13 ~ Rätsel um den Hoodie

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Kaum hatten wir einen Fuß in den Park gesetzt, wurden wir schon von der unendlichen Vielfalt empfangen. Bienen flogen umher, surrten und bestäubten eifrig die wunderschönen Blumen, welche in allen Farben aus dem Boden sprießten. Ich kam gern hier her, genoss die Ruhe und die Natur, da es in einer Stadt allein den Großstadtdschungel gab.
Luca schien es ebenfalls zu genießen. Er hatte eine entspannte Haltung eingenommen und scannte mit seinen Augen jeden Winkel des Parks ab.
Ich beobachtete ihn, hasste es, wie er mich schon in den Bann gezogen hatte, wo ich doch einfach nur meine Ruhe wollte. Mit solchen Leuten wollte ich nichts zu tun haben, doch so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte ihn nicht hassen.
Schließlich blieb sein Blick auf mir liegen. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen, bevor er sich eine Pommes in den Mund steckte.
»Schön hier. Fast wie in einem Märchenwald«, sprach er und ich konnte ihm nur zustimmen.
Die meterhohen Bäume bildeten ein natürliches Dach, welches vor der heißen Sonne und dem Regen schützte. In der Mitte des Parks waren Bänke in einem Kreis rund um eine Statue angeordnet, die ich nicht kannte, doch ich saß manchmal dort und las. Wenn es die Zeit erlaubte zumindest.
Zielstrebig steuerte ich auf genau diese Bänke zu und Luca trottete mir hinterher, wie ein Hund.
Wir ließen uns auf das geschliffene Holz sinken und ich aß meinen Hotdog zu Ende, genau wie Luca seine Pommes.
»Ist doch gut, dass du mit mir gekommen bist, oder? Sonst würdest du bestimmt irgendwo ganz alleine sitzen«, sprach der Schwarzhaarige mit einem schiefen grinsen, bevor er sich die letzte Pommes in den Mund stopfte und den Pappteller in den Mülleimer neben der Bank warf.
Ich konnte nicht anders, als leise zu lachen.
»Wer's glaubt. Ich wäre mit meiner besten Freundin in die Stadt gegangen und hätte dort meinen Spaß gehabt«, gab ich zurück. Auch ich warf meinen Abfall weg und blickte nach oben zum Blätterdach, welches den Himmel beinahe vollständig verdeckte. Nur hin und wieder schimmerte das Blau hindurch.
Luca sah zu mir herüber und musterte mich.
»Aber es war trotzdem gut, oder?«
Ich ertappte mich dabei, wie ich nickte und ein zufriedenes Grinsen huschte über das Gesicht meiner Begleitung. Wusste er eigentlich, wie unwiderstehlich das aussah? Wie sehr dieses kleine Grübchen mich wahnsinnig machte, wenn er mich so an schmunzelte? Wahrscheinlich wusste er es ganz genau, denn seine Wirkung auf mich hatte er ja auch sehr schnell durchschaut.
»Siehst du? Es ist wichtig, fremden Leuten eine Chance zu geben«, flüsterte er mir zu, war mir plötzlich so nah, dass sich die Härchen in meinem Nacken augenblicklich aufrichteten.
Blitzschnell wandte ich den Blick von der Natur ab und richtete ihn geradewegs auf Luca, wobei ich ein Stück von ihm weg rutschte.
»Soll das ein Scherz sein? Du wirfst mir vor, dass ich dir keine Chance gegeben habe? Du hast mich zusammen geschlagen, wollte ich dich nur erinnern«, sagte ich aufgebracht, doch meine Reaktion, dieses Auszucken bei jeder Kleinigkeit, deutete nur wieder darauf hin, wie sehr Luca mich schon im Griff hatte, denn ich kämpfte. Ich kämpfte gegen ihn, auch wenn ich den Kampf mit Sicherheit schon verloren hatte.
Ein wehmütiger Ausdruck wich nun dem selbstsicheren Grinsen und Luca räusperte sich.
»Ich hab dich nicht zusammen geschlagen. Ich war dabei...okay, ja, ich musste zu treten, aber ich war da nicht alleine und außerdem hab ich mich dafür schon entschuldigt. Ich will dir nichts mehr tun und ich sorge auch dafür, dass dir die anderen nichts mehr tun werden. Du hast nichts mehr zu befürchten, Silas.«
Der Klang meines Namens aus seinem Mund machte mich ganz kribbelig. Schwer schluckte ich und hob ein wenig das Kinn.
»Schon gut, aber mach mir bloß keine Vorwürfe , weil ich dir nicht vertraue. Ich habe nämlich jeden Grund dazu, dir zu misstrauen und dass ich nicht gerne Zeit mit dem Täter verbringe, ist ja auch irgendwo logisch oder?«
Ich brauchte keine Bestätigung von Luca, da ich bereits wusste, dass mein Verhalten ganz natürlich war. Naja, bis auf dieses nervige Kribbeln jedes Mal, wenn er mir so nahe kommt, wie vor ein paar Sekunden.
Luca sah auf seine Hände. Erst da fiel mir auf, dass er wieder diesen Hoodie trug. Er musste vor Hitze sterben. Warum zog er sich denn kein kurzärmliges Shirt an?
»Du hast ja recht. Es ist nur, ich mag dich. Als ich dich da im Krankenhaus so liegen sah, da hatte ich alles bereut. Ich habe Dexter dafür gehasst, dass er dich so zugerichtet hat und die anderen, weil sie gelacht und zugesehen haben. Silas, ich bin nicht so scheiße, wie meine Freunde. Ich mag dich wirklich und es freut mich, dass du jetzt hier sitzt und mich hier her geführt hast. Dieser Park ist das reinste Paradies«, redete Luca drauf los.
Ich biss mir auf die Unterlippe und nickte leicht.
»Nenn sie nur nicht „deine Freunde". Das sind keine Menschen, mit denen man sich abgeben sollte«, murmelte ich nur und sah zu Boden. Dann hob ich allerdings den Blick und sah Luca direkt an.
»Warum trägst du bei dieser Affenhitze einen Hoodie?« Ich konnte mir diese Frage einfach nicht nehmen lassen.
Luca kniff seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und sein Blick veränderte sich, so als hätte ich ein Thema angeschnitten, welches ihm ganz und gar nicht gefiel.
»Nur so. Mir ist nicht heiß.«
Er sah weg und ich wusste augenblicklich, dass er log, doch ich wollte nicht weiter nachfragen. Es war offensichtlich, dass Luca bei diesem Thema lieber schwieg und so ließ ich ihn in Ruhe. Immerhin wollte ich die Stimmung nicht ganz versauen, auch wenn ich mir meine kleine Zickeneinlage nicht hatte sparen können.
Tief atmete ich durch, streckte die Beine aus und rutschte ein wenig runter, so dass ich meinen Kopf auf der Lehne der Bank ablegen konnte.
Luca sah mich belustigt an.
»Sieht ja sehr bequem aus«, schmunzelte er und ich musste leise lachen.
»Ist es auch total«, gab ich sarkastisch zurück, bevor ich mich wieder aufrichtete und kurz die Augen schloss. Dieser Moment war schön und es war irgendwie etwas besonderes, dass ich ihn mit Luca teilte, da ich an der International School of Dance zu einem Einzelgänger geworden war.

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