12 ~ Gentleman

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Endlich Pause! Heute war ein anstrengender Tag. Alles drehte sich um die näherrückende Aufführung, bei der wir natürlich alle glänzen wollten. June trainierte hart, genauso wie alle anderen. Wir wollten es perfekt machen, den Leuten zeigen, wie schön Ballett war und hatten heute so lange trainiert, bis Mrs Jeffreys zufrieden war und uns in die wohlverdiente Pause geschickt hatte.
June ging neben mir, als wir auf dem Weg nach draußen waren. Sie hatte sich bei mir untergehakt und redete aufgeregt auf mich ein. Es würde ihre erste Aufführung sein, bei der sie im Mittelpunkt stand und war natürlich dementsprechend aufgeregt, doch ich wusste, dass sie es schaffen würde.
Draußen wurden wir von der Sonne begrüßt, welche warm auf uns herab lachte und automatisch atmete ich die herrliche Sommerluft ein. Es war ein guter, wenn auch anstrengender Tag, doch jeder sonnige Tag war wundervoll.
Mein blondes Haar funkelte wie flüssiges Gold, als ich mir mit June einen Weg durch die herum stehenden Schüler bahnte.
Gerade als wir das Schulgelände verlassen wollten, löste sich eine Gestalt aus dem Schatten des Torbogens, welcher aus Stein bestand.
June unterbrach ihren Satz mittendrin und blickte den Jungen an, der mir entgegen lächelte und verdammt, es war das Lächeln, welches mich bis in den Schlaf verfolgte.
Was machte er denn hier? Konnte er mich denn nicht in Ruhe lassen? Ich hatte doch mehr als deutlich gezeigt, dass ich nichts von ihm wollte.
June begann zu grinsen, als sie zu kapieren schien, das vor ihr der besagte Luca stand.
Kurz sah sie zu mir herüber, wahrscheinlich um zu sehen, ob ich mich freute, was allerdings nicht der Fall war. Das blöde an dem Ganzen war jedoch nicht die Tatsache, dass Luca wieder einfach hier auftauchte. Nein, das blöde war, dass ich nicht sagen konnte, er habe meinen Tag verdorben. Ein kleiner Teil tief in mir freute sich nämlich darüber, ihn wieder zu sehen.
»Hey.« Seine Stimme klang ruhig und gelassen, während seine blauen Augen zu mir sahen, mich erwartungsvoll anblickten. Was sollte ich tun? Was wollte er, das ich tat?
»Ja? Was willst du? Wofür willst du dich jetzt wieder bedanken?«
June verpasste mir einen Seitenhieb und ermahnte mich mit ihrem Blick, nicht so unhöflich zu sein, doch das ignorierte ich. Keine Ahnung, aber dieser Junge machte mich rasend. Vielleicht hatte ich ihm doch noch nicht verziehen, dass er mit dabei war, als ich zusammen geschlagen wurde.
Luca fing an zu grinsen und schien sich an meinem Ton nicht zu stören.
»Nein, eigentlich wollte ich dich nur fragen, ob du gerade Zeit hast«, sagte er und blickte zwischen mir und June hin und her.
»Nein, sorry. June und ich, wir...«
»Natürlich hat er Zeit. Ich wollte ohnehin gerade los in die Stadt.« June lächelte mich süßlich an. Das war falsch. Eigentlich wollten WIR in die Stadt und nicht sie alleine, doch bevor ich noch irgendwas sagen konnte, drückte June mir leicht die Schulter und huschte davon.
Beinahe ein wenig verärgert seufzte ich auf und blickte dann zu dem Dunkelhaarigen, der vor mir stand und wieder dieses unwiderstehliche Lächeln auf den Lippen trug.
»Cool, wollen wir vielleicht was essen gehen? Es ist Mittag und ich hab Hunger«, meldete er sich zu Wort und trat einem Schritt zurück, um mich aufzufordern, mit ihm zu kommen. Meine Beine verselbstständigten sich und kamen der Forderung nach.
Langsam setzten wir uns in Bewegung. Dabei hatte ich auf seinen Vorschlag noch nicht einmal reagiert.
Immer wieder sah ich aus dem Augenwinkel, wie Luca meinen Blick suchte, doch ich starrte nur stur geradeaus und fragte mich, was ich hier eigentlich tat. So konnte ich ihn doch nie im Leben vergessen.
»Auf was hast du denn Lust? Pizza, Pommes, Würstchen«, zählte er auf und ich konnte förmlich sein Lächeln hören.
»Ich hab Lust, dass du die Klappe hältst und mich in Ruhe lässt«, murrte ich.
Luca schnaubte amüsiert. »Das glaub ich nicht.«
Sauer sah ich ihn an, blieb stehen und verschränkte meine Arme vor der Brust.
»Ach ja? Und wieso, wenn ich fragen darf?«
Der Schwarzhaarige legte ein wenig den Kopf schief und schmunzelte.
»Dieses Funkeln in deinen Augen sagt mir ganz andere Dinge und außerdem bist du jetzt mit mir gekommen«, deckte er auf und ich ärgerte mich, dass seine Wirkung auf mich wohl so offensichtlich war.
Leicht verdrehte ich die Augen und setzte mich wieder in Bewegung.
»Sei einfach still«, brummte ich.
Luca folgte mir und tat mir tatsächlich den Gefallen, doch plötzlich war ich es, der ihm immer wieder verstohlene Blicke zuwarf. Ich verstand ihn nicht. Hatte er denn nicht jetzt auch angst, dass seine Freunde ihn hier zusammen mit mir sahen? Luca war ein einziges Rätsel und ich wusste nicht recht ob ich Lust dazu hatte, es zu lösen. Vor allem jetzt, wo es mit den Aufführungen begann, wo ich endlich anfing, etwas zu erreichen, was mich meinem Traum näher brachte.
Ich konnte mir so eine blöde Liebesgeschichte nicht erlauben.
»Was ist nun? Was darf es denn sein?«, ertönte plötzlich wieder die Stimme von Luca, der noch immer auf meinen Essenswunsch wartete.
»Keine Ahnung. Lass uns einfach irgendwo was zum mitnehmen holen. Ich hab Lust, in den Park zu gehen. Da ist es schön kühl. Hier stirbt man ja, vor Hitze«, hörte ich mich sagen und Luca salutierte.
»Alles klar, wird gemacht.«
Meine Mundwinkel zuckten verdächtig nach oben und ich konnte mich gerade noch so ermahnen, mich zusammen zu reißen.
Den restlichen Weg zu einer dieser Würstchenbuden verbrachten wir ebenfalls schweigend, doch es war nicht unangenehm. Im Gegenteil. Es war sehr schön. Da zeigte sich wieder, dass man nicht immer etwas sagen musste und es war aufmerksam von Luca, dass er meinen Wunsch nach diesem Schweigen erfüllte.
Die Schlange vor dem Stand war zum Glück nicht allzu lange. Wir gaben unsere Bestellung auf und gerade einmal fünf Minuten später biss ich schon in meinen Hotdog. Luca hatte sich einfach bloß eine Portion Pommes bestellt und nun waren wir auf dem Weg zum Park. Ein weiterer Wunsch, den mir der Dunkelhaarige erfüllt hatte. Das konnte ja noch heiter werden, wenn er weiterhin den Gentleman spielte.

The Heartbeat DanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt