»Das wirst du noch bitter bereuen«

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Mittlerweile ist es zwei Jahre her und ich habe mich seitdem von Grund auf verändert. Mein Bruder wäre jetzt sechs. Ich habe ihn zwar seit der Apokalypse nicht mehr gesehen, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass er tot ist. Ich wünsche es ihm, denn in so einer Welt will man nicht leben. Mittlerweile bin ich sechzehn und habe mich komplett verändert. Im Aussehen und vor allem im Charakter. Ich war damals noch wochenlang in der Wohnung und habe auf William gewartet. Ihn nie gefunden zu haben ist noch schmerzhafter als der Tod meines Vaters. In der Nacht habe ich so vieles versprochen und nicht einhalten können. Ich habe mir so vieles selbst versprochen, was ich nicht einhielt. Mit meinem 'ich' von vor zwei Jahren bin ich nicht mehr zu vergleichen. Ich bin kühler und furchtloser geworden. Früher war ich eine richtige Heulsuse doch der Tod meines Vaters und das Verschwinden von William hat mich so gebrochen, dass ich seitdem keine ernsthafte Bindung mehr zu irgendwem aufbauen konnte. Bis auf-
»Herzchen, wo bist du?« dem Mann, dem ich zu verdanken hatte, dass ich noch lebe. Der Mann, der mich damals im Apartment gefunden hat. Negan.
»Ich bin hier.« rief ich und öffnete die Tür von meinem Zimmer. Im Gegensatz zum Rest des Sanctuary's, ist mein Zimmer warm und hell eingerichtet. Sogar die Wände habe ich angemalt, um etwas Leben hier einzubringen.
»Da ist ja meine kleine.« Sagte Negan mit einem lächeln und trat in mein Zimmer.
Ich lächelte zurück »Was gibt es denn?« fragte ich und sah ihn an. Er drehte nur in meinem Zimmer eine Runde und nahm mich an die Hand. In der anderen hatte er Lucille. Wie immer. Mich an die Hand zu nehmen war seine Art zu sagen 'komm mit ich muss dir was zeigen' oder 'komm mit ich muss dir was sagen' wir liefen die Gänge entlang wo wir auf Dwight trafen der gerade vor einer Zelle mit einem Brötchen und Hundefutter stand. Ich verstand schon lange, was bei Negan so Sache ist und an der Tagesordnung stand. Ich versuchte es nur so gut wie es eben ging zu ignorieren. Ich wollte mit sowas nichts zu tun haben. »Dwightiboy« sagte ich gespielt glücklich und stieß ihn an.
»Willst du meiner Kleinen nicht hallo sagen?« fragte Negan. Er liebte seine Macht. Genauso wie ich. Zumindest manchmal.
»Madison« sagte Dwight nickend und öffnete die Zelle. Negan zog mich schnell weiter und guckte mich an.
»Ich dachte wir wollen heute vielleicht mal zusammen essen« sagte er und führte mich dorthin wo die Arbeiter untergebracht waren.
»Was denn?«
»Such dir was aus« sagte er und öffnete die schwere Tür, hinter der sich die ganzen Arbeiter befanden. Sofort stürmte ich los. Dahin wo ich mich öfter aufhalte als mir lieb war.
»Ich will die Nudeln da« sagte ich zickig und zeigte hinter den Mann, wo hunderte verschiedene Nudelsorten gestapelt waren. Er drehte sich wortlos um und griff zu den Nudeln.
»Nicht die!« sagte ich laut und verdrehte die Augen. »Die da!« ich zeigte auf die Nudeln, die ich haben wollte.
»Das sind Spagetti« sagte der Mann genervt und gab mir eine Packung. Bevor ich losbrüllen konnte, stand Negan schon hinter mir.
»Wie sprichst du mit meiner kleinen?« fragte er hochnäsig und laut. Kurz nachdem er das gesagt hatte, drehte er sich schon um und sprach zu jedem im Raum. »Will noch jemand so zu meiner Kleinen sprechen?« fragte er und schaute sich um. »Niemand?« Es war still. So still, das man eine Stecknadel fallen hören könnte. »Gut dann bekommt Lucille eben nur einen Schädel zum Mittag« ich war mir sicher, dass er gleich auf diesen Kerl einschlagen würde, doch das tat er nicht. Er ließ ihn abführen und wir fuhren ganz normal fort als wäre nichts gewesen. »Komm schon Herzchen« entgegnete er mir und zog mich zurück in mein Zimmer. Ich hatte eine kleine eigebaute Küche wo alles drin war, was man so brauchte. Es war fantastisch. Während ich zu meiner kleinen Küchenecke ging, setze Negan sich auf mein Bett und winkte mich zu ihm »Komm her Herzchen« sagte er und öffnete seine Beine als Einladung mich dazwischen zu stellen. Er nahm meine Hände und fing an zu sprechen. »Du bist so wunderschön« er umfasste mit einer Hand meine Wange. »Eines Tages wirst du meinen Platz einnehmen, Herzchen«
»Was redest du da?«
»Du wirst den anderen zeigen, wo es lang geht« mein Atem stockte. Erinnerungen, an die ich mich nicht erinnern wollte, bannen sich den Weg zu meinem Gedächtnis. »Du wirst der Welt zeigen, wo es lang geht, süße« Das waren die Worte meines Vaters. Meine Augen füllten sich mit Tränen, was Negan wirklich nicht gern sah. Sein Blick verdunkelte sich und er stand auf. Er umfasste meine Oberarme und begann zu schreien »HAB ICH DIR NICHT AUSDRÜCKLICH GESAGT WAS ICH VON HEULSUSEN HALTE?«
»Doch« gab ich nur kleinlaut zurück.
»Und was?« fragte er nun leiser, doch immer noch genauso bedrohlich und aggressiv.
»Du sagtest, sie hätten keine Chance in der Welt«
»Richtig. Also, wenn du dich nicht in den Griff kriegst« sein Griff verstärkte sich. »Wird niemals jemand Respekt vor dir haben. Und Respekt ist der Schlüssel. Ohne Respekt überlebst du nicht«
»Du tust mir weh« Negan holte aus und schlug mir ins Gesicht. Ohne abzuwarten lief ich weinend aus dem Zimmer den Gang entlang, um irgendwo in einer leeren Zelle meine Ruhe zu finden. Doch ich kam nicht mal annähernd in die Nähe der Zellen, da wurde ich schon aufgehalten. Ein großer Mann stand plötzlich vor mir. Er packte mich und drehte mich um, sodass mein Rücken an sein Bauch gepresst wurde. Ich versuchte, mich unter Tränen loszureißen. »Lass mich los!« brüllte ich in der Hoffnung, dass mir jemand zur Hilfe kommen würde. Genau in dem Moment kam Negan wieder um die Ecke.
»Daryl« er schüttelte den Kopf »Mach es dir doch nicht schwerer als du es eh schon hast. Lass das Mädchen los«
»Warum sollte ich« motze er. Seine Stimme war rau und bedrohlich. Schon fast angsteinflößend.
»Weil Lucille sonst noch einen deiner Freunde den Schädel einschlagen wird«
»Dann töte ich sie« sagte er. Er drückte etwas an meinen Hals, direkt unter mein Ohr. Ich stöhnte leicht auf als das kleine scharfe Ding meine Haut aufschnitt. Es war eine Glasscherbe, glaube ich.
»Och Daryl, willst du wirklich für den Tod einer sechzehnjährigen verantwortlich sein?«
»Du wolltest einem sechzehnjährigen den Arm apportieren«
»Ich korrigiere, Rick sollte ihn apportieren. Aber hat er es getan? Nein. Du hingegen schneidest gleich dem armen Mädchen die Halsschlagader auf.«
Die Wunde wurde tiefer. Ich umfasste die Hand mit dem Glassplitter und versuchte sie wegzuziehen.
»Dad...« röchelte ich.
»Dad?« wiederholte der Mann. Du hast eine Tochter? Du hast eine Tochter und tust trotzdem diese unmenschlichen Dinge.«
»Was hat das mit Kindern zu tun? Der Rotschopf und der Chinese waren keine Kinder.«
»Glenn war Koreaner. Und seine Frau ist schwanger« sagte er kurz und knapp.
Negan stockte. Er guckte kurz zu Boden und kam dann ein paar Schritte auf uns zu.
»Du bist schuld, dass das kleine Reisgesicht tot ist, also bitte entspann dich und lass Maddy los.«
»Nein. Ich werde jetzt abhauen, mit ihr und sie in eine dunkle Zelle stecken und einmal täglich mit Hundefutter füttern!« bei dem Satz wurde er immer lauter und ging parallel mit Negan ein paar Schritte zurück während Negan ein paar vorging.
»Gott der Kerl ist verrückt« stöhnte ich. Und dumm. Während des ganzen Gesprächs merkte er nicht, dass auch ich Waffen bei mir trug. An meinem linken Oberschenkel war ein einfaches Messer befestigt und an meiner rechten Hüfte eine Schusswaffe. Ich ließ meine linke Hand langsam zu meinem Oberschenkel gleiten, um mein Messer heraus zu ziehen. Negan bemerkte das und versuchte den Kerl weiter abzulenken.
»Das wirst du noch bitter bereuen« sagte er wütend
»Ach ja?« schon im selben Moment hatte ich das Messer schon in der Hand und umklammerte es fest in meiner Faust.
»Ja« sagte ich und stach ihm das Messer direkt in die Seite seines Oberschenkels. Er schrie auf und ließ mich los. Durch den Schreck schnitt er noch einmal tief meinen Hals entlang. Er schubste mich in die Richtung von Negan. Noch bevor ich hinfiel, fing er mich auf und kniete sich zu mir hin.
»Alles gut Herzchen?« ich nickte nur und umfasste meine stark blutende Wunde.
»Hast du toll gemacht, ich bin stolz auf dich.« Er küsste mich auf die Stirn und stand dann wieder auf, um auf den Mann zuzugehen. Er schaute provokant auf Daryl herunter und lächelte.
»Also Herzchen, morgen fahren wir alle drei nach Alexandria und suchen uns einen aus, dem wir die Halsschlagader aufschlitzen.«

Déjà-vu || TWD Carl Grimes FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt