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In der so heimeligen Bibliothek, hatte ich angefangen mir einen Überblick zu verschaffen. Zum Glück waren hin und wieder Beschriftungen an den Regalen zu erkennen. Sodass ich, „Wissenschaften", „18.Jh" und „Romane" erst einmal links liegen ließ. Und bei „Historie der Magie" oder „Kräfte und Fähigkeiten" sofort hellhörig wurde. Damit fing ich an, Lore hatte mich ja auch schon etwas über die Geschichte erzählt. Es wäre sicher interessant noch mehr herauszufinden aber genauer interessierte mich meine Fähigkeiten in Präsenz. Die Geschichte würde auch noch Geschichte bleiben, doch meine Fähogkeit und der Grund ihrer so starken Schwankungen und Unregelmäßigkeiten in letzter Zeit, ließen mich nicht los. Ich musste mehr darüber erfahren. Diese Fähigkeit war ja wohl oder übel ein Teil von mir. Auch wenn ich sie manchmal verdammte, musste ich mehr über sie erfahren, um sie zu verstehen und kontrollieren zu können. Rayne's Bilder von eben, waren immer noch so präsent, was auch daran lag, das ich immer noch eine kleine Menge von ihren Wunden „empfang". Denn das eine Stockwerk unter uns schien die Wunden nicht davon abhalten zu können, sich mir zu öffnen und sich zu all den Tausenden, Milliarden Wunden die in meinem Kopf für immer gespeichert sein würden, hinzuzufügen. Wie ich das liebte.
Wenigstens wusste ich jetzt wie Mike aussah, da diese Wunde so frisch war, sah und spürte ich sie leider auch umso intensiver. Doch ich versuchte ihre Trennung so gut zu umgehen, wie es mir eben gelang.
Die Bücher waren wirklich Schätze. Neben den Sachbüchern hatte ich auch noch einige private Aufzeichnungen gefunden, unterschrieben mit einem K.J.
Schlussendlich kam ich der Antwort nach meinen Fähigkeiten aber nicht näher. Dabei waren mir so viele Fähigkeiten beschrieben worden und ehrlich gesagt hätte ich meine gerne gegen einige davon getauscht. Warum hatte ich die Lichter gesehen, wenn sie kein anderer sehen konnte? Und noch viel wichtiger - hatte das etwas zu bedeuten?

Hier könnte ich es echt Stunden aushalten. Eigentlich war ich nicht so der Bibliothekssitzer, ja ich las gerne Bücher aber meistens kuschelte ich mich mit meinem Ebook in mein Bett. Doch so langsam verstand ich die Faszination. Vom Geruch alter Wälzer, über die Tatsache, dass manche dieser Bücher wirklich antik waren. Es fesselte mich. Darum war ich umso überraschter als ich plötzlich Lores herzliche Stimme neben mir hörte.
„Hey. Vertieft in die Bücher?"
„Oh ja hey! Das ist ja der Wahnsinn hier!!" sie schmunzelte.
„Freut mich das es dir so gefällt. Sag mal, weißt du das es schon spät ist? Hier drinnen kann man gerne mal die Zeit aus den Augen verlieren... nicht das deine Eltern sich Sorgen machen."
„Oh, kacke. Stimmt." ich packte schnell meine Sachen zusammen und stapelte die Bücher auf einem Haufen. Als ich sie grade alle hochheben wollte kam mir Lore dazwischen.
„Alles gut, lass sie liegen, du warst ja noch nicht fertig, hm?"
Ich lächelte sie dankbar an.
„Danke!"
„Soll ich dich nach Hause fahren? Ich bin auch schon auf dem Sprung."
„Das wäre echt nett!"
„Okay,dann fahren wir mal. Hast du alles?"

Ich holte mein Handy aus meiner Tasche und versuchte ein Blick drauf zu werfen.
„Oh, Mist."
„Hat dir keiner gesagt das man nicht flucht?" he? Ich schaute auf. Lore war doch noch ihren Auto Schlüssel holen.
„Du?" mein Verstand hakte wohl grad noch etwas.
Er zog zum Glück aber nur seine Brauen hoch. Emilio stand mit wilden dunklen Haaren, einem weißen Shirt, schwarzen Lederjacke und schwarzen Hose vor mir. Die Hände in den vorderen Hosentaschen, kam er total lässig rüber.
Ich strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr, die mir in mein Gesicht gefallen war.
„Also was ist?"
Ich war mir nicht ganz sicher ob es ihn wirklich interessierte oder es eine rein rethorische frage war. Doch, als er still blieb, ergriff ich das Wort.
„Akku leer" ich hielt mein Handy hoch. Wow ich sollte echt nochmal meine Handyhülle wechseln... Dieß war noch meine Frühlings/Sommer Handyhülle. Handyhüllen waren einer meinem etwas absurden Fetische.
Plötzlich drehte er um und verschwand in der Küche.
Da ich mäßig verwirrt war, blieb ich einfach stehen, schließlich würde einer der beiden ja gelegentlich wiederkommen... oder?
Doch grade als ich nach dem Anhänger meiner Kette griff, kam Emilio wieder in den Flur.
„Sollte passen." Sehr redselig hielt er mir ein Kabel hin. Ein Ladekabel.
Ich wusste das ich gerade wieder wie ein offenes Buch zu lesen war. Denn ich war ehrlich überrascht. Auch wenn mir das dann auch wieder fies rüber kam. Ich meine so überrascht zu sein, wenn jemand mir helfen will?
Meine Gesichtszüge gleiste ich wieder ein.
„Danke!" er hatte es bereits eingesteckt. Und reichte mir den Ladeanschluss. Also nahm ich diesen. Die kleine Berührung unserer Hände machte mich noch nervöser als ich seltsamerweise schon war.
„erwache vom dem Tod" Ich murmelte diese Worte als sie mir durch den Kopf schossen. Ich hatte sie heute gelesen in irgendeinem der Bücher.
Als ich seine kaum merkliche Reaktion wahrnahm, setzte ich an das Thema zu wechseln.
„Lore und ich wollten eigentlich grade fahren. Aber danke trotzdem." ich lächelte ihn an um meine Nervosität zu überschatten.
„Dein Handy braucht es nötiger. Kannst es mitnehmen."
„Oh nicht das ich es dir wegnehme."
„Hey, bist du fertig?- Oh Emilio, hallo!" Lore erschreckte mich, ich hatte gar nicht bemerkt wie sie gekommen war. Keine Wunden. Schon wieder.
„Hey. Ja dann ne gute Fahrt."
Wow so viele Wörter auf einmal aus seinem heute so spärlich bestückten Mund.
„Du bleibst hier?" mir rutschen die Worte zu schnell raus. Allerdings hatte ich auch gedacht, dass nur so eine wie ich die Zeit so vergessen und daher so lange hierbleiben würde.
„Ja."
„Okay, gute Nacht Emilio! Wir fahren dann mal." Lores Worten war nichts mehr zuzugeben. Auch wenn ich das Verlangen verspürte dort zu bleiben. Ihm zu antworten. Ihn weiter anzusehen. Der rationale Teil in mir lächelte leicht und drehte sich dann um, auf dem Weg zu Lores Auto.

Ich hatte mich aber nicht abhalten können, mich noch einmal umzudrehen, doch ich sah nur einen sich entfernenden Emilio von hinten. Auch wenn das allein gar nicht so ein schlechter Anblick war...-Argh Rune. Stopp, nein!
„Wer hat eigentlich die Schlüssel?"
Fragte ich Lore während wir in ihren hellblauen Toyota stiegen.
„Der liegt in der Küche, aber abschließen tun wir selten. Nur wenige Tiere und besondere Menschen können das Haus sehen und solange kein Jahrhundert-Sturm aufzieht, hält die Tür alles aus." sie sprach mit solch einer Zuversicht, dass ich keine Sekunde an ihrer Aussage zweifelte.
Als sie in den zweiten Gang schaltete und wir in die dunkle Nacht hinein fuhren, entspannte sich mein Körper. Leise Musik spielte im Radio. Doch nach etwa zwei Minuten wandte mir meine entspanntheit den Rücken zu. Und völlig unvorbereitet breiteten sich wieder Lores Narben in meinem Kopf aus. Sie spielten sich ab. Anfangs sehr leise, doch je weiter wir fuhren, desto lauter wurden sie.
„Kann ich dich was fragen?" das hatte ich ja bereits. Aber ich musste meine Gedanken unter Kontrolle bekommen und versuchen mich auf etwas anderes als ihre Narben zu konzentrieren.
„Wann hast du deine Kräfte bekommen?"
„Du darfst mich alles Fragen!
Nun, das ist ganz schön lange her. Ich glaube ich war 13 als ich meine Gabe bekam. Zum Glück war meine Tante gerade zu Besuch. Du musst wissen, sie hatte auch Fähigkeiten und wusste daher einiges, was mir sehr half."
„Also waren deine Eltern nicht..."
„Nein, ihre Kräfte hatten sich nie gezeigt. Mein Großvater hatte immer schon Geschichten erzählt. Diejenigen, die Zugriff auf ihre Kräfte hatten, erkannten natürlich die Wahrheit in seinen Worten die anderen dachten wohl er wäre verrückt"
„Oh... und wie hast du dann die anderen kennengelernt. Also Domi und Rayne und die anderen?"
„Herrje ich fürchte das sind lange Geschichten." Meine kleine Wand zwischen ihren Wunden und meinen Gedanken durchbrach und Erinnerungen strömten und mich ein. Doch anders als sonst war eine im Vordergrund. Präsenter als die anderen, spielte sie sich ab.

Mein Josh, so kaputt. Dieses weiße Bett, dieser Abscheuliche Krankenhausgeruch. Die Augen zu. Sein so markantes Gesicht, leer....Dünn. Ich fühle seinen Puls immer langsamer werden. Ich flüstere ihm zu.
Meine Liebe.
Etwas zerbricht, ich zerbreche. Ich zerbreche zur gleichen Zeit wie die Monitore zu piepen anfangen. Unsägliche Trauer. Menschen strömen rein. Schieben mich weg. Chaos. Doch ein Teil von mir ist Tod. Wut. Hass.
Trauer. Tod.

„Aber ganz grob gesagt hab ich Domi als Student kennengelernt damals hatte ich nur von seinen Kräften geahnt aber als er dann wenige Jahre später hier her zog und meine Vermutungen richtig waren ist er einer von uns gewonnen."
Ich versuchte meine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bekommen. Diese so tiefe und für mich neue Wunde zu verarbeiten, ließ mich nicht verstehen was sie sagte.
„Ich hatte das Häusschen da schon von meinem Großvater übernommen gehabt."
Langsam baute ich die Mauer wieder auf. Und stetig kamen immer mehr ihrer Wörter in meinem Gehirn an.
„Wir haben jetzt aber gelegentlich einen Blick auf eine Karte, sie zeigt uns, ob ein übersinnlicher in der Stadt ist. Auch die anderen Stationen geben uns gelegentlich Auskunft."
Mich wunderten ihre Worte. Wenn sie doch immer wieder auf diese Karte geschaut hatten, warum waren sie dann nie auf mich gekommen? Wahrscheinlich erspürte sie meine immer noch angespannte Stimmung denn sofort sprach sie wieder.
Jetzt allerdings mit einer noch eindringlicheren und doch auch ruhigeren Stimme als zuvor.
„Wir wissen nicht wieso du unter unserem Radar geblieben bist, oder warum dich Lichter zu uns geführt hatten. Vielleicht hängt es damit zusammen, das du deine Krfte solange unterdrückt hast und sie bei dir so früh entfaltet haben. Du also genug Zeit hattest dich gut abzuschirmen. Aber ich verspreche dir, wir werden antworten suchen, du wirst antworten kriegen."
Wenn ich dem glauben könnte.
Werde ich je herausfinden warum ich mich so fehl am Platz fühle? Warum ich so anders bin?
Trotzdem, starke Ansprache.
Ich muss sagen, einen Teil von mir versteh ich besser, seitdem ich in diese Hütte gestolpert bin. Ich fühle mich nicht mehr ganz so allein.
Nicht mehr ganz so wie ein Monster, doch das war nur ein kleiner Teil von mir.

Just like me  ~ An Enemies to Lovers romantasyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt