Siebenunddreißig

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~ Linn ~

Es war um alles in Wort zu fassen... angenehm. Mein Fenster war etwas offen und die frische Nachtluft füllte mein kleines Zimmer und ließ mich gleichzeitig halbwach aufatmen. Mama hatte zwar gegen meine Proteste die Kuscheldecke, die ich zu den Wolfdates an den einigen Samstagabenden mit Noah mitgenommen hatte, gewaschen, aber nun konnte ich sie wieder in meinem Zimmer benutzen.

Ich konnte das Gefühl der Vollkommenheit nicht beschreiben, welches ich gerade erlebte, während ich an Noah angelehnt in eben dieser Kuscheldecke auf dem Boden meines Zimmers eingewickelt saß. Wir sahen uns zwar sowieso fast jeden Tag in der Schule und in der Siedlung, aber das hatte etwas intimeres. Es erinnerte mich an die Nächte, die er unwissend mit mir im Wald bei meinem Lieblingsplatz verbracht hatte.

Ich zog die Decke etwas mehr um mich, weil durch ihn und seine blöde Kältephase das Zimmer eiskalt war. Wie lang ginge diese Phase denn? Muss ich auf ewig mit einem Eisblock zurechtkommen? Als Kira und Amy mir erstmals von Noahs komischen Phasen erzählt haben, hieß es noch, dass es nur höchstens drei Wochen andauerte und denen näherten wir uns bald.

Dramatisch atmete ich aus und schwenkte den Kopf in seine Richtung. Er musterte mich daraufhin eingehend genauso wie ich ihn. Kurz danach lehnte er sich zu mir und drückte mir einen kleinen Kuss auf den Haaransatz. "Weißt du dass ich sowas eigentlich nur mit echt guten Freunden mache?", flüsterte er und setzte ein schelmisches Grinsen auf.
"Was denn?", flüsterte ich genauso leise zurück. Es war als ob keiner von uns die angenehme Stille durchbrechen wollte. Wie als wenn dann wieder das Chaos in unseren Leben ausbrechen würde und alle Sorgen uns wie die blaue Rakete den ersten Platz bei Mario Kart verfolgen. Oder irgendwer uns Bananenschalen in den Weg werfen.
"Einfach nicht reden. Manchmal esse ich mit meinen besten Freunden in Stille ohne dass wer redet. Nicht weil wir keine Themen haben, sondern weil es einfach angenehm ist. Nicht so gezwungen wie es manchmal mit Fremden wirkt."
Geschmeichelt lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und schloss die Augen für einen Moment.

"Kann das Leben nicht einfach so bleiben wie es jetzt ist?", rutschte mir einige Minuten später nachdenklich hinaus.
"Manchmal läuft alles nicht wie wir es uns wünschen. Es kann nicht alles problemfrei sein."
"Aber trotzdem.", quengelte ich müde.
Noah lachte rau auf. "Wäre es dir lieber, dass wir uns unsere Probleme aussuchen können? Dann würden wir alle die leichten Wege nehmen."
"Naja, zumindestens haben wir jetzt endlich einigermaßen ein Happy End." Ich konnte spüren, dass er den Mund geöffnet hat, um mich besserwissisch wie er sich die letzten Minuten eben verhalten hat, irgendwie zu korrigieren. "Auch-", fing ich stattdessen betonend an und schlug die Augen auf. "Wenn wir noch nicht am Ende unserer Leben sind und uns noch sehr viel passieren kann."
"-Aber", unterbrach er mich nun schmunzelnd. "Wir werden es zusammen durchstehen... was auch immer man uns in den Weg stellt." Kurz danach zuckte er zusammen, wandte den Kopf von mir ab und zischte genervt vor sich hin. "Sei leise, Fellknäul. Warum musst du auch jetzt aufwachen?"

Es war komisch zu sehen, wie Noah mit seinem Wolf kommunizierte. Nicht weil er einen hat und ich vorläufig nicht, sondern weil er offen mit ihm redete... laut. Normalerweise läuft das alles telepathisch ab, weil alles was mit inneren Wölfen zu tun hat geheim gehalten werden sollte. Stimmen, Gespräche und vor allem und am allerwichtigsten Namen sind von einem Werwolf strenggeheim zu halten und nur mit der oder dem Seelenverwandten zu teilen. Das waren inoffizielle Werwolfsregeln.
"Was hat er denn gesagt?", fragte ich neugierig nach.
"Dass ich zum Philosophen mutieren."

Kichernd rutschte ich weiter zu ihm hinüber und schlang einen Arm um ihn. Er regte sich kurz aus meiner Umarmung und richtete mir meine Decke, die mir von den Schultern gerutscht war.
Mein Herz war so voll, dass ich einfach nur mehr in seiner Nähe bleiben wollte. Essen, Trinken und Schlafen war wie vergessen. Noah strahlte einfach etwas aus, was mich zu ihm führte wie Blumen Insekten anzogen.

ᴡɪᴇ ʜᴇɪßᴛ ᴅᴇɪɴᴇ ᴡᴏ̈ʟғɪɴ? ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt