17 ~ Der erste Kuss?

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Nach ein paar Minuten Fußmarsch kamen wir an einem Club an, vor dem einige Leute standen und rauchten. Luca hatte meine Hand genommen, um mich in die richtige Richtung zu führen und ich hatte sie nicht abgeschüttelt. Dennoch fragte ich mich, ob ich nicht wieder in was Dummes hinein geriet. Zielstrebig steuerte Luca die Bar an und ich lief ihm hinterher, während ich mich ein wenig umsah. Der Culb war nicht sonderlich groß, doch es war erstaunlich, wie viel hier rein passte. Ganz hinten gab es kleine Sitzgarnituren mit runden Sofas und jeweils einem Glastisch in der Mitte. An der Bar standen die üblichen Barhocker, die bis auf zwei alle besetzt waren. Neben dem Eingang erkannte ich schwere Vorhänge, die wohl nach den Öffnungszeiten den Blick ins Innere verwehren sollten. Sie waren in einem dunklen bordeauxrot gehalten, so wie auch die gesamte Einrichtung und die Wände. Letzteres wies allerdings noch Ornamente aus gold auf. Insgesamt wirkte der Club sehr edel.

»Zwei Shots bitte.« Die Stimme von Luca riss mich wieder aus den Gedanken. Ich kletterte auf den freien Barhocker neben ihm und sah zu, wie der Barkeeper kommentarlos unsere Shots abfüllte und uns dann die kleinen Gläschen hin stellte. Luca griff nach beiden und hielt mir dann eines davon entgegen. Auf seinen Lippen lag ein breites Grinsen. 

»Auf dich, Champion«, sprach er feierlich und hob sein Getränk in die Höhe. Ich stieß mit meinem dagegen und schüttelte leicht den Kopf. »Übertreib es mal nicht. Das war nur eine Aufführung und ich hatte da nicht einmal die Hauptrolle. Von einem Champion bin ich also noch Meilenweit entfernt.« Ich wollte nicht, dass Luca mich so aufs Treppchen setzte, wenn ich da gar nicht hin gehörte. Noch immer war ich im Rückstand, wegen ihm und seinen Leuten wohlbemerkt. Es fiel mir schwer, nicht dauernd wieder damit anzufangen, auch wenn ich Luca ja eigentlich verziehen hatte.
»Für mich bist du aber einer. Du hast heute getanzt, wie ein Engel«, beteuerte er weiterhin und mir entglitten meine Gesichtszüge zu einem Lächeln. Luca hatte absolut kein Problem damit, sich eine Woche oder sogar noch länger nicht blicken zu lassen und dann mit einem Mal wieder aufzutauchen und mit Komplimenten um sich zu werfen. Normalerweise fiel ich nicht auf so jemanden rein. Ich kannte diese Typen. Sie wollen nur das Eine und wenn sie es haben sind sie schneller weider weg, als man Piroutte sagen konnte, aber bei Luca war es anders. Es gab ganz offensichtlich etwas, das er mir verheimlichte und über das er nicht sprechen wollte. Möglicherweise steckte ja wirklich etwas ernstes dahinter.
»Jetzt zieh nicht so ein Gesicht. Es ist dein Abend. Genieß ihm, nutze ihn«, sprach Luca. Seine blauen Augen funkelten dunkel im gedimmten Licht. Leise Musik plätscherete aus den Lautsprechern, welche an den beiden großen Barsäulen angebracht waren.
Misstrauisch blickte ich auf den Shot, welcher noch immer ungetrunken in meiner Hand ruhte. »Silas, das ist zum Trinken da.« Luca wollte mir noch immer zu prosten und ich gab mir einen Ruck und stieß mit ihm an, bevor ich einen Schluck nahm. Der Alkohl brannte in meiner Kehle und ich konnte nicht anders, als kurz das Gesicht zu verziehen, ehe ich mich wieder an Luca wandte. 
»Ich darf mich nicht betrinken. Nur damit das klar ist. Eigentlich darf ich überhaupt keinen Alkohol tinken. Das heute ist nur ein Entgegenkommen unserer Lehrerin, dass sie das hier zugelassen hat«, stellte ich klar und Luca setzte seinen Shot ab. Er musterte mich und ich spürte, wie mir die Hitze in die Wangen stieg und anschließend durch meinen gesamten Körper schoss.

»Du bist so diszipliniert. Ich wüsste nicht, ob ich die Kraft dazu hätte, aber ich finde sowas immer sehr bewundernswert.« Sanft strich er mir über die Wange und jagte damit eine Gänsehaut über meinen Körper, die mich erschütterte und direkt in mein Herz schoss. Vorsichtig drückte ich mich seiner Hand entgegen. Die Berühung fühlte sich schön an. So zart und gutmütig. Man mochte kaum glauben, dass das der gleiche Junge war, der mich ins Krankenhaus befördert hatte.

Kurz schloss ich meine Augen und als ich sie wieder öffnete, schwebte das Gesicht Luca's direkt vor meinem. Er hatte seine Lider geschlossen und seine dichten, schwarzen Wimpern warfen lange Schatten auf seine makellose Haut. Wollte ich das? Wollte ich ihn küssen? Ich war mir nicht sicher. Langsam wich ich zurück, als mir der andere noch näher kommen wollte und dies schien Luca zu bemerken, denn schon bald funkelte mich wieder das gewohnte Blau an.
»Ist alles okay?« Fragend neigte er den Kopf zur Seite und blickte mich durchdringend an, doch ich nickte nur.
»Klar, ich will das nur noch nicht. Ich kenne dich kaum und ich weiß auch nicht, was deine Absichten sind«, gab ich ehrlicherweise zurück. Luca schluckte, schien enttäuscht zu sein, doch sagte nichts weiter dazu. Stattdessen deutete er auf mein noch ziemlich volles Shotglas.

»Willst du nicht das wenigstens austrinken? Danach bestelle ich dir auch eine Cola oder was auch immer du möchtest«, meinte er sanft. Ich hob, ohne ihm eine Antwort zu geben, mein Glas hoch und trank es in einem Zug aus. Dann stellte ich es wieder vor mich auf den Tresen und blickte Luca in die Augen. »Ein Glas Wasser. Reines Leitungswasser.«
Luca grinste nur charmant. »Kommt sofort.« Und wirklich. Keine zwei Sekunden später stand schon ein großes Glas mit der klaren Flüssigkeit vor mir. Ich starrte sie nachdenklich an. Bestimmt hielt mich der Junge neben mir für seltsam, aber so war es nunmal in der Tänzerwelt. Ein strenger Speiseplan. Klar, es ging nicht in jeder Tanzschule gleich zu, aber bei uns wurde sehr darauf geachtet, dass wir unseren Körpern nicht unnötig Balast antaten.

»Silas, so jemanden wie dich hab ich noch nie erlebt.« Als ich meinen Blick vom Wasserglas löste, blickte ich Luca direkt an. Offenbar hatte er mich beobachtet, wie er es wohl heute den ganzen Abend schon getan hatte. Irgendwie war es schon süß von ihm, dass er zu der Aufführung kam, wo er doch eigentlich mit dem ganzen Kram nichts zu tun hatte.
»Ist das gut oder schlecht?« Neugierig blickte ich ihn an und Luca schenkte mir ein Grinsen.
»Gut, definitiv.«

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 25, 2023 ⏰

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