Zweiunddreißig

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• Amy •

Ich fühlte mich immer dumm, wenn ich auf der Trage in Annas Hauskrankenzimmer saß. Da wachte dann das kleine Kind in mir auf, dass von dem Roller gefallen ist und sich beide Knie aufgeschlagen hat. Oder Erinnerungen daran von Jason die halbe Autoauffahrt hinuntergejagt zu werden und die andere Hälfte hinunter zu kugeln. Außerdem war es immer komisch von Anna behandelt zu werden, weil sie ja einerseits meine Nachbarin ist, andererseits Jason Mutter und genau dieser meistens im Türrahmen steht und zuschaut.
Er hat sich immer so richtig gefühlt, wenn ich auf Annas Trage saß. Ich hab ihm dann ständig meine Brüder nachgehetzt also waren wir im Unentschieden.

"Ich hol nur schnell ein neues Desinfektionsmittel.", sprach Anna sanft und stieß sich auf ihrem Behandlungssessel nach hinten zu einem kleinen Schrank.
"Anna, muss das sein?", klagte ich erschöpft. "Kannst du die nicht einfach nur rausziehen? Das verheilt doch eh."
Sie fuhr so schnell herum, dass sogar Jason erschrocken im Türrahmen aufsprang. "Amy."
"Okay, meinetwegen.", sprach ich brav und blieb ruhig sitzen.

"Als ob du es nicht besser wüsstest.", warf mir Jason gedanklich vor. "Du sagst meiner Mutter nicht einfach was sie machen soll wenn es um ihre Arbeit geht, Amy."
"Halt dich da raus!", keifte ich ihm genervt zurück. "Du bist der Grund warum ich hier überhaupt sitzen muss!"
Und dann hätte ich ihn schlagen können. Fing er doch einfach an loszukichern... Als ob es witzig wäre, was mir passiert ist und nicht einfach schmerzhaft.
Anna atmete dramatisch aus, als sie sich ihrem Sohn zuwandte. "Was ist so witzig?" Damit stieß sie sich an dem Schrank weg und rollte mit ihrem Stuhl quer durch den Raum zurück zu mir.
"Ich finde es nur amüsant wie Amy sich verletzt hat."
Ich schnaubte genervt auf. Dem werde ich es noch zeigen. Er-
"Wie bist du eigentlich genau noch einmal in die Kakteen deiner Mutter gefallen?", fragte Anna nachdenklich nach, während sie mit dem Desinfektionsmittel definitv nicht sparte. Zischend versuchte ich ruhig sitzen zu bleiben, während Jason ungeniert weiterlachte.

Linns Geburtstagparty endete damit, dass Jason in seinem Haus schlafen wollte aus Sorge vor seiner Mutter und dieser Gute-Nacht Geschichte von Linn und Leo über einen Wolf, der nicht-Seelenverwandte überhaupt nicht gerne zusammen sieht. Nachdem Kira und Alex eingeschlafen sind, habe ich mich dann bei den anderen ausgeredet, dass ich auch lieber in meinem Bett schlafen würde - was sie komischerweise sofort akzeptiert haben - und bin dann im Haus verschwunden. Tatsächlich bin ich aus dem Haus geschlichen und rüber ins Jasons Haus geflitzt, wo er mich schon in der Tür erwartet hatte.
Die Nacht war einfach angenehmer an seiner Seite - mit der Kissenwand zwischen uns, die ich ihm dieses Mal definitv nicht zugelassen habe abzubauen. Vor allem nach dieser 'Eine, die hat es nicht gewusst und ist klug nicht in die Falle geschlüpft. Eine, die wollte es probieren, jetzt tut sie sieben Meter unter der Erde gefrieren.' Geschichte über die ich unbedingt mal mit Linn ein ernstes Wörtchen reden müsste. Wer erzählt sowas einer Horde an halbschlafenden Kindern? Außer vielleicht Kira und Alex, die einfach aufwandslos wrggedüst waren. Jedes Mal wenn ich die Augen schloss, bildete ich mir ein jemand tappste in den Raum hinein und sah mir beim Schlafen zu. Ich brauchte Jason in dieser Nacht.

Aber jetzt - am Morgen danach - konnte er definitv auf der anderen Seite der Tür bleiben mit seinem dummen Lachen.

Ich bin in der Früh früher aufgestanden, um mich wieder heimlich in mein Haus und in mein Bett zu schleichen. Zu meinem Unglück sind aber genau in dem Moment Kira und Linn aus der Garage meiner Brüder gekommen, sodass ich einen anderen Weg gebraucht habe und prompt über den Zaun im hinteren Garten geklettert bin. Jasons Katze Olivia hat dann währen meinem Klettervorgang hinter mir so oft miaut, dass ich mich erschrocken habe und den Halt verloren habe. Woher hätte ich denn auch wissen sollen, dass meine Mutter jetzt seit neustem auch Kakteen in ihrem Garten eingepflanzt hat? Genau an der Stelle, wo ich geklettert war.
Linn und Kira waren mir zur Hilfe geeilt - nachdem ich dummerweise aufschrie - und ich würde alles dafür verwetten, dass sie mir meine Ausrede auf gar keinen Fall abgekauft haben. Genauso wenig wie Anna, die wieder zur Pinzette griff.

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