Kapitel 26

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Kapitel 26:



Elijah



„F...Feli? D...Das kann nicht sein. Was machst du hier?“ Komplett überfordert mache ich vorsichtig einen Schritt nach vorne. „Elijah... Du lebst“, sagt sie und auf ihrem Gesicht bildet sich ein erleichterndes Lächeln. Was um alles in der Welt macht seine Schwester hier?! „Hast du etwa was anderes erwartet?“, will ich wissen und schaue sie mit hochgezogener Augenbraue an. Langsam nickt sie. „I...Ich wusste ungefähr was mein Bruder vor hatte, a...aber nicht das er so weit geht“, antwortet sie. „Du wusstest davon?!“, kommt es laut aus mir heraus. Ich fahre mir mit der Hand durch mein zerzaustes Haar und weiß echt nicht, was ich sagen soll. „Elijah er hat mich manipuliert. Ich weiß nicht wie er es gemacht hat, aber er hat es. Er hat mich in seiner Gewalt“, sagt sie mit zittriger Stimme und geht auf die Knie. „Wie meinst du das Feli?“, frag ich nach und hocke mich hin. Ich lege meine Hände auf ihre Knie und versuche sie ein wenig zu beruhigen.

„Mein Bruder hat mir nur gesagt, dass er irgendwas mit dir vor hat. Er meinte, es würde nur ein Scherz werden. Ich hab ihm Anfangs geglaubt, doch als Eric dann getötet wurde, hab ich ihn zur Rede gestellt. Wenn ich ihm nicht gehorche, würde mir das selbe passieren. Es tut mir so unglaublich leid Elijah“, erfahre ich und kann es immer noch nicht glauben. Wie kann ein Mensch nur so schrecklich sein, dass er sogar schon auf seine eigene Schwester zurück greift? „Er hat dich nur ausgenutzt.“ Ich ziehe Feli in eine Umarmung und drücke sie an mich. „Aber woher weiß ich, dass du mir die Wahrheit sagst? Wie kann ich mir sicher sein das du mich nicht umbringst, auf Befehl deines Bruders?“ Sie löst sich von mir und steht auf. „Ich könnte nie jemanden umbringen, der mir wichtig ist Elijah“, antwortet sie mir. „Das dachte ich bei ihm auch.“ Feli kommt ein Stück näher und lässt mich in ihre Augen schauen. Sie sind braun, so wie ihr Haar und in ihnen kann ich die Wahrheit erkennen. „Komm mit. Ich werde dir helfen. Vielleicht glaubst du mir dann.“ Ich nicke und folge ihr hinaus auf den Flur.

Kaum habe ich den Flur betreten, atme ich erleichtert aus. Auch wenn ich keinen blassen Schimmer habe, wo wir sind, bin ich froh aus diesem Raum zu sein. „Wo gehen wir hin?“, frag ich als erstes. „Ich zeig dir das Zimmer von meinem Bruder.“ Mein Atem stockt. Jetzt geht es also in die Höhle des Löwens. „Bist du bereit Elijah?“, möchte sie vor der Tür wissen. „Bin ich.“ Sie hält die Zimmerkarte vor das Schloss und lässt mich in sein Raum. Meine Augen weiten sich ruckartig und mir verschlägt es die Sprache. Mr no Names Zimmer ist mindestens doppelt so groß wie das, wo ich drin war. An der einen Wand befinden sich mehrere Bildschirme und auf der anderen Seite eine riesige Mordwand. Das erinnert mich an die Wand, die wir bei dem totem Typen gefunden haben, der meine Schwester Mey damals so zugerichtet hat. Ich würde mich echt gerne länger umsehen, aber mir bleiben nur noch 15 Minuten, bis Mitternacht.

„Dein Bruder ist schrecklich Feli“, kann ich nur sagen. Sie sagt nichts dazu, sondern reicht mir etwas. Uns zwar mein Handy. „Er hat dir seine Geschichte erzählt Elijah, aber ich bin der festen Überzeugung, dass dein Dad nicht unsere Mum umgebracht hat. Bitte finde die Wahrheit heraus. Vielleicht bringt ihm das ja zur Vernunft“, fleht sie mich an. „Das werde ich machen. Zeigst du mir dann den Weg in den Essensaal?“ Sie schüttelt den Kopf. „Das kann ich leider nicht. Tut mir leid. Ich muss wieder zurück, sonst schöpft er verdacht. Aber wenn du den Gang weiter läufst, kommst du direkt aufs Oberdeck. Dann ist es nicht mehr so weit“, erklärt sie, nimmt das Trinken vom Tisch und geht zur Tür. „Pass auf dich auf Feli“, bitte ich sie noch schnell, bevor sie verschwunden ist. „Du schaffst das Elijah. Das weiß ich.“ Ich nicke nur und warte, bis sie weg ist.

Ich schalte mein Handy wieder ein und werde sofort von Nachrichten und verpasste Anrufe bombardiert. Die meisten sind von Kira und die Anrufe von meinem Grandpa. Hat er etwa versucht mich zu warnen? Verdammt. Schnell rufe ich zurück und hoffe, dass er ran geht. „Mein Gott Elijah. Endlich rufst du zurück“, legt er gleich los, noch bevor ich etwas sagen kann. „Grandpa ich brauch deine Hilfe. Es ist wichtig.“ „Wo befindest du dich mein Junge?“, will er wissen und wirkt angespannt. „I...Ich hab keine Ahnung. Auf der Abschlussfahrt. Irgendwo auf dem Atlantik“, antworte ich etwas überfordert. „Hör mir jetzt bitte gut zu. Es ist für dich nicht mehr sicher dort. Du musst dort verschwinden.“ „Grandpa... Es ist schon zu spät... Ich hab nicht mehr lange Zeit. Um Mitternacht ist alles vorbei“, versuche ich ruhig zu erklären. Grandpa Jayden verstummt. „Wie schlimm ist es?“ Ich setze mich auf die Couch, die an der Wand steht und mache weiter.

„Es ist schrecklich. Joshua. Eric, Fiona, Sarah und Lucy sind bereits tot.“ „Es tut mir unglaublich leid was passiert ist Elijah. Es zerreißt mir das Herz, dass ich dich nicht früher warnen konnte. Vor ein paar Tagen hab ich erst von Joshuas Tot erfahren und hatte bereits da schon ein ungutes Gefühl. Ich hab versucht dich zu erreichen, aber erfolglos.“ Die Traurigkeit in seiner Stimme ist nicht zu überhören. Ihm fällt es sicher auch nicht einfach, darüber zu reden. „Grandpa du musst mir bitte helfen“, flehe ich ihn durchs Handy an. „Sag mir wie und ich tue es.“ „Er hat mir von der Geschichte der Familie Coleman erzählt. Aber seine Schwester Feli meinte, dass sie nicht der Wahrheit entspricht. Sie meinte, dass du sie weißt.“ „Hat er dir gesagt, wer seinen Urgroßvater Theo ermordet hat?“, will er wissen. Ich schlucke den Kloß hinunter, der sich gerade in meinem Hals gebildet hat. „Ja hat er. E...Er meinte, dass du es warst.“ „Das stimmt aber nicht.“ „Wer es dann?“

„Ich weiß nicht wie, aber irgendwie hat Sean Vance davon erfahren und hat ihn in seiner Zelle ermordet“, erklärt er. Mir läuft es kalt über den Rücken hinunter. Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen? „Aber was hat Sean damit zu tun?“ „Ich hab ihm damals vertraut Elijah“, kann er nur sagen. Das war ein Fehler von Grandpa. „Eine Sache gibt es noch, die ich an seiner Geschichte nicht glaube“, sag ich zu ihm. „Erzähl.“ „Er mochte mich. Er hatte nichts an mir auszusetzen, bis sein Dad erfuhr, dass ich mit Kira glücklich bin. Er meinte, dass mein Dad Michael, seine Mum Penelope umgebracht hat. Bitte sag mir, dass das nicht stimmt.“ Ich habe ein wenig Angst vor der Wahrheit. „Er hat was erzählt?!“, fragt er laut. „Grandpa... stimmt es?“ „Nein. Es stimmt nicht. Ich will es am liebsten gar nicht aussprechen, so schlimm ist es, aber es war Oliver selbst, der seine Frau ermordet hat. Sonst hätte sein Sohn das nie weitergeführt.“ Mir fällt fast mein Handy aus der Hand. „Wie kann man nur sowas seiner eigenen Familie antun?“ „Ich weiß es nicht Elijah. Aber jetzt weißt du die ganze Geschichte. Geh und halte ihn auf. Vielleicht kannst du schlimmeres Verhindern.“ „Danke“, sag ich nur und lege auf.

Und wieder einmal ist Sean Vance der Auslöser, dieses grausamen Blutbades. Er ist nicht direkt dran schuld, aber hätte er damals nicht diesen Theo in seiner Zelle erschossen, wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen. Aber auch sein Dad ist nicht ganz unschuldig. Ich stecke mein Handy in meine Hosentasche und wollte gerade aus dem Raum, als ich von einem Gegenstand aufgehalten werde, der sich auf dem Tisch befindet. Eine Waffe. Vorsichtig nehme ich diese in die Hand und schaue sie mir genauer an. Sie ist gesichert und hat nur noch einen Schuss frei. Ob diese wohl für mich vorgesehen war? Vorsichtshalber stecke ich sie in meine Hosentasche und mache mich auf den Weg. Was wird mich im Essensaal erwarten? Ist eventuell schon die nächste Person gestorben? Hoffentlich nicht. Es sollen nicht noch mehr meiner Freunde sterben. Nur noch einer. Uns zwar Er! Aber ob es wirklich eine so gute Idee ist, in zu erschießen? Er hat immer noch eine Schwester, die nichts dafür kann. Man ist das kompliziert.

Nur wenige Minuten später erreiche ich den Essenssaal. Ich bleibe etwas abseits stehen und erblicke Olivia. Sie tanzt immer noch mit Mr no Name, aber dieser steht zum Glück mit dem Rücken zu mir. Meine beste Freundin erblickt mich und sofort bildet sich ein freudestrahlendes Grinsen auf ihrem Gesicht. Am liebsten möchte sie jetzt einfach nur zu mir, doch ich signalisiere ihr, dass sie sich zurückhalten soll. Mit einem kleinen nicken bestätigt sie meine bitte. Auch die anderen Tanze weiter und bemerken mich gar nicht. Doch dann ergreift Felis Bruder wieder das Wort, wodurch ich gezwungen bin, mich durch einige Schritte nach hinten, zu verstecken. „Nur noch zehn Minuten bis Mitternacht meine Freunde“, kommt es aus ihm heraus. Die Tanzpaare bleiben stehen und schauen Mr no Name an. „Und wie ich sehe, wirkt das Gift bei eurem nächsten Freund“, verkündet er. Die Blicke der anderen und auch meiner wandern durch den Raum. „J...Jace“, stottert Stella auf einmal. Sie läuft käsebleich an, als sie ihn auf dem Boden liegen sieht. Der Anblick über die Bildschirme war schon nicht schön, doch es Haut nah mitzuerleben, ist schlimmer.

„Der liebe Jace hat nun auch seinen Frieden gefunden“, sagt er mit einer Selbstverständlichkeit in der Stimme. „Sie sind so grausam“, höre ich Olivia sagen, die Stella kurz in den Arm genommen hat und nun wieder zu ihm geht. „Feli, wärst du so lieb und schenkt uns allen ein Glas Sekt zum Anstoßen ein“, bittet er seine Schwester und geht nicht weiter darauf ein. Anscheinend hat er noch keinen Verdacht geschöpft. Zum Glück. „Nein. Ich werde es machen.“ Olivia... Warum tust du das? Mr no Name sagt nichts, sondern lässt sie gehen. Das könnte meine Chance sein. Ich hole meine Waffe hervor und lade sie. Jetzt muss ich aufpassen. Ein falscher Schuss und alles ist vorbei.

Mit angespannten Körper gehe ich langsam in den Essenssaal. „Es ist aus. Hör sofort auf!“, rufe ich und zeige mich. „Elijah“, kommt es aus Olivia heraus, die sich freut. Sie kann sich endgültig nicht mehr zurückhalten und kommt auf mich zu. Doch da haben wir eindeutig die Rechnung ohne Mr no Name gemacht. „Hier geblieben“, ruft er laut und zieht meine beste Freundin zurück. Er nimmt sie in die Mangel und hält ihr eine Waffe an den Kopf. Verdammt. Warum hab ich diese nicht gesehen? Ich richte meine sofort auf ihn und die anderen schreiten zur Seite. Das er jetzt Olivia in seiner Gewalt hat, macht die Sache nur noch komplizierter, als sie schon ist. „Lassen sie sie los. Sie hat nichts damit zu tun. Das ist ganz allein eine Sache zwischen dir und mir“, rede ich mit ruhiger Stimme auf ihn ein und mache einen Schritt auf ihn zu. „Bleib stehen oder ich jage deiner Freundin hier eine Kugel durch den Kopf“, droht er und drückt diese nur noch mehr an ihren Kopf. „Elijah“, sagt sie mit zittriger Stimme und lässt ihre Tränen laufen.

„Was ist dein Ziel? Warum tust du das? Hast du nicht schon genug meiner Freunde auf dem Gewissen?“, konfrontiere ich ihn, mit der Hoffnung zu ihm durchzudringen. „Halt deine Klappe Elijah. Lass es gut sein. Es sind nur noch ein paar Minuten bis Mitternacht“, antwortet er, doch davon lasse ich mich nicht einschüchtern. „Das werd ich nicht. Komm. Los sag mir, warum du das alles machst“, provoziere ich ihn ein bisschen. Er hält sie fester fest und macht mit Olivia ein Schritt nach vorne. „Weil dein Dad meine Mum umgebracht hat!“ Ich schüttel nur den Kopf und fange an zu lachen. „Es ist traurig, wie leicht du dich hast manipulieren lassen. Das ist nämlich genau das, was dein Dad dir weiß machen wollte.“ Er schaut mich durch seine weiße Maske, verwirrt an. „Wie meinst du das Elijah?“

„Ich habe mit meinem Grandpa vorhin telefoniert.“ Durch seine Maske sehe ich, wie seine Augen sich weiten. „Mein Dad hat deine Mum nicht umgebracht. Es war ihr Mann, also dein Dad selbst, der sie erschossen hat.“ „D...Das kann nicht sein Elijah. Du lügst!“ „Sie mir in die Augen und sag mir noch mal, dass ich lüge. Es ist die Wahrheit. Dein Dad konnte mir mein Glück nicht gönnen. Er wollte, dass du es zu Ende bringst. Und weißt du auch warum?“, frag ich ihn und mache einen weiteren Schritt nach vorne. Mr no Name schüttelt den Kopf. „Weil dein Grandpa Elias dachte, dass Jayden dein Urgroßvater Theo in seiner Zelle erschossen hat.“ „Hat er ja auch“, antwortet Felis Bruder. Die Wut kocht in mir fast über. „Nein hat er nicht! Es war Sean. Irgendwie hat er was herausgefunden und dann Theo umgebracht“, erkläre ich ihm. Die übriggebliebenen meiner Freunde sind genauso sichtlich schockiert, wie er. Nur das er es immer noch nicht  richtig fassen kann.

„W...Wenn es stimmt, was du da sagst Elijah...“ „Es stimmt!“, korrigiere ich sofort. „D...Dann ist er an allem Schuld.“ Ich nicke zustimmend. „Aber das heißt ja dann, dass ich...“ „Das du unsere Freunde hier alle umsonst umgebracht hast.“ „Was bin ich nur für ein Monster?“, fragt er sich selbst. „Du wurdest manipuliert. Das konnte keiner von uns wissen. Aber du hast immer noch die Chance, dass hier alles friedlich zu beenden. Lass Olivia los und gib meinen Freunden das Gegengift, dann passiert keinem etwas“, rede ich auf ihn ein. Doch dann fängt er an zu lachen. Noch fünf Minuten bis Mitternacht. „Elijah ich würde es gerne tun...“, sagt er und senkt seinen Kopf. „Dann tu es. Bitte“, flehe ich an und schaue auf Olivia. Sie versucht sich los zu reißen, doch sein Griff ist viel zu fest. „Weil es nicht geh! Es geht verdammt noch mal nicht!“, schreit er und geht mit ihr wieder ein paar Schritte zurück. „Was meinst du? Warum geht es nicht?“, will ich wissen und werde nervös.

„Wenn ich es nicht zu Ende bringe, bringt er meine Schwester um“, gibt er zu. Unsere Blicke gehen sofort alle zu Feli. Sie hat sich an den Bankett Tisch gestellt und starrt auf den Boden. „Lass sie los Felix!“, kommt es laut aus mir heraus. Ich feuere meinen einzigen Schuss ab und treffe Mr no Name an seiner rechten Schulter. Voller Schmerz schreit er auf und sackt zu Boden. Er lässt Olivia endlich los und kommt auf mich zu gelaufen. „Elijah“, sagt sie überglücklich und springt mir in die Arme. „Olivia“, ist das einzige, was mir über die Lippen kommt. Ich packe meine Hände unter ihrem Po und halte sie somit fest. „I..Ist es endlich vorbei?“, will sie wissen und drückt sich eng an mich. Ich nicke. „Ich denke schon“, antworte ich. Olivia schaut mir in die Augen und meine Wangen färben sich wieder rot. „Ich hab dich vermisst“, sagt sie und küsst mich. Ein Kribbeln zieht sich durch meinem Körper und etwas überrascht erwidere ich ihn.

„Es ist noch nicht vorbei“, hören wir Felix sagen. Er hat sich mittlerweile hingesetzt und hält sich an die Schulter. „Wie jetzt?“, will ich wissen. Ich setze Olivia nur ungern ab und widme mich wieder ihm. Mit seiner anderen Hand nimmt er endlich seine weiße Maske ab. „F...Felix“, kommt es aus den anderen heraus. Seine Schwester will sofort zu ihm eilen, doch mit einem finsteren Blick hält er sie schweren Herzens davon ab. Sein Gesicht ist mit blauen Flecken übersät. „Was ist mit deinem Gesicht passiert?“, frag ich direkt nach. Ich mache ein paar Schritte auf ihn zu und hocke mich ihm gegenüber hin. In seinen Augen erkenne ich die Angst. Er hat große Angst. „Mein Dad... Das ist sein Werk. Wie du schon gesagt hast. Ich wollte erst nicht...“, erfahre ich. Wie kann man nur sein eigenes Kind schlagen? Ich könnte sowas nie im Leben und bin auch sehr froh darüber, dass mein Dad es nie getan hat.

„Felix nein. Das würde unser Dad niemals machen“, setzt sich Feli für ihn ein, was ich gerade überhaupt nicht verstehen kann. „Ach hör doch auf Schwesterherz. Er hat dich schon immer bevorzugt, falls du es nicht gemerkt hast.“ „Tut mir wirklich leid, für euer zerstrittenes Familienverhältnis, aber Felix... was meinst damit, dass es noch nicht vorbei ist?“ Er fängt an zu lachen. „Das Gegenmittel reicht nur für eine einzige Person in diesem Saal hier. Uns zwar für sie“, sagt er und zeigt mit dem Finger auf seine Schwester. Fassungslos starrt sie ihren Bruder an und fängt an zu weinen. „D...Du hast was? Du hast was getan?!“, keift sie ihn an und macht einen Schritt nach vorne. „Unser Dad wollte es so. Er hat dich als Druckmittel benutzt, damit ich es auch wirklich durchziehe. Weißt du noch die Trinkflasche, welche wir von ihm bekommen haben, als wir Lakeshore verlassen haben?“ Anfangs verwirrt sie diese Frage, doch dann nickt sie. „Ja. I...Ich erinnere mich“, stottert sie schluchzend. „Er hat dir dort ebenfalls Gift reingemacht“, gibt er zu und lässt ebenfalls seine Tränen laufen.

„Spinnst du eigentlich vollkommen Felix Coleman?!“, faucht sie ihn an und verpasst ihm eine Backpfeife. Die zweite schon an diesem Abend. Er rutscht ein wenig nach hinten, um den Abstand zu uns dreien zu vergrößern. „Und jetzt erklärst du gefälligst, warum du mir nicht geholfen hast! Ansonsten bin ich diejenige, welche dir dein verdammtes  Herz aus der Brust reißt. Ich denke, Elijah hätte damit kein Problem.“ Eigentlich hätte ich ehrlich gesagt schon was dagegen, aber meine dunkle Seite sagt da was anderes. „“Nein Feli. Hab ich nicht“, antworte ich und grinse. „Also lieber Bruder, ich bekomme noch eine Antwort.“ Er schluckt hörbar und schaut uns beide abwechselnd an. „Ich weiß nicht wie unser Dad es geschafft hat, aber er hat mich manipuliert. Er hat mich so manipuliert, dass ich dir nicht helfen darf. Ich will, aber ich darf es einfach nicht. Und das zerreißt mich innerlich zu tiefst“, erklärt er. Manipuliert? Was meint er damit?

„Und das soll ich dir glauben Felix?“, hinterfragt sie das ganze. „Es ist die Wahrheit und ich kann nicht mehr machen, um dich zu retten.“ Und endlich bekomme ich wieder etwas über meine Lippen. „Wie viel Zeit bleibt ihr noch?“, will ich wissen. Doch dann ertönt die Standuhr im Essenssaal. Es ist Mitternacht. Durch die Fenster leuchten ein bisschen die Sterne und vor allem der Vollmond in den Saal hinein. „E..Es ist zwölf...“, kommt es aus ihm heraus. Im selben hören wir, wie Feli anfängt zu husten. Es wird lauter. Sie spuckt Blut und bricht zusammen. „Feli“, sag ich und eile sofort zu ihr. Die anderen bleiben wie angewurzelt stehen und beobachten nur das Geschehen. Sie sind alle Handlungsunfähig. Keiner kann sich bewegen.

„S...Sie hat kein Puls mehr“, stammel ich leise hervor und beginne sofort mit der Herz-Druckmassage. „Elijah...“, sagt er, doch ich beachte ihn nicht. „Elijah...“, wiederholt er sich. „Was ist verdammt noch mal?! Ich versuche deine Schwester gerade zu retten“, antworte ich laut zurück und spende ihr Kohlenstoffdioxid durch den Mund. „D...Das Gegengift... Ich kann es ihr nicht geben. Das musst du machen. Bitte...“, fleht er mich an und deutet auf die Phiole. Warum bin ich da nicht gleich drauf gekommen. Schnell reiße ich ihm die Kette vom Hals, öffne den Stöpsel und lasse das Gegenmittel in ihren Mund fließen. „Bitte Feli. Komm zu uns zurück“, flüstere ich und mache weiter. Immer wieder versuche ich ihren Puls zu spüren, doch nichts verändert sich.

Nach zehn Minuten höre ich dann auf. Es bringt nichts mehr. Leider. „Jetzt ist es vorbei“, gebe ich schweren Herzens zu und schließe ihre Augen. „Ruhe in Frieden Felicitas Coleman. Du warst eine tolle Kämpferin. Wir werden dich nie vergessen“, sag ich und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. Anschließend wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und stehe auf. „I...Ist meine Schwester? Ist sie...?“, will Felix wissen und rappelt sich auf. „Ja. Sie ist tot. Deine Schwester lebt jetzt bei unseren Freunden im Himmel weiter. Auf sie wartet eine neue Reise“, kann ich nur sagen. Ich gehe zu meiner besten Freundin und ziehe sie in eine Umarmung. Sofort klammert sie sich an mich und legt ihren Kopf an meine Brust.

„Ich hab alles getan Olivia. Ich hab versucht sie zu retten, aber ich war machtlos. Es tut mir leid.“ Olivia streicht mir über den Rücken, beruhigt mich so und bittet mich, sie anzuschauen. „Es muss dir nicht leid tun Elijah. Du hast alles in deiner Macht stehende getan, um sie zu retten. Ich bin stolz auf dich.“ Ein kleines Lächeln bildet sich auf meinem Gesicht. „Danke. Ich hab dich vermisst“, gebe ich zu und lege meine Hand an ihre Wange. „Und ich dich erst.“ Sie stellt sich auf Zehenspitzen und küsst mich.

Nur die Vergangenheit kennt die Wahrheit 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt