bin jetzt ein Läufer.
André Hammond, Physiotherapeut und Läufer. Familienstand: Läufer.
Meine Beine lassen mich nicht im Stich. Entweder sie tragen mich oder sie tun weh. Beides hält meinen Kopf davon ab, Gedanken zu denken, die ich nicht denken will.
Und mein Herz?
Das pumpt Blut zu meinen Beinen.
Nicht mehr.
Nicht weniger.

Val hat mich heute früh angerufen und daran erinnert, dass ich langsam die Einladungen für meine Sommerparty vorbereiten muss. Das hatte ich dummerweise vollkommen verdrängt. Sofort fing mein Kopf mit Gedanken an und ich bin laufen gegangen.

Beim Laufen habe ich Pläne für die Party gemacht. Val kann die Kundenliste machen, denn wenn es nach mir ginge, würde ich vermutlich alle einladen, weil es mir egal ist, wer kommt. Immerhin deklariere ich es als Kundenevent. Val weiß besser Bescheid, wer sich mit wem verträgt und wen man lieber nicht einlädt.

Vielleicht sollte ich eine Laufparty machen. Andererseits ... wenn Mr. Bowers laufen soll, muss ich wohl gleich noch den Rettungsdienst einladen. Dann wird es doch einfach nur ein Sommerfest. Jeder kann etwas zum Grillen mitbringen und an dem Abend kann ich mich auch betrinken. Und wenn es gar nicht geht, gehe ich eben laufen.
Schließlich ist es meine Party, wie jedes Jahr.

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