Kapitel 20

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Kapitel 20:



Elijah



Es ist bereits Abends. Die anderen haben schon gegessen und machen sich alle fertig, um in den Pool, der sich auf dem Oberdeck befindet zu gehen. Und ich. Ich sitze hier auf der Couch, in irgendeinem umgebauten Kühlraum und langweile mich. Mr no Name, wie ich ihn nenne ist immer noch nicht wiedergekommen. Er ging vor Stunden und wollte was zu essen besorgen. Er lässt sich allerdings sehr viel Zeit dabei. Ob ihm dabei was zugestoßen ist? Ich hoffe es doch. Aber die andere Seite in mir hofft, dass er noch lebt, dass er wieder kommt und mir essen gibt.

Ich schaue wieder auf die Kameras. Einer der vier Bildschirme zeigt wieder Olivias Zimmer. Sie zeiht sich gerade ihren schwarzen Bikini an und meine Wangen werden rot, als sie nackt durch ihr Zimmer läuft. Wie kann ein Mädchen nur so schön sein? Diese Frage stelle ich mir jedes Mal, wenn ich sie sehe. Doch warum muss ich die ganze Zeit an Olivia denken und nicht an Kira? Liegt es vielleicht einfach nur daran, dass ich mir so Sorgen um sie mache, dass ihr eventuell etwas passieren könnte? Oder liegt es eher daran, dass ich mir langsam eingestehen muss, doch Gefühle für eine meiner besten Freundinnen zu haben? Was soll ich denn nur machen?

Nach dem sie sich umgezogen hat, setzt sie sich auf ihr Bett und schaut verträumt durch die Gegend. „Ich vermisse dich Elijah“, sagt sie vor sich hin. Ich schüttel verwirrt den Kopf. Hat... Hat sie das gerade wirklich gesagt? „Ich vermisse dich so sehr Elijah“, wiederholt sie es, als könne sie mich hören. Mein Herz fängt an schneller zu schlagen und ich habe das Gefühl, es würde gleich aus meiner Brust hüpfen. „Ich hoffe es geht dir gut. Ich denke gerade nur noch an dich.“ Am liebsten würde ich jetzt zu ihr und sie in den Arm nehmen. Ich vermisse sie auch und muss ebenfalls die ganze Zeit an sie denken. Ist das etwa ein Zeichen? Olivia bleibt nicht lange sitzen, sondern nimmt ihr Handtuch und geht zu den anderen.

Ein paar Augenblicke später öffnet sich auch die Tür und ich zucke angespannt zusammen. Mr no Name hat sich umgezogen. Bevor er den Raum verlassen hatte, trug er noch einen schwarzen Blazer. Jetzt allerdings trägt er einen dunkel blauen. Auch wenn ich ihn nicht mag, muss ich zugebe, dass es ihm steht. Ob mir so etwas auch stehen würde? „Tut mir leid, dass das so lange gedauert hat. Aber mir sind ein paar Sachen dazwischen gekommen“, entschuldigt er sich und kommt mit einer Tüte zu mir auf die Couch. Ich frage lieber erst gar nicht danach. „Haben sie was zu essen mitgebracht?“, frag ich ihn. Der junge Man mit der weißen Maske nickt. „Das hab ich. Ich stehe zu meinem Wort.“ Er reicht mir die Papiertüte und schenkt uns wieder Bourbon ein. „Danke“, kann ich nur sagen und schaue was drin ist. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Es sind Burger, Pommes und ein Vanille Milchshake. Fast so wie das Essen vom Diner, in Lakeshore. Und es ist auch fast genauso lecker. Ob das vielleicht ein Hinweis ist, wer die maskierte Person ist? Kommt er etwa aus Lakeshore?

„Dir scheint der Bourbon ja richtig zu schmecken“, sagt er, gibt mir mein Glas und deutet auf die leere Karaffe. Lächelnd nehme ich einen Schluck und merke, wie mir wieder ganz warm wird. Ich sollte diesen Alkohol nicht trinken, doch meine dunkle Seite, die wieder mehr zum Vorschein kommt, zwingt mich zum Gegenteil. Ich kann da nichts gegen machen. Leider. Das Blut pulsiert in meinen Adern und sind am Arm wieder deutlicher zu sehen. „Schmeckt ja auch“, antworte ich und beiße in meinem Burger. „Aber nicht zu viel davon trinken“, sagt er, steht auf und holt eine weitere Flasche. „Nein nein. Mach ich nicht“, lüge ich und lehne mich nach hinten.

Es herrscht wieder Funkstille. Wir schauen meinen Freunden beim Baden im Pool zu, bis er sich aufrichtet und zu mir rüber schaut. „Elijah, ich möchte dir etwas erzählen.“ „Was denn für eine?“, will ich  wissen und bin neugierig. „Eine alte Geschichte, die mir einst erzählt wurde. Ich möchte, dass du  sie erfährst.“ „Ich höre dir zu.“ „Gut. Das freut mich. Aber sei gewarnt. Es ist eine lange Geschichte.“ Ich nicke, nehme mir mein Glas und höre ihm zu.

„Alles fing mit deinem Grandpa Jayden, deiner Grandma Amaya und meinem Grandpa Elias an.“ Schon nach dem ersten Satz, weiten sich meine Augen. Was haben meine Großeltern damit zu tun? „Die drein gingen zusammen in eine Klasse und waren gut miteinander befreundet. Was Jayden allerdings nicht wusste, dass Elias heimlich in Amaya verleibt war. Doch deine Grandma wusste davon, spielte mit seinen Gefühlen und entschied sich aber letztendlich für deinen Grandpa.“ Ich erinnere mich an diese Geschichte. Die hat mir Grandpa einmal erzählt. So langsam kommen die Erinnerungen daran wieder hoch.

„Zu allem übel, machte Jayden ihn noch zum Trauzeugen“, macht er weiter. „Theo, der Dad meines Grandpa war so erzürnt, dass er nach der Hochzeit das heimliche Gespräch mit Amaya suchte, sie betäubte und anschließend vergewaltigte.“ Er macht eine kurze Pause, um zu schauen ob ich was dazu sagen möchte, doch ich bleibe stillschweigend sitzen, sodass er weiter macht. „Als dein Grandpa das herausfand, beendete er sofort die Partnerschaft von ihm und seiner Firma Black Industries. Am nächsten Tag wurde dann Theo festgenommen und kam ins Gefängnis.“ Zu recht. „Wie ging es weiter?“, will ich wissen und nippe an meinem Glas Bourbon.

„Es vergingen einige Jahre und plötzlich erfuhr mein Grandpa, dass sein Dad Theo am selben Abend tot in seiner Zelle aufgefunden wurde. Elias dachte, es sei Jayden und wurde zum Serienkiller. Er tötete sechs seiner Klassenkameraden. Diese waren Jackson Turner, Jordan Collins, Julian Morris, Josephine Murphy, Margaret Torres und Anastasia Morgan.“ „Die Vorfahren von Joshua, Eric, Jace, Lucy, Sarah und Fiona“, ergänze ich und nicke. Aber als wenn mein Grandpa, Theo umgebracht hätte. „Gut Elijah. Du erinnerst dich“, meint er. „So ein wenig“, gebe ich als Antwort zu. „Kann ich weiter machen?“ Ich nicke.

„Als Elias gerade dabei war, sein siebentes Opfer, Dana Hamilton zu töten, konnte Jayden das im letzten Moment verhindern.“ Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Hat er gerade wirklich Dana Hamilton gesagt? Das ist Olivias Grandma. Auch wenn er sie nicht umgebracht hat, lernte sie ihre Grams nie kennen. „Er beendete das ein für alle Mal und erschoss meinen Grandpa.“ Ich zucke kurz zusammen, bei der Vorstellung. „Das hat er verdient. Das weißt du hoffentlich“, sag ich zu ihm. Er reagiert nicht darauf, sondern macht gleich weiter.

„Was keiner wusste war, das Elias seinen Sohn Oliver, also mein Dad alles erzählte.“ Oliver? Oh nein. Jetzt macht er klick. Ich weiß es. Ich weiß wer hier gerade vor mir sitzt. Doch ich will es ihm noch nicht wissen lassen. „Und weiter?“ „Du scheinst sehr interessiert zu sein“, sagt er und trinkt ebenfalls einen Schluck seines Bourbon. „Das ist ja auch eine spannende Geschichte. Also, machst du weiter?“ Er nickt. „Als dann Michael, dein Dad, deine Mum Michelle heiratete, wiederholte sich sozusagen das ganze.“ Ich weiß ungefähr, was jetzt kommt. „Mein Dad wollte, dass dein Dad leidet und tötete die Nachfahren der sechs Personen, die Elias umgebracht hat.“ Auch dem kann ich nur zustimmen. „Diese waren Phil Turner, Connor Collins, Samuel Morris, Caroline Murphy, Andrea Torres und Brooke Morgan.“ Ich nicke wieder.

„Und was ist dann passiert?“, frag ich nach. „Mein Dad schaffte es, nicht erkannt zu werden und gab sein wissen an mich weiter. Allerdings hatte Olivier kein wirkliches Problem mit dir Elijah“, erklärt er mir. „Und wie kam es dazu, dass du die beiden umgebracht hast?“ „Das mein lieber erfährst du morgen“, sagt er und steht auf. „Wie jetzt? Du kannst doch jetzt nicht einfach aufhören“, protestiere ich und schaue ihn an. „weil du den Rest erst morgen früh erfährst: Morgen wird ein ganz besonderer Tag.“ Ich bin ein bisschen verwirrt. „Und warum das ein besonderer Tag ist, werde ich anscheinend auch erst morgen erfahren.“ „Genau. Und jetzt gute Nacht. Schlaf ein wenig. Ich brauche dich morgen bei vollen Kräften.“ Ich frage erst gar nicht nach.

Nach dem ein paar Minuten vergangen sind und ich mir sicher bin, dass er weg ist, nehme ich mir den Rest Bourbon und mache es mir auf der Couch gemütlich. Ich wusste ja schon ein wenig von der Geschichte, aber als ich sie erneut gehört habe, hätte ich nicht gedacht, dass sie so krass ist. Das schien ein richtiges Blutvergießen damals zu sein. Und naja. Es scheint sich erneut zu  wiederholen. Wenn es stimmt, dann sind Jace, Lucy, Sarah und Fiona in großer Gefahr. Einer von ihnen wird als nächstes von ihm umgebracht. Doch warum tut er das? Als ich vorhin herausfand, wer sich hinter der Maske versteckt, konnte ich es  erst selbst nicht glauben. Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich will es nicht glauben. Das darf einfach nicht sein. So kenne ich ihn gar nicht.

Nur die Vergangenheit kennt die Wahrheit 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt