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Viel Erfolg?! Den ganzen weiteren Weg verfluchte ich mich mal wieder für meine Wortwahl. Das würde ich mir noch lange selber vorhalten.
Als ich unser Gartentor nun öffnete, griff ich nach meinem Schlüssel. Doch mich überkam, leichte Panik. Ich konnte ihn nicht finden.
„Scheiße..." fluchte ich leise. Ich konnte nur hoffen, dass ich ihn am Spielplatz oder auf dem Weg von Olivia zu mir finden würde. Verärgert über mich selbst, drehte ich also wieder um. Hatte ich nicht eben noch erwähnt das ich eine Chaotin war? Schlechtes Omen oder wie?

Am Spielplatz fing ich an zu suchen, nachdem ich auf dem Weg dorthin schon nichts gefunden hatte. Bis auf ein nasses Blatt, das irgendwie aussah wie ein Schlüssel, also von weitem, versteht sich.

Als erstes sah ich unter dem Gerüst nach auf dem wir gesessen hatten. Um im Sand besser zu sehen, schaltete ich meine Taschenlampe ein. Der vorige Schluck Wodka ließ seine Wirkung zeigen und erleichterte mir die Suche damit gar nicht.  Als ich plötzlich eine Geräusch hinter mir wahrnahm, drehte ich mich ruckartig rum. Meine Taschenlampe viel auf Emilio.
„Ach du Scheiße!-„ fluchte ich leise.
„Man, hast du mich erschreckt!"
Er überging meine Bemerkung einfach.
„Was machst du noch hier?"
Er lehnte ganz relaxed am Gerüst. Sein Gesicht erhellt von meiner lampe, doch auch der Rest seines Körpers war zu sehen. Ich lenkte den Lichtstrahl weg von ihm. Doch sein Körper war immer noch deutlich zu erkennen. Besser gesagt fast schon kitschig in Szene gesetzt, durch das Licht der Straßenlaternen, die seine Siouette so perfekt nachzeichnete, wie es nur ging. Einfach unglaublich dieser Typ. Auch noch im Dunkeln sah er unverschämt gut aus. Nicht, dass es nicht auch andere gab die unverschämt gut aussahen... aber die waren halt nicht an meiner Schule. Oder so.
„Das selbe könnte ich ja wohl dich fragen!"
Emilio schaute mir in die Augen. Er erwiderte nichts.
Ich wartete, doch gab irgendwann nach, um diese Zeit wollte ich echt keinen Streit mehr anfangen.
„Is ja gut! Ich hab hier irgendwo meinen Schlüssel verloren und ohne den kann ich heut nicht Heim." 
„Ist keiner zuhause?" fragte er.
„Ne."
Ich wendete meine Augen von seinen so grauen und suchte damit den Boden ab.
„Un du suchst auch immer noch was? Heute verschwinden ja viele Sachen." fragte ich ihn.
„Ähm - ja."
„Ich glaub dir nicht."
„Was?" fragte er beinahe schon amüsiert. Damit richtete ich meinen Blick auch wieder auf ihn und erwischte mich, wie mein Bauch sich plötzlich wie ein Topf mit heißem, kochendem Wasser anfühlte.
„Du hast doch gar nichts verloren." erwiderte ich. Aber das mit dem Bauch wurde nicht besser. Ob es eine Reaktion auf sein tiefes Lachen war? Ach Quatsch ich hatte einfach den Wodka ebenfalls nicht so gut vertragen.
Wahrscheinlich war dieser Spottbillig gewesen.
„Warum wär ich sonst noch hier?"
„Was weiß ich, wieso du Nachts alleine auf einem Spielplatz abhängst. Hinter einem falschen Vorwand."
„Alleine?" er drehte den Kopf. Wow, sein Seitenprofil war echt...hmm.
Er deutet auf eine Wodkaflasche - die Wodkaflasche.
„Wow Alkohol. Sobald du die Flaschen als Freunde erkennst, solltest du aufhören" sagte ich sarkastisch und drehte mich wieder um. Wo war nur dieser blöde Schlüssel?
„Weißt du, dass du ziemlich komisch aussiehst, wie du den Sand da absuchst?"
Fragte er nun von rechts. Dort hatte er sich unter das Gerüst auf eine Holzbank gesetzt.
„Wie nett von dir! Weißt du, du könntest mir ja auch einfach helfen. Dann wär das hier viel schneller vorbei."
Erwiderte ich gespielt fröhlich, so als wäre es mir grade erst aufgefallen. „Musst  deinen selbst ja nicht mehr suchen."
„Warum sollte ich?"
„Hilfsbereitschaft? Nettigkeit? - Ach stimmt, nett sein, ist ja nicht so dein Ding."
Man, so schlagfertig war ich sonst nur mit engster Familie und meinen besten Freundinnen. Woher kamen die ganzen Wörter und warum kann ich nicht immer so schlagfertig sein?
Wieder ertönte dieses Kehlige lachen und ich drehte mich zu ihm um.
„Suchst du eigentlich den hier?"
Er kramte in seiner Hosentasche und hielt meinen Schlüssel hoch.
„Dein Ernst?!"
Ich ging einen Schritt auf ihn zu und streckte meine Hand aus.
„Komm gib meinen Schlüssel her."
„Da musst du schon herkommen."
Nach kurzer Zeit seufzte ich und setzte mich neben ihn, um dann nach dem Schlüssel zu greifen. Doch er zog ihn weg.
„Du kriegst ihn wenn du lockerer wirst."
„Lockerer?! Ich hab nicht vor, die ganze Nacht hier im Sand zu verbringen. Also gib schon her."
„Wo auch immer du den her hast..." murmelte ich kaum hörbar noch hinterher.
„Nicht? Schade, das wär doch mal ein schönes Abenteuer!"
Ich verdrehte nur die Augen.
„Ich wüsst da auch noch so ein paar Praktiken wie es nicht zu kalt wird."
„Gross!"
Er lachte, als hätte er nur darauf angespielt diese Reaktion von mir zu bekommen. Natürlich.
Nach kurzer Stille, grif ich schließlich über ihn und nahm ihm die Wodka Flasche aus der Hand.
„Was-?"
„Da es nicht so aussieht als würdest du mir den Schlüssel in den nächsten paar Minuten geben, kann ich ja wohl was vom Wodka abkriegen."
Wie er darauf reagierte, konnte ich nicht sehen, aber ich hatte diese Taktik schon oft bei meinem Bruder angewandt, sie funktionierte sehr gut...
„Also... in keinen Verliebt, ja?"
„Also, mit Jo...?"
Ich hatte kein Bock mit ihm über sowas zureden. Was glaubte er denn?
Daher, Frage mit Frage beantworten - Beste Taktik.
„Du bist ganz schön anders als man erst denkst, weißt du das?"
„Ein Kompliment? Von dir?"
"Naja Kompliment? Hät gedacht du wärst eher schüchterner Streber, freche Nervensäge trifft's wohl eher."
Autsch. Das musst ich erstmal sacken lassen. Selber nervensäge. Ob er auch so...- wap, nein. Das fangen wir gar nicht erst an.
"Wow, dein Charme haut mich beinahe um!" Erwiderte ich darauf wieder sarkastisch. Und es stimmte leider fast.
"Tja..."
"Und eingebildet zugleich..." fügte ich gespielt Grübelns hinzu und schnalzte leicht mit der Zunge. Das stimmte auf jeden Fall...
"Was? Merkst du jetzt erst, dass ich perfekt bin?" Seine Worte klangen nicht mehr so lustig, eher hart, abweisend.  Wahrscheinlich, sprach da auch der Alkohol mit.
Wie aufs Stichwort, nahm er einen Schluck Wodka und mir somit die Flasche wieder aus der Hand. Seine Hand, berührte dabei kurz meine und hinterließ ein Kribbeln auf ihr. Verflixt sei er dafür!
„Was machst du hier? - Jetzt wirklich" fügte ich noch schnell hinzu. Es hatte sich so angefühlt ob jetzt ernstere Themen dran wären.
Er seufzte.
„Ich sollte heut bei Xander pennen, sein Bruder ist aber... es kam was dazwischen."
„Und deshalb sitzt du hier auf"m Spielplatz mit einer fast leeren Wodka Flasche?"
„Also was war nochmal deine Fähigkeit?"
Ich wollte ehrlich wissen was er hier machte, aber er schien wirklich nicht drüber reden zu wollen. Und irgendwie, hielt mich diese Tatsache tatsächlich davon ab weiter nachzubohren.
„Seelische Wunden spüren. Narben." es klang wie Seelendoktor's dritte Satffel, aber das waren nun einmal die besten vier Worte um es beschreiben zu können.
„Hm. Seit wann spürst du sie?"
„Warum?" schoss ich heraus ohne nachzudenken. Ich umging die Sache mit meinem Vater immer noch.
Als er nichts sagte, erzählte ich es doch - in Kurzfassung.
„Als ich 7 war, mein Vater war Schwerkrank."  Dem Tod von der Schippe gesprungen wäre passender. 
„Oh." Typische Bemerkung.
„Das ist scheiße." Ja, ja...  das ist es. 
„Lebt er noch?" untypische Bemerkung. Untypisch und aufmerksam?
Okay, Stopp. Hier spricht immer noch Emilio.
„Ja er hatte Glück."
Als er wieder stumm blieb fragte ich:
„Bei dir?"
„Mit 12."  Er öffnete den Mund um ihn nur wieder zu schließen. Doch ich hatte das Gefühl, dass er noch nicht fertig war.
„Nach dem Tod meiner Mutter."
„Oh" scheiße, typische Antwort.
„Das tut mir leid. Aber wie-„ Ich verstummte. Ich wusste nicht wirklich was ich fragen wollte und ob das grade überhaupt passend wäre.
„Warum, hast du eben gefragt?"
Er ließ sich wieder etwas Zeit und drehte sich dann ein Stück weiter zu mir, das wir uns in die Augen sahen.
„Noch relativ viele Menschen tragen etwas Magisches in sich. Aber nur wenn es innerhalb der ersten 18 bis etwa 25 Jahre getriggert wird, zeigt's sich."
Wow, wenn erst was schlechtes passieren muss, ist es dann nicht ein Fluch?
„Hat Xander dann auch schon sowas erlebt? Und Rayne?"
Als ich ihren Namen aussprach, zog sich mein Magen zusammen, da ich daran denken musste, wie sich Emilio und Rayne vor der Waldhütte so nahe gekommen waren. Sehr nahe. Doch mein Hirn stoppte da nicht. Bilder vom heutigen Abend, besser gesagt: Jo, ploppten in mir auf. Jo das reimte sich schon mit Oh.
Ich räusperte mich kurz.
„Jaein. Rayne, ja. Xander, nein. Wenn man in einer Umgebung mit Magie aufwächst ist das auch eine Form des triggern." Also nicht nur Fluch?
Ich ging die neuen Informationen noch einmal in meinem Kopf durch.
„Aber lass lieber über spannenderes reden."
„Was denn?" aus irgendeinem Grund, fand ich seine Worte belustigend.
Sein Gesicht rückte was näher zu mir. Auf einmal wurde mir klar, wie nah unsere Gesichter dabei waren. Ich konnte seinen prickelnden Atem auf meiner, plötzlich so sensiblen Haut spüren. Und ich sah seinen Atem. Es schien doch schon so kalt zu sein. Doch ich merkte nichts, im Gegenteil. Ich erhitzte.
Ich legte meinem Kopf ein Stück in den Nacken und sah ihm dann in die Augen. Es war, als würde die Zeit stehen bleiben. Ein fester Blick, dem keiner zu entkommen wollte, oder konnte.
Die Luft zwischen uns, schien sich aber immer mehr zu verdichten.
Erst viel zu spät, merkte ich, dass ich meine Zusammengebissenen Lippen, seinen, noch näher gebracht hatte.
Mein Puls stolperte noch mehr, als mein Blick sein Gesicht regelrecht scannte. Es war, als würden die Pferde mit mir durchgehen. Von seinen Lippen wanderte mein Blick wieder auf Höhe seiner fast grauen Augen.
Augen, in denen ich plötzlich etwas dunkles, tiefes aufblitzen sah. Es war hypnotisierend aber auch... auch... es verängstigte mich leicht, die Wucht die hinter diesem Ausdruck lag, sie war zu viel für mich. Was machte ich hier? - Wir hier?
„Fledermäuse ." drang seine Kehlige Stimme in dem Moment in mein Bewusstsein. Doch seine Stimme klang nicht bewegt, wie ich mich fühlte, nein. Sie strotzte nur so von Selbstbeherrschung. Selbstbewusstsein. Obendrein, auch noch gefasst.
„Äh, was?" Fragte ich daraufhin bemüht meine Verwirrung über den vorigen Moment nicht zum Ausdruck zu bringen. Was übrigens nach hinten losging, denn meine Stimme triefte nur so vor Nervosität. Ganz abgesehen von dem Stimmbruch, den ich beim Reden gerade gehabt hatte. Vielleicht war ich ja insgeheim nur ein Junge der gerade in die Pubertät kam und das hatte alles gar nicht mit seiner Wirkung auf mich zu tun...
Mit Emilios Wirkung auf mich. Hach. Wenn das so einfach wäre.
„Über was spannendes reden."
„Fledermäuse?!" dabei stand ich auf. - Was mir, nebenbei einen gewaltigen Kampf zwischen Selbstbeherrschung und Gefühlen lieferte.
„Da bin ich aber mal gespannt!"
„Wusstest du, dass sie über 1200 Unterarten haben?"
Als ich ihn nur demonstrativ ansah, fügte er hinzu:
„Sie machen 20% aller Säugetierspezies aus!"
Das war mein Stichwort.
„Ok mein -." ich musste lachen.
Besser gesagt, mich überkam ein Lachanfall. Ich wäre fast gestorben vor lachen.
„Emilio Dernai hast du n Fledermausbuch auswendig gelernt?! "
Ich wusste nicht was über mich gekommen war aber irgendwie passte das so gar nicht zu meinem Bild von ihm. Okay, ich wusste was über mich gekommen war, es war ganz einfach, Alkohol und er.
Ich lief zum Eingang des Spielplatzes und drehte mich zu Emilio um.
Er sah ebenfalls belustigt aus, auch wenn es größtenteils an meiner Reaktion liegen mochte.
Er lief mir nach und beeilte sich das letzte Szück noch mehr.  Er rief mir irgendwas zu aber mit beginnenen Bauch und Mundwinkel-Krämpfen inklusive, tränenden Augen, bekam ich nicht mit, was.
Als ich plötzlich, im Rücken auf Höhe der Hüfte von einem harten und massiven Gegenstand aufgehalten wurde. Der Ausfprall kam heftig und ich drohte nach hinten umzukippen. Die Luft entwich meiner Lunge schlagartig. Und metallische Kälte dring durch meinen Körper als ich plötzlich auch etwas warmes, starkes an meiner Taillie spürte. Kälte des Metalles, Wärme seines Körpers. Dieser Unterschied löste einen Schauer in mir aus.  Emilio gab mir Stabilität und hielt mich davon ab, nach hinten umzukippen.
Ich war verstummt. Mein Herz schlug schneller und ich schluckte hart. Luft drang wieder in meine Lunge.
Die Position seiner Hand wurde mir bewusst und ich konnte nicht anders, als den wohligen Gefühlen in mir freien Lauf zu lassen. 
„Achtung" seine jetzt so leise Warnung hörte sich an, wie eine Wiederholung. Das unsägliche Rau in seiner Stimme, war dabei nicht zu überhören.
„So eilig, von mir wegzukommen?"
Die Art, mit der er die Worte sprach, hatte etwas sinnliches, etwas edles.
Meine Augen suchten seine. Hinter der Wand von Belustigung,meinte ich etwas jungenhaftes und verletzbares in ihm aufblitzen zu sehen.
„Hm" war das einzige was ich erwidern konnte.

Just like me  ~ An Enemies to Lovers romantasyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt